Zum Hauptinhalt springen
Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Die Partei zum Preis einer Regierungsbeteiligung befragen!

Ellen Brombacher, Berlin, Delegierte des Bielefelder Parteitags

 

Liebe Genossinnen und Genossen, als langjähriges Mitglied des Berliner Flüchtlingsrates hat mich besonders bewegt, was Genosse Bodo Ramelow über die Flüchtlingspolitik in Thüringen berichtet hat. Dafür ist zu danken. Leider kann ich es dabei nicht bewenden lassen.

Jüngst sagte Bodo Ramelow in der Rheinischen Post, er habe Hochachtung vor jedem, der sich als Pazifist bezeichnet. Aber er sähe dies nicht als Handlungskonzept für eine Nation wie Deutschland.

Warum eigentlich nicht? Warum ist die strikte Ablehnung von Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln kein Handlungskonzept? Für wen ist es kein Handlungskonzept? Für diejenigen, die imperiale deutsche Interessen am Hindukusch verteidigen, ist Pazifismus natürlich keine Option. Für die LINKE hingegen ist Friedenspolitik nicht nur eine Option, sondern unveräußerliche Programmatik. Würden wir dieses Alleinstellungsmerkmal aufgeben oder auch nur relativieren, so unterschieden wir uns in der Frage aller Fragen nicht mehr von den anderen Parlamentsparteien. Wie sagte doch Willy Brandt? Frieden ist nicht alles. Doch ohne Frieden ist alles nichts.

Niemand bedroht diesen in der Welt heute so sehr wie die NATO unter Führung der Vereinigten Staaten. Kürzlich stellte das George Friedman, Chef der US-amerikanischen Denkfabrik Stratfor so dar: »Für die USA gilt: Wenn Russland sich weiterhin an die Ukraine hängt, werden wir Russland stoppen«. Deswegen starteten die USA … Maßnahmen mittels Eingreiftruppen in Rumänien, Bulgarien, Polen und den baltischen Staaten. Und weiter: Damit begründete man das Intermarum, das Territorium zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee. Dieses Konzept habe Pilsudski ausgearbeitet. Das sei die von den USA bevorzugte Lösung. Soweit Friedman. Und an dieser »Lösung«, so sei ergänzt, wird in rasendem Tempo gearbeitet. Deshalb ist jegliche Äquidistanz fehl am Platze - was auch immer wer von Russland hält. Weltpolitisch erhebt sich die Frage: Ist es das legitime Recht Russlands, sich dagegen zur Wehr zu setzen, dass um das Land ein Cordon sanitaire errichtet wird, oder ist es das legitime Recht von USA und NATO, diesen Cordon sanitaire zu errichten? Fällt da die Antwort schwer? Russland kann diese Umklammerung nicht einfach hinnehmen. Das hat auch Michael S. Gorbatschow mehrfach deutlich gemacht. Deshalb haben sich die Initiatoren des Offenen Briefes mit der Idee einer Weltfriedenskonferenz an ihn gewandt. Und ich hoffe sehr, dass unser Parteitag diesem Ansinnen neue Impulse verleiht, nicht zuletzt dadurch, dass der von 1.736 Menschen unterschriebene Offene Brief auch behandelt wird. Ebenso behandelt werden sollte der von Wolfgang Gehrcke initiierte Antrag »Gute Nachbarschaft mit Russland«.

Und noch etwas: Gregor hat in den letzten Tagen in mehreren Interviews hinsichtlich unserer friedenspolitischen Prinzipien ambivalente Bemerkungen gemacht, so, dass man sich in der Außenpolitik mit der SPD verständigen könne. Diese Bemerkungen stehen zumindest mittelbar im Zusammenhang mit seinen Äußerungen, man müsse regieren wollen. Die Partei sollte sehr schnell befragt werden, ob sie für eine Regierungsbeteiligung den Preis einer der Staatsräson verpflichteten Außenpolitik würde zahlen wollen.

(Rede am 6. Juni 2015)

 

Mehr von Ellen Brombacher in den »Mitteilungen«: 

2015-05: 1.736 Menschen unterstützen offenen Brief an Michail S. Gorbatschow (Archiv)

2014-12: Bericht des Bundessprecherrates (Archiv)

2014-06: Keine NATO-Versteherin