Zum Hauptinhalt springen
Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

"Die Zentrale" – Eine Geschichte des KL-Hauses

Prof. Dr. Detlef Joseph, Berlin

 

Es ist erfreulich: das von Ronald Friedmann verfaßte, reich bebilderte Buch wird an erster Stelle genannt, wenn man das entsprechende Suchwort "Karl-Liebknecht-Haus" im Internet aufruft. Das in Rede stehende Gebäude war 1912 als Geschäftshaus errichtet worden. Nach dem ab 1926 erfolgenden Umbau wurde es die neue Zentrale der KPD und nach Karl Liebknecht benannt. Einen Beschluß gibt es darüber nicht. Dokumente aus jener Zeit sind für die Benennung jedenfalls nicht bekannt. Die Praxis hat es gerichtet. Ab Oktober 1927 wurde das Karl-Liebknecht-Haus als solches benannt.

Das Haus beherbergte zu verschiedenen Zeiten neben der Zentrale der KPD eine Druckerei, die Redaktion und den Verlag der Zeitung Die Rote Fahne, die Bezirksleitung der KPD Berlin-Brandenburg, das Zentralkomitee der KPD, das Organ des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale, die Internationale Pressekorrespondenz (Inprekorr). Hervorgehoben sei, daß im KLH die Marxistische Arbeiterschule (MASCH) ihren Platz hatte. Sie bot regelmäßig Vorträge zu Fragen des Marxismus und zu aktuellen tagespolitischen Themen. Ausstellungen hatten regelmäßig ihren Platz im Haus. Das Bauwerk selbst wurde zu einem Zentrum vollen politischen Lebens und zugleich zu einem Objekt parteibezogener Sicherheitsbemühungen. Da sich in ihm nicht wenige wesentliche Materialien konzentrierten, die man vor dem Zugriff der ständig auf der Wacht befindlichen Polizei der Weimarer Republik bewahren wollte, erarbeitete man differenzierte Wege, die zu wirksamen Versteckmöglichkeiten im Hause wurden. Anschaulich wird geschildert, mit welcher Gedankenaktivität man sich bemühte, zu schützende Materialien vor den Augen der Bediensteten des kapitalistischen Staates zu bewahren. Friedmann wählte den Weg, für die Geschichte des Hauses markante Daten und Geschehnisse im und um das Haus herum zu nennen und einige von ihnen mit einem Stichwort zu kennzeichnen: Es seien genannt: 1926–1931: Die Polizei gegen das Karl-Liebknecht-Haus; 1931: Schüsse auf dem Bülowplatz; 1932-1933: Die letzten Monat der Weimarer Republik; 1929–1933: Die Nazis gegen das KLH; 1933: Hitler an der Macht; 1933–1945: Die braunen Jahre; 1945-1949: Befreiung und Neubeginn; 1949-1990: Ein Büro- und Gästehaus der SED.

Aus der Fülle der behandelten Ereignisse sei ein Beispiel mitgeteilt. Im Parteihaus wurden keine illegalen Schriften gedruckt, es gab aber doch eine Reihe wichtiger Unterlagen, die der Polizei um keinen Preis in die Hände fallen durften. Man hatte für sie ein sinniges Versteck gefunden. Der Fahrstuhl hatte eine doppelte Rückwand und einen doppelten Boden, was erst nach 1933 entdeckt wurde, als die Nazis das KLH ständig besetzt hielten. Bis zu diesem Zeitpunkt fuhren die nichts ahnenden Polizeibeamten mit eben diesen Unterlagen, die sie suchten, im Hause auf und ab. Was hier wie ein Spaß aufgefaßt werden kann, war allerdings oftmals bitterer Ernst. Friedmann hat genügend Tatsachen mitgeteilt, die sich über die Jahre in und um das KLH ereigneten und die zur Geschichte gehören. Alles in allem wäre zu konstatieren: Das Karl-Liebknecht-Haus war eine bedeutsame Stätte, deren Kenntnis das Wissen um die ideologischen Klassenauseinandersetzungen bereichert. In der "Roten Fahne" vom 25. August 1931 wurde deshalb berechtigt bilanziert, daß das KLH das Hauptgebäude (des Wirkens) der Kommunistischen Partei Deutschlands war, was für die Vergangenheit zählte und bis in die Gegenwart kennzeichnend ist.

Ronald Friedmann: Die Zentrale. Geschichte des Berliner Karl-Liebknecht-Hauses.

Karl Dietz Verlag Berlin 2011, 159 Seiten, 9,90 Euro.

 

Mehr von Detlef Joseph in den »Mitteilungen«: 

2008-02: Eine Erinnerung an den Reichstagsbrandprozeß