Eine verlässliche Stimme gegen Militarisierung sein!
Stephan Jegielka, Berlin
Diskussionsbeitrag auf dem Halleschen Parteitag
Liebe Genossinnen, liebe Genossen, es war sicher kein Zufall, dass gestern kurz vor dem Besuch des US-Präsidenten Biden in Berlin der Kanzlerkandidat der CDU Merz eine 180-Grad-Wende in der Außenpolitik forderte und ankündigte, wenn er Kanzler wäre, Russland ein 24-Stunden-Ultimatum zu stellen und wenn es die Forderungen nicht erfüllt, Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern. Und auch der Besuch von Biden verheißt nichts Gutes, wenn es um die Ausweitung des Ukraine-Krieges und die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland geht.
Liebe Genossinen, liebe Genossen. In einer Denkschrift über die Aufgaben des »Vierjahresplanes« 1936, der Deutschland für den 2. Weltkrieg kriegstüchtig machen sollte, heißt es:
»I. Die deutsche Armee muß in 4 Jahren einsatzfähig sein.
II. Die deutsche Wirtschaft muß in 4 Jahren kriegsfähig sein.«
Bei diesen Worten denkt man unweigerlich an Boris Pistorius, wenn er sagt, »wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein«, oder an die Ampel-Politik seit der Verkündung der »Zeitenwende« durch Kanzler Scholz.
Für Jahrzehnte wären solche Aussagen der politische Elite in der BRD undenkbar gewesen, wenn man auch insgeheim diese Vorstellungen teilte. Und wenn man sie doch in diese Richtung offen aussprach, wie der Bundespräsident Horst Köhler, wurde man, soll schnell konnte man nicht schauen, von der öffentlichen Empörung hinweggefegt.
So sprach ein Franz-Joseph-Strauß davon, dass Deutschland seine Zukunft nicht auf seiner militärischen Leistungsfähigkeit wird gründen können. Diesen fundamentalen Gegensatz eines – ich sage mal – nicht gerade fortschrittlichen Politikers zu den heutigen Aussagen von SPD und Grünen muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Liebe Genossinnen, liebe Genossen, auf was will ich hinaus? Die gesellschaftliche Stimmung in Deutschland hat sich mittlerweile in einem so starken Maße militarisiert, dass man offen militaristische Ziele proklamieren kann und dass widerständige Positionen kaum noch wahrgenommen werden oder diskreditiert werden.
Dabei ist immer noch Mehrheitsmeinung in der Gesellschaft, sich dieser Entwicklung entgegenzustellen. Das zeigen Umfragen und das zeigt auch die Friedensdemo am 3. Oktober in Berlin.
Und damit bin ich bei unserer Partei. Ist es nicht unsere Hauptaufgabe, dieser Position eine verlässliche, vertrauenswürdige und organisierte Stimme zu geben? Ich sage JA!
In diesem Zusammenhang muss sie auch auf die Kontinuität des deutschen Militarismus hinweisen. Deshalb bitte ich euch, morgen dem Antrag gegen die »Kanonen-statt-Butter-Politik« zuzustimmen.
19. Oktober 2023
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