Europawahl 2009: Licht und Schatten für die ungeeinte extreme Rechte
Graeme Atkinson
375 Millionen Menschen haben in 27 europäischen Ländern 785 Parlamentarier gewählt. 37 davon repräsentieren die extreme Rechte.
Auf der Gewinner-Seite finden wir zunächst die antiislamische und wüst antieuropäische "Partei für die Freiheit" von Geert Wilders, die mit 17% der Stimmen vier Sitze erwarb und zur zweitstärksten Partei der Niederlande avancierte. Auch die migrantenfeindliche und islamophobe "Dänische Volkspartei" machte eine Sprung von 6,8 auf knapp über 15% und verdoppelte ihre Sitze von einem auf zwei.
Die bizarre populistische Rechtsaußenpartei "Wahre Finnen", 2004 mit 0,5% noch kaum wahrnehmbar, kann nun einen Abgeordneten entsenden: sie schaffte allein fast 10% und brachte es zusammen mit ihren christdemokratischen Partnern auf knappe 14% der Stimmen. Die regionalistische und rassistische "Lega Nord" besetzt mit 10,2% künftig neun Sitze im Europäischen Parlament. Allerdings haben die italienische faschistische "Fiamma Tricolore" und Nick Griffins überzeugter Terroristen-Freund Roberto Fiore ihre Sitze und damit eine wesentliche Finanzierungsquelle eingebüßt.
In Ungarn haben 427.000 Menschen der Nazi-Partei "Jobbik" nach einem miesen antijüdischen und rassistischen Wahlkampf gegen "Zigeuner-Kriminalität" 14,77% eingebracht. Daß diese Wähler einer Partei, deren uniformierte Privatarmee jedem Gesetz zum Trotz durch die Straßen paradiert, "Protestwähler" seien, ist indiskutabel. Da paßt es, daß Jobbik zu den engsten Verbündeten der "British National Party" (BNP) gehört. Deren zwei Sitze werden von Griffin selbst und seinem Kumpan Andrew Brons besetzt. Brons gehörte früher zu einer Truppe, die in den 1960ern gern Synagogen niederbrannte.
In ganz Europa finden wir eine Vielzahl "kleinerer" Gewinner, die mit faschistischer, rassistischer, islamophober, homophober und antisemitischer Hetze Stimmen und Sitze (hinzu)gewonnen haben. Dazu gehören die griechischen Faschisten von "LAOS" (2), die "Slowakische Nationale Partei" (1), die "Großrumänische Partei" (3) und die antieuropäische, ultranationalistische bulgarische "Ataka" (2), die im Wahlkampf heftige Angriffe gegen die türkische Minderheit in Bulgarien vorbrachte.
Top-Verlierer ist zweifellos die "Liga der polnischen Familien", die alle 10 (!) Sitze verlor. In Deutschland, Schweden, Slowenien, Portugal und Spanien ging die extreme Rechte ebenfalls leer aus. Auch die "Tschechische Nationale Partei", die im Mai die "Endlösung der Zigeuner-Frage" forderte, blieb unter einem Prozent.
Zwei der professionellsten europäischen Rechts-Parteien, die französische "Front National" und der belgische "Vlaams Belang" mußten starke Einbußen hinnehmen. Die FN verlor 4 von 7 Sitzen; VB verlor einen von 3 Sitzen und Einfluß an die rechtspopulistische Liste DeDecker.
Während dieser Artikel geschrieben wird, führen die österreichische FPÖ (2 Sitze) und einige der bereits Genannten Sondierungsgespräche – allerdings nicht unbedingt miteinander. Es ist kaum vorstellbar, daß Lega Nord oder FPÖ sich in einer Allianz wiederfinden, da für beide der territoriale Status Südtirols ein Essential ist. So gern Jobbik mit der BNP zu tun hat, so wenig dürfte eine Zusammenarbeit mit der Slowakischen Nationalpartei oder den Großrumänen denkbar sein, da diese wüste Attacken gegen die ungarischen Minderheiten in beiden Ländern verantworten.
Das ganze rechte Konglomerat ist migrantenfeindlich und rassistisch, manche sind antisemitisch – aber nicht alle: Wilders ist ein ausgesprochener Bewunderer Israels, im krassen Gegensatz zu BNP, FN, Jobbik und den meisten anderen. Die Dänische Volkspartei kann sich sicher nicht mit dem Gedanken anfreunden, mit Parteien zu koalieren, die tief aus dem faschistischen Sumpf kommen.
Alle diese Widersprüche schließen eine stabile und langfristige Allianz der extremen Rechten im Europa-Parlament aus. Dennoch werden sie den Honig lukrativer Gehälter, Kostenerstattungen und Aufwandsentschädigungen saugen, und sie werden einen Anschein von Respektabilität erhalten, einfach weil sie es bis dorthin geschafft haben.
Die demokratische Gegenwehr muß sofort beginnen!
Das Magazin antifa der VVN-BdA, deren Juli/August-Ausgabe 2009 wir diesen Beitrag entnommen haben, schreibt: Wir danken dem Europa-Redakteur des antifaschistischen Magazins "Searchlight" für seinen Beitrag, den Cornelia Kerth übersetzend zusammengefaßt hat.