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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Friedenspolitische Prinzipien müssen bewahrt bleiben!

Ellen Brombacher, Berlin

 

In der Ausgabe des SPIEGEL Nr. 39/2013 wurde - wohl nicht zufällig am Vortag der Bundestagswahlen - in einem Artikel "Abkehr vom Pazifismus?" darüber informiert, dass "führende Außenpolitiker der Linken" eine "Diskussion über den streng pazifistischen Kurs ihrer Partei" fordern und "auf diese Weise auch die Hürden für ein rot-rot-grünes Bündnis senken" wollen. "Stößt nicht eine Verabsolutierung des Einmischungsverbots moralisch und juristisch an eine Grenze, wenn es um Genozid bzw. Massenmord geht?", wird im SPIEGEL wörtlich aus einem Sammelband "Linke Außenpolitik - Reformperspektiven" zitiert. In diesem heißt es auch, es sei "moralisch fragwürdig", sich darauf zu verlassen, dass es die anderen richten sollen". Bislang, so der SPIEGEL weiter, "galten die Linken mit ihrer strikten Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr als koalitionsunfähig". Nun schriebe der ehemalige verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Paul Schäfer, ob es nicht sein könne, dass solche Einsätze zur Versorgung und Rückkehr von Flüchtlingen, zur Rettung Hunderttausender Menschenleben und zur Deeskalation von Gewalt beitrügen? Und der SPIEGEL kommentiert hierzu: "Militärinterventionen mit Uno-Mandat halten die Partei-Realos für möglich, wenn geklärt sei, 'ob die Bundeswehr sich strikt an Völkerrecht und Grundgesetz hält und ob der Einsatz zur Deeskalation von Gewalt beiträgt'."

Die "Partei-Realos" haben also mit den Vorbereitungen auf die Bundestagswahlen 2017 unmittelbar vor denen im September 2013 begonnen - das hat Symbolcharakter. Und wieder - wie z.B. auch vor dem Münsteraner Parteitag im Jahr 2000 - wird Völkermord ebenso beschworen wie die Verpflichtungen der BRD, es nicht die anderen richten zu lassen.

Wir empfehlen - ohne mit jeder Wertung einverstanden zu sein - allen das Buch Jürgen Todenhöfers "Du sollst nicht töten". Er räumt auf mit dem, was Norman Paech - bezogen auf "das politische Konzept weltweiter Herrschaftssicherung … die humanistisch-humanitäre Ummantelung des explosiven Kerns" nennt. So lesen wir bei Todenhöfer: "Wo immer die USA 'Kriege gegen den Terror' führen oder fordern, geht es um ganz andere Dinge. In Afghanistan um die zentrale geostrategische Position in Asien, im Irak um Öl und im Konflikt mit dem angeblich nuklearsüchtigen 'Terrorstaat' Iran um die Vorherrschaft im Mittleren Osten. Fast immer ist das Ziel die Durchsetzung imperialer Interessen der USA. In Mali geht es ausnahmsweise um postkoloniale Rohstoffinteressen Frankreichs. Vor allem um das Uran des Nachbarstaates Niger. Frankreich braucht es dringend für seine Stromversorgung. Wenn es in der Exkolonie 'Französisch-Westafrika' nur Sand gäbe, dürften sich Terroristen, Tuaregs und Malier die Köpfe einschlagen, solange sie wollten - Paris würde nie intervenieren."

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Der Sammelband von Reformern, von denen offensichtlich einige meinen, mittels der im Rahmen von Militärinterventionen ausgeübten Gewalt könne zur Deeskalation von Gewalt beigetragen werden, zielt zumindest in Teilen darauf, der BRD-Staatsräson Rechnung zu tragen - also den deutschen Bündnisverpflichtungen in NATO und EU. Ob es denjenigen, die dies betreiben, nun subjektiv darum geht oder nicht: In der Sache gibt es auf Bundesebene keine Regierungsbeteiligung ohne die Respektierung der BRD-Staatsräson.

Verlassen wir uns nicht darauf, dass die Verteidiger der friedenspolitischen Prinzipien früher in der PDS sowie dann in der WASG und heute in der LINKEN letztlich immer die Mehrheit hatten. Nehmen wir die bevorstehenden Versuche, diesbezüglich das Kräfteverhältnis in der Partei doch noch zu ändern, gebührend ernst. Das Buch "Du sollst nicht töten" kann uns bei den sicher bevorstehenden erneuten Diskussionen zwischen den Gegnern und Befürwortern der sogenannten Einzelfallprüfung eine außerordentlich wichtige Argumentationshilfe werden. Es ist u.a. im jW-Shop zu erhalten. Würden viele dieses Buch dort bestellen, so wäre das für die junge Welt gleichermaßen hilfreich wie für diejenigen, die die zu erwartenden Debatten zu bestreiten haben.

Jürgen Todenhöfer: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden, C. Bertelsmann Verlag, München 2013, ISBN 978-3-570-10182-7, 19,99 Euro.

 

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