Die Deklaration der Mächte
über die Abschaffung des Negerhandels vom 8. Februar 1815
Im Namen der allerheiligsten Dreieinigkeit!
Die Gesandten der Signatarmächte des Pariser Vertrages vom 30. Mai 1814 sind zur Beratung zusammengetreten.
In Anbetracht dessen,
- dass der Handel, bekannt als Handel mit afrikanischen Negern, von gerechten und aufgeklärten Männern aller Zeiten als den Prinzipien der Menschheit und der allgemeingültigen Moral widersprechend angesehen worden ist;
- dass die besonderen Umstände seiner Entstehung und die Schwierigkeit, seinen Fortgang überstürzt aufzuhalten, bis zu einem gewissen Zeitpunkt verbergen konnten, was schändlich in seiner Beibehaltung war; aber dass sich schließlich in allen zivilisierten Ländern die Stimme der Öffentlichkeit erhoben hat und forderte, ihn so schnell wie möglich abzuschaffen;
- dass, seit dieser Handel in seinem gesamten Wesen und in seinen Einzelheiten besser bekannt geworden und das mannigfache Übel, das ihn begleitet, vollständig enthüllt ist, mehrere europäische Regierungen den Entschluss gefasst haben und dass nach und nach alle Kolonialmächte in den verschiedenen Teilen der Welt die Verpflichtung und die Notwendigkeit erkannt haben, ihm ein Ende zu setzen, sei es durch gesetzgebende Maßnahmen, Verträge oder andere formelle Festlegungen;
- dass Großbritannien und Frankreich sich in einem besonderen Artikel des Pariser Vertrages verpflichtet haben, während des Wiener Kongresses ihre Anstrengungen zu vereinen, damit alle christlichen Nationen sich dahingehend äußern, den Handel mit Negern weltweit und endgültig abzuschaffen;
- dass die auf dem Kongress versammelten Gesandten nicht besser ihrer Mission gerecht werden, ihre Pflicht nicht besser erfüllen und die Grundsätze, die ihre durchlauchten Herrscher leiten, nicht besser zu verwirklichen wissen, als indem sie darauf hinarbeiten, diese Verpflichtung in die Tat umzusetzen und im Namen ihrer Herrscher den Wunsch verkünden, der Geißel ein Ende zu bereiten, die über so lange Zeit hinweg Afrika ins Unglück gestürzt, das Ansehen Europa beschädigt und die ganze Menschheit betroffen gemacht hat.
Sind die besagten Gesandten überein gekommen, ihre Überlegungen, betreffend die Art und Weise, wie ein so segensreiches Ziel zu erreichen sei, offenzulegen durch eine feierliche Erklärung der Grundsätze, durch die sie sich in dieser Arbeit leiten ließen.
In Anbetracht dessen, dass ihre jeweiligen Herrscherhäuser einmütig dem Grundsatz anhängen, wie er in besagtem Sonderartikel des Pariser Vertrages formuliert wurde, erklären die gesetzmäßig bevollmächtigten Gesandten im Angesicht Europas, dass sie die weltweite Abschaffung des Negerhandels als eine ihrer Aufmerksamkeit durchaus würdige Maßnahme betrachten, welche dem Geist des neuen Jahrhunderts und den großmütigen Grundsätzen ihrer erlauchten Herrscher entspricht; dass sie infolgedessen von dem ehrlichen Wunsch beseelt sind, zur Verwirklichung dieser Maßnahme beizutragen mit allem Eifer und aller Beharrlichkeit, die sie einer so großartigen und edlen Sache schulden, und dabei alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel anzuwenden, die den schnellstmöglichen und größten Erfolg versprechen.
Zu tief jedoch mit den Gefühlen ihrer Herrscher vertraut, um nicht vorherzusehen, dass diese ihr Ziel – wie ehrenhaft es auch immer ist – nicht ohne die gerechte Rücksicht auf die Interessen, Gewohnheiten und auch schon geplante Maßnahmen ihrer Untertanen verfolgen werden, erkennen die besagten Gesandten zur gleichen Zeit an, dass diese allgemeine Erklärung nicht die endgültigen Maßnahmen vorgeben kann, die jede Macht als die günstigsten zur endgültigen Abschaffung des Negerhandels vorsehen wird. Infolgedessen wird die Bestimmung des Zeitpunktes, an dem dieser Handel weltweit aufhören soll, Verhandlungsgegenstand zwischen den Mächten sein; auch wird selbstredend über keine Maßnahme verhandelt werden, die geeignet wäre, den Fortgang zu bestimmen oder zu beschleunigen; auch wird die Verpflichtung, die die beteiligten Herrscher aufgrund dieser Erklärung miteinander eingehen, erst in dem Augenblick als erfüllt angesehen, wenn ein umfassender Erfolg ihre vereinten Anstrengungen krönen wird.
Indem die besagten Gesandten diese Erklärung vor Europa und allen zivilisierten Ländern der Erde abgeben, rechnen sie es sich zur Ehre an, alle anderen Regierungen in die Pflicht zu nehmen, insbesondere solche, die bezüglich des Negerhandels bereits die gleichen Ansichten äußerten, ihnen Unterstützung angedeihen zu lassen bezüglich ihrer Zustimmung zu einer Sache, deren schließlicher Triumph eins der schönsten Denkmäler des Jahrhunderts sein wird, eine der schönsten Unternehmungen, für die es Partei ergriffen hat und die es glorreich zu Ende führen wird.
Geschehen zu Wien, den 8ten Februar im Jahr der Gnade 1815.
Übersetzung aus dem Französischen: Horsta Krum. – Auf dem Wiener Kongress wurde im Februar 1815 auch diese Erklärung gegen den Sklavenhandel verfasst und unterzeichnet von Frankreich, Österreich, Spanien, Großbritannien, Portugal, Preußen, Russland, Schweden und Norwegen. Danach erließ die britische Regierung ein allgemeines Verbot des Handels mit afrikanischen Menschen.