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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Entscheidender Konsens: Das Parteiprogramm

Ellen Brombacher, Berlin

 

Die Menschen, die mich in den letzten Wochen sorgenvoll fragten, wie wohl dieser Parteitag verlaufen würde, habe ich nicht gezählt: Parteimitglieder und Wähler, Kolleginnen und Nachbarn, Alte und Junge. Häufig war ihre Sorge mit einer Feststellung verbunden: Wenn DIE LINKE kaputt geht, wird es in Deutschland vermutlich auf lange Zeit nichts Ebenbürtiges geben. Wohl niemand in diesem Saal kann zur Stunde wissen, mit welchen Resultaten wir morgen auseinandergehen.

Was man wissen kann, ist: Wir haben die Pflicht zu verhindern, dass unsere Partei im Ergebnis von Göttingen auseinander läuft. Den Verweis auf diese Gefahr verbinde ich nicht in erster Linie mit der Vorstellung, ein Teil der Delegierten könnte irgendwann den Saal hier verlassen. Ich denke eher daran, dass ein basisfernes Parteitagsergebnis dazu führen könnte, dass große Teile der Basis sich in ihren substantiellen Interessen und wesentlichen Überzeugungen inhaltlich und personell nicht mehr vertreten fühlten.

Dies führte nicht zu einem spektakulären Auszug eines Teils von Delegierten, sondern zu einem mehr oder weniger langsamen Zugrundgehen an massenhafter Resignation, nicht wenigen Austritten und fehlender Anziehungskraft für Bewegungen und Linke außerhalb der Partei. Bei der Parteientwicklung geht es nicht, wie ständig angeführt, primär um das Verhalten irgendwelcher Strömungen, sondern um das Verhältnis von Führungen und Fraktionen zur Basis der Partei.

DIE LINKE hat m. E. nur dann eine Chance, wenn niemand in ihr den entscheidenden Konsens aufkündigt: Das Parteiprogramm. Und wer da, wie im alternativen Leitantrag nachlesbar, von neuen Dogmen redet und tiefe Gräben beschwört und beides in einer Kulturrevolution hinwegfegen will, der eröffnet zumindest die Möglichkeit, zu spekulieren, wie lange die wesentlich von Oskar Lafontaine mitgeprägten Markenkerne der LINKEN noch gelten sollen. Wie auch immer wer auch immer die Art und Weise beurteilen mag, mit der Oskar Lafontaine seine Kandidatur antrat: Es wäre sicher nicht zu unserem Nachteil gewesen, hätte er die Partei in die Bundestagswahlen geführt.

Nun wird es anders kommen. Das darf kein Grund sein zu resignieren. Vielmehr erhöht es unsere Verantwortung, das antikapitalistische Profil unserer Partei zu schärfen und jeglichen Kriegseinsätzen eine Abfuhr zu erteilen. Das sind weder alte noch neue Dogmen, sondern notwendige Standpunkte im Ringen um die Erhaltung menschlichen Daseins im engeren und weiten Sinne des Wortes.

(Diskussionsbeitrag auf dem Parteitag)

 

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2012-06: Wir wollen im Wesen das Gleiche

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