
Erinnerung an Ernst Thälmann bewahren
Jaromir Blecha, ZK der KPBM
Sehr geehrte Freunde, liebe Genossinnen und Genossen, im Namen der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens möchte ich Euch herzlich grüßen und mich bedanken für die Einladung zur dieser Gedenkveranstaltung anläßlich des 63. Todestages von Ernst Thälmann.
Ernst Thälmann ist für uns ein Symbol des Kampfes gegen den Faschismus und den Kapitalismus. Die Kommunisten und die Linken in Deutschland waren die größten Kämpfer gegen den Faschismus und hatten in diesen Kampf große Opfer gebracht.
Mit großer Furcht hatte unser Volk den Aufmarsch des Faschismus in Deutschland verfolgt. Unser Land war damit in großer Gefahr. Unsere Armee, die erstklassig ausgerüstet war, wurde mobilisiert und war vorbereitet, unser Land zu verteidigen. Die Verbündeten England und Frankreich aber haben uns verraten. Durch das Abkommen in München mit der faschistischen Regierung in Deutschland wollten die Westmächte die Aggression des großdeutschen Kapitals nach Osten richten. Die Tschechoslowakei wurde diesem Ziel geopfert.
Ein tragisches Schicksal war damit für unser Vaterland und für unser Volk vorbereitet. Unser Land sollte als Lebensraum nur für die "nordische Rasse" dienen. Es sollte von den Slawen gesäubert werden. Ein Drittel des Volkes – die Alten – sollte in Konzentrationslagern ermordet werden. Ein Drittel – die Arbeitsfähigen – sollte nach Sibirien verschleppt werden. Und ein weiteres Drittel – die Kinder – sollten im Deutschen Reich "umerzogen" werden, wie die Kinder aus dem von den Nazis vernichteten tschechischen Dorf Lidice.
Im nordböhmischen Kohlengebiet arbeiteten zur Hälfte tschechische, zur Hälfte deutsche Bergarbeiter. Als das tschechische Grenzgebiet nach dem Münchner Vertrag von deutschem Militär besetzt und zum Sudetengau umgewandelt wurde, wurden alle tschechischen Schulen gesperrt. Wir tschechischen Kinder mußten alle die deutsche Schule besuchen. Die tschechischen Kinder durften nur die Volksschule besuchen. Das war genügend Ausbildung für die Sklavenarbeit in Sibirien. Ja, ich war im Jahre 1943 ein Absolvent der sechsten Klasse, Abteilung C, der Volksschule. Mir wurde gesagt "Du gehst auch nach Sibirien".
Zur Eroberung der Weltmärkte und Weltrohstoffe entfesselte das deutsche Großkapital den zweiten Weltkrieg. Welche Folgerungen müssen wir aus dieser gemeinsamen schicksalsschweren Geschichte ziehen? Übernationales Kapital will die ganze Welt beherrschen. Wo es allseits herrscht, herrscht es durch ein Diktat des Kapitals, das es verdecken will. Der Faschismus war eine offene Diktatur des Kapitals. Heute wird die Diktatur getarnt. Ernst Thälmann warnte uns vor Betrugsmanövern der Bourgeoisie.
Diese Warnung ist auch für unsere Zeit sehr aktuell. In unseren beiden Ländern verläuft zur Zeit ein Abbau auf sozialem Gebiet, öffentliches Eigentum wird privatisiert. Alle Errungenschaften aus der Zeit der Entwicklung des Sozialismus in der Tschechischen Republik und der DDR, aus der Zeit, als die BRD dies ausgleichen mußte, werden jetzt abgeschafft. Die Kluft zwischen reichen und mittleren Schichten vergrößert sich. Die Massenarbeitslosigkeit hält an. Der globale Kapitalismus bedroht die Umwelt immer intensiver. Man ordnet die Gesetzlichkeit der Natur dem Profit unter.
Als die Sowjetunion – als größtes Gegengewicht – zusammenbrach, kam es zur einer Welle neuer Kriege, und die Terrorgefahren wurden dadurch verschärft. Statt gegen die Ursachen des Terrorismus kämpfen, wird er jetzt für eine neue Rüstungswelle ausgenützt. Die neuen Kriege dienen erstens dem Kapital für den Absatz von Waffen und weiteres Rüsten und zur Entwicklung neuer Waffen und Waffensysteme. Und zweitens dienen Kriege der Eroberung und Beherrschung der Rohstoffe und Energiequellen.
Zur Führung dieser Kriege werden die verbündeten Staaten des NATO-Paktes gezwungen, Militärtruppen zu entsenden. Darüber hinaus wird der Aufbau eines amerikanischen militärischen Radars auf dem Gebiet der Tschechischen Republik vorbereitet. Diese Vorbereitung findet statt, obwohl die Mehrheit unseres Volkes dagegen ist.
Hier beweist sich der Kern der begrenzten Demokratie der Bourgeoisie. Nur keine Plebiszit-Volksabstimmung in irgendeiner Frage, in irgendeiner Sache, die sich das Volk berührt. Und deshalb darf keine Volksabstimmung zum Aufbau des Radars durchgehen. So wird im Dienste der amerikanischen Rüstungskonzerne unser Land in eine Situation der Bedrohung gebracht.
In unserem Staat haben wir zweihundert Abgeordnete im Abgeordnetenhaus, das die Gesetze billigt. Nach den letzten Parlamentswahlen im vorigen Jahr hatten die Sozialdemokratische und die Kommunistische Partei zusammen einhundert Abgeordnete. Die Bürgerliche demokratische Partei mit der Christlichen Partei und der Partei der Grünen hatten auch hundert Abgeordnete. Die Grünen befinden sich bei uns am rechten Flügel.
Diese unentschiedene Lage im Abgeordnetenhaus hatte die bürgerliche demokratische Partei ohne Rücksicht auf die Demokratie und auf den Willen der Wähler so gelöst: Zwei sozialdemokratische Abgeordnete wurden auf die andere Seite herübergezogen – sie wurden danach aus der Sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen.
Also, wenn wir dazurechnen, daß ein Drittel der Wähler an den letzten Wahlen nicht teilgenommen hat, dann ist unsere heutige Regierung eine Diktatur der Minderheit über die Mehrheit der Bevölkerung. Und diese Minderheitsregierung will jetzt in auf dem Gebiet der Militärpolitik ohne Volksabstimmung über schicksalsschwere Schritte entscheiden. Im Abgeordnetenhaus wird nur mit der Hilfe der zwei verräterischen Abgeordneten entschieden.
Ernst Thälmann war sehr aktiv in der internationalen Arbeiterbewegung. Auch wir Kommunisten und linken Sozialisten müssen mehr zusammenarbeiten. Das transnationale Kapital dehnt sich über die Staatsgrenzen aus. Deshalb muß unsere internationale Zusammenarbeit noch intensiver sein.
In den letzten Jahren veranstaltete die KPBM in Prag jedes Jahr Versammlungen der kommunistischen und linken Parteien aus ganz Europa und von vielen anderen Ländern der Welt. Diese Versammlungen sind sehr wichtig für die Annäherung der Gesichtspunkte und für gemeinsame Politik und politische Schritte der kommunistischen und linken Parteien.
Im November wird in Prag der 2. Kongreß der Partei der Europäischen Linken stattfinden. Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens hat in dieser Partei einen Beobachterstatus. Unsere Partei hat zur Partei der Europäischen Linken kritische Standpunkte. Unserer Meinung nach muß diese Partei einen gesamteuropäischen Charakter haben, und sie muß auch für den Eintritt der osteuropäischen Bruderparteien offen sein. Sie muß sich um Aktionseinheit aller europäischen Linken bemühen, ohne ideologische oder politische Voreingenommenheit.
Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens hat zusammen mit der Kommunistischen Partei Polens eine Petition gegen die Installierung der amerikanischer Radar- und Raketenbasis in der Tschechischen Republik und in Polen ausgearbeitet. Diese Petition wurde von 40 kommunistischen und Linksparteien in ganz Europa unterzeichnet. Es tut uns leid, daß die Partei der Europäischen Linken diese Petition nicht unterschrieb. Ebenso hat sie die Petition der kommunistischen und linken Parteien gegen den Antikommunismus in Europa nicht unterschrieben. Nach unserer Meinung sollte sich in diesen grundsätzlichen Fragen die Aktionseinheit durchsetzen. Wir wollen auch einen stärkeren Druck auf unsere Regierung ausüben, damit die UNO nicht mehr auf Nebengleise verschoben wird und ihre Friedensrolle spielt!
Mit Sympathie haben wir die Massenproteste bei Heiligendamm gegen die Politik der G8 verfolgt. Die Regierungen der mächtigsten Industriestaaten, die die Hauptschuld an den negativen Problemen der Erde und der Menschheit und an der Reihe von Kriegen tragen, wollen ihre imperialistische Politik vor der Welt tarnen.
Wir müssen gegen den totalen Abbau auf dem Sozialgebiet kämpfen. Unser Ziel ist der Aufbau der sozialistischen Gesellschaft. Auf dem Weg zum Sozialismus müssen wir gegen die Begrenzung von Demokratie und Freiheit auftreten. Wir müssen die Ursachen der Kriege aufdecken und für den Frieden die breiten Schichten der Menschen mobilisieren.
Wir brauchen einen neuen Zugang zur Natur und müssen für ein Ende der unhaltbaren Ausbeutung der Erdkugel, die die Menschheit bedroht, aktiv auftreten. Wir müssen gegen die Steigerung der Rüstungsausgaben kämpfen und sie bremsen und statt dessen die Hauptaufgaben der Menschheit in den Vordergrund stellen – das heißt, die finanziellen Mittel für den Kampf gegen Armut, gefährliche Krankheiten, für Zivilwissenschaft, Ausbildung der Jugend und für Kultur auszunützen.
Sehr geehrte Freunde, liebe Genossinnen und Genossen, die Erinnerung an Ernst Thälmanns Tapferkeit im Kampfe gegen den Kapitalismus und Faschismus bewahrend, werden wir mit Mut unseren heutigen Kampf gegen Krieg, gegen die Ausbeutung des Menschen und der Natur, gegen die imperialistische Politik des Kapitals und für den Frieden und Sozialismus fortsetzen. Glück auf!
Aus Jaromir Blechas Rede auf der Kundgebung in Ziegenhals am 19. August 2007