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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Für friedliche Beziehungen zu Russland – der Vergangenheit und der Zukunft wegen

Antrag P.1 an die 2. Tagung des 6. Parteitages der Partei DIE LINKE am 22. bis 24. Februar 2019 in Bonn

242 Genossinnen und Genossen sind Antragstellerinnen und Antragsteller, darunter 39 Partei­tagsdelegierte, zehn Mitglieder des Bundestages, zwei Mitglieder von Landtagen und ein Mit­glied des Europäischen Parlaments. Weiterhin fungieren die Kommunistische Plattform und Cuba Sí als bundesweite Zusammenschlüsse und der Bezirksverband Hamburg-Mitte als Antragsteller.

Der Parteitag möge beschließen:

Am 1. September 1939 begann Hitlerdeutschland den Zweiten Weltkrieg. Er kostete 27 Millionen Bürger der Sowjetunion das Leben. Die Menschen dieses Landes, darunter sehr viele Russen, trugen die Hauptlast bei der Zerschlagung der faschistischen Barbarei.

80 Jahre danach droht das atomare Inferno eines Dritten Weltkrieges. Die Ankündigung Trumps, aus dem INF-Vertrag auszusteigen und die daraus folgende Stationierung landge­stützter atomarer Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa würde die Gefahr eines Atom­krieges auf unserem Kontinent aufgrund extrem verkürzter Vorwarnzeiten wesentlich erhö­hen. Albert Einstein werden die Worte zugeschrieben: »Ich bin mir nicht sicher, mit wel­chen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.«

Ein solches Inferno gilt es zu verhindern. Ohne ein friedliches Verhältnis zu Russland – dem die im Rahmen der NATO an dessen Grenzen stationierten Bundeswehrkontingente ebenso entgegenstehen wie die Wirtschaftssanktionen und die vorherrschende Russopho­bie besonders in den Medien – kann der Friede in Europa und in der Welt auf Dauer nicht gesichert werden.

In dieser Haltung sehen wir uns eins mit der Mehrheit der deutschen Bevölkerung. 2016 sprachen sich 81 Prozent der Deutschen für eine engere Beziehung zu Russland aus. Die Mehrheit der Deutschen sieht zudem in Russland einen zuverlässigeren Partner als in den USA.

Dieser Stimmung entspricht die deutsche Außenpolitik seit geraumer Zeit in keiner Weise. Diese Stimmung zu ändern ist offenkundig ein elementares Anliegen der veröffentlichten Meinung. So waren in den letzten Monaten laut einer Untersuchung 90 Prozent der politischen Kommentare zu Russland in den deutschen Leitmedien von russlandfeindli­chem Charakter. Wie weit das geht soll ein Beispiel belegen: In der Zeitschrift Geo, die man nicht unbedingt in der ersten Reihe militaristischer Scharfmacherei vermutet, wird zur Rechtfertigung der Stationierung der Bundeswehr an der russischen Grenze geschichtsver­gessen ein frischer Angriffsgeist von der »Truppe« gefordert: »Die Deutschen sollen in Adazi üben, anzugreifen. ... Den Angriff haben die Deutschen vernachlässigt. Schnell ent­scheiden, schnell handeln. Jetzt wo der Gegner wieder Russland heißt und so nah ist, sind diese Fähigkeiten gefragt.« Ein an Goebbels erinnernder Sprachgebrauch, der in seiner berüch­tigten Sportpalastrede 1943 nach Stalingrad forderte: »Es muss schnell und gründ­lich ge­handelt werden, sonst ist es zu spät.«

Angesichts all dessen bedarf es einer Kraft in der BRD, die nicht aufhört, unablässig dieser Meinungsmanipulation entgegenzutreten und die auf eine ehrliche Zusammenarbeit mit Russland setzt. DIE LINKE muss sich in den Kommunen, in den Landtagen, im Bundestag und im EU-Parlament für eine Politik einsetzen, die der herrschenden, kreuzgefährlichen Konfrontationspolitik gegenüber Russland konsequent entgegentritt. Somit hilft sie zu­gleich zu verhindern, dass sich die geschichtsrevisionistische AfD aus wahltaktischen Gründen als russlandfreundlich maskieren kann.

DIE LINKE organisiert bundesweite Protestaktionen gegen die seitens der USA geplante Aufkündigung des INF-Vertrages und die daraus erwachsenden katastrophalen Folgen.

DIE LINKE fordert:

1. Die Bundesregierung verlangt den Verbleib der USA im INF-Vertrag. Sie lehnt im gege­benen Fall die erneute Stationierung atomarer US-Mittelstreckenraketen auf deutschem und europäischem Boden ab und fordert den Abzug aller US-Atomwaffen aus der BRD, statt sie zu modernisieren.

2. Die Bundesregierung tritt gemeinsam mit Russland für diplomatische Lösungen zur Be­endigung des Syrienkrieges ein. Einen Einsatz der Bundeswehr in Syrien lehnt sie katego­risch ab. Deutschland setzt sich als Signatarmacht weiter für die Einhaltung und Umset­zung des Minsker Abkommens ein.

3. Als Mitglied der NATO, deren Auflösung DIE LINKE in ihrem Programm fordert, verlangt die BRD das Ende der Konfrontationspolitik gegen Russland. Die im Rahmen der NATO im Baltikum stationierten Bundeswehrkontingente müssen sofort abgezogen werden. Das gleiche sollte, entsprechend der deutschen Verfassung, für den Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen und für die Auflösung aller im Ausland befindlichen deutschen Militärstützpunkte gelten. Die NATO und ihre Mitgliedstaaten haben in den letzten Jahren nachweislich viermal so viele Manöver durchgeführt wie die Russische Föderation. Die Bundesregierung verlangt ein Ende aller NATO-/US-Militärmanöver in Ost- und Nordeuro­pa.

4. Der Militäretat der NATO-Staaten übersteigt den der Russischen Föderation um das Vierzehnfache. Anstatt den NATO-Aufrüstungsforderungen auf 2 Prozent des BIP zu folgen tritt die Bundesregierung dafür ein, dass die Rüstungsausgaben um jährlich zehn Prozent gesenkt werden. Mit Russland werden Verhandlungen über gemeinsame Abrüstungsan­strengungen aufgenommen. Der an Russlands Grenzen errichtete sogenannte Raketenab­wehrschirm muss verschwinden.

5. Abzulehnen ist ebenfalls eine von Präsident Macron – nicht zuletzt mit Verweis auf Russland – erneut ins Spiel gebrachte EU-Armee. Es ist skandalös, dass sich die Bundes­kanzlerin Merkel in ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament ebenfalls und mit Nach­druck für die Bildung einer EU-Armee ausgesprochen hat.

6. Die Sanktionen gegen Russland müssen sofort beendet werden und die Beziehungen zu Russland wieder auf gegenseitiger Achtung und souveräner Gleichheit beruhen.

7. Bundesregierung und Bundestag unterstützen Aktionen und Initiativen, die einer Politik des Friedens und der Zusammenarbeit mit Russland dienen. Sie unterstützen Städtepart­nerschaften beider Länder, setzen sich für die Erleichterung des Reiseverkehrs ein und för­dern den wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Austausch zwischen beiden Ländern.

Begründung:

»Kein Wort von der oft ausgestreckten Hand und den vielen Enttäuschungen« Russlands gegenüber dem Westen, bemerkte der sozialdemokratische Publizist Albrecht Müller zu Recht zum kürzlich veröffentlichten Russlandpapier der SPD. Der Grundtenor bleibe weiter bestehen: »im Westen die Guten ... in Russland, die Bösen«. Kein Wort zum friedlichen Ab­zug der russischen Truppen aus Deutschland. Kein Wort zur Zusage an Russland, die NATO nicht in Richtung Osten auszuweiten. Kein Wort zum Angebot Putins im Bundestag 2001 zur freundschaftlichen Zusammenarbeit Deutschlands mit Russland. Kein Wort zum war­nenden Hinweis des russischen Präsidenten auf der 43. Sicherheitskonferenz, in der inter­nationalen Politik das Völkerrecht einzuhalten und »die UNO nicht durch die NATO oder die EU« zu ersetzen. DIE LINKE sollte aus Gründen der Friedenserhaltung und des normalen Anstands Russland mit dem gebotenen Respekt begegnen.

Der Antrag wurde am 12. Dezember 2018 eingereicht.