Ein Denkmal wider die geschichtliche Wahrheit
Jochen Traut, Arnstadt
Im thüringischen Arnstadt, meiner Heimatstadt, beschloß der Stadtrat gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE, sie ist die stärkste Fraktion, im Juli 2007 ein Denkmal "Für die Opfer kommunistischer Gewalt von 1945 bis 1989" zu errichten. Dazu wurden in der Haushaltsdebatte für 2008 gesondert 20.000 € eingeordnet. Für soziale Zwecke, zum Beispiel für die Tafel, für ein Neubürgerprogramm oder andere dringende soziale Erfordernisse wäre diese Summe zweckmäßiger gewesen. Die Fraktion DIE LINKE im Stadtrat hatte einen Alternativantrag zu diesem Denkmalantrag von CDU/Pro Arnstadt, FDP und Bürgerforum eingebracht, der mehrheitlich abgelehnt wurde. Die Fraktion der SPD zog ihren eigenen Antrag während dieser Debatte in der Stadtratssitzung zugunsten der Mehrheit zurück.
Nunmehr steht dieses Denkmal an einem Platz gegenüber dem Gebäude, in dem die sowjetische Kommandantur von 1946-1949 und in dem nach der Auflösung der Kommandantur die Vertretung der sowjetischen Kontrollkommission und das NKWD ihren Sitz hatten. Ein geeigneter Standort, fanden CDU/Pro Arnstadt und der Verband der "Verfolgten des Stalinismus" unter dem Beifall der örtlichen Medien.
Die Einweihung fand am 13. August 2008 statt. Die Stadtratsfraktion DIE LINKE hatte bereits zuvor in den Medien gegen diesen Standort Protest erhoben. Zur Eröffnungsveranstaltung wurde eine Erklärung der Fraktion verteilt, verbunden mit einem Transparent gegen diese Art von Geschichtsverfälschung.
Sicher, in einer Dokumentation "Das sowjetische Speziallager Nr. 2 1945-1950" wird festgestellt: "Von den Anfang September 1945 im Landkreis Arnstadt gemeldeten 103.000 Einwohnern wurden 18,49% als Mitglieder der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände gemeldet". Arnstadt war neben Weimar bereits ab 1927 eine der beiden "Hochburgen" der Nazis in Thüringen. Somit dürfte nachvollziehbar sein, daß nach den Beschlüssen der Alliierten zum Umgang mit den Naziaktivisten die Zahl der Arnstädter, die sowohl in das sowjetische Speziallager Nr. 2 – Buchenwald und in andere Lager oder Gefängnisse verbracht wurden, im Vergleich zu anderen Thüringer Städten, nicht gering war. Das wird verschwiegen. Die Sieger von heute errichten ein Denkmal gegen die Sieger über den Faschismus. Die sowjetische Besatzungsmacht, als Befreier, wird diskreditiert.
Nunmehr bereiten wir eine kleine Publikation vor, in der über die Opfer des faschistischen Raubkrieges an den Beispielen von Belarus und Leningrad informiert wird. Es werden die Beschlüsse der Alliierten zum Umgang mit den Naziaktivisten dokumentiert. An Hand des Quellenmaterials wird die Rolle der Nazipartei in Arnstadt ab Mitte der zwanziger Jahre dargestellt. Der Kampfweg der 8. Sowjetischen Gardearmee von Stalingrad bis Berlin wird dargestellt, um zu vermitteln, daß diese Besatzungstruppen als Befreier 3.200 Kilometer kämpfend zurückgelegt hatten, ehe sie nach Thüringen/Arnstadt kamen. In kurzen Schlußbemerkungen wird es noch einmal um den Umgang mit der geschichtlichen Wahrheit gehen. Eingeleitet wird diese kleine Publikation mit einem Editorial, in dem wir über unsere Motive informieren.
Es ist an eine hohe Auflage gedacht, die wir an Info-Ständen verteilen wollen, um der geschichtlichen Wahrheit willen auch in Arnstadt.