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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Den Protest auf die Straße bringen!

Christine Buchholz, Land Berlin

 

Liebe Genossinnen und Genossen, die Frage von Krieg und Frieden ist eine zentrale gesellschaftliche Frage und sie ist eine Schlüsselfrage für Die Linke. Dies gilt angesichts der Eskalation in der Ukraine und in Nahost.

Dabei war die Frage von Anfang an umstritten. Ich war an der Erstellung des Erfurter Programms beteiligt und habe mich in den ersten Jahren der Partei öfter darüber gestritten. So erinnere ich mich an ein kontroverses Taz-Doppel-Interview mit Stefan Liebich und mir 2011, kurz bevor das Erfurter Programm beschlossen wurde. Auch in den zwölf Jahren, die ich Teil der Bundestagsfraktion war, gab es öfter Diskussionen zu Positionierungen, z.B. zu einzelnen Bundeswehreinsätzen. Verschiedene Genoss*innen wollten Einzelfallentscheidungen anstelle von prinzipiellen Entscheidungen, so wie es unser Programm vorsieht.

Der Unterschied zu heute ist, dass diese Positionen absolute Minderheitenpositionen waren. Doch die Gewichte in der Partei haben sich verschoben, und das ist nicht erst sichtbar seit dem Krieg um die Ukraine.

Bereits zu der Abstimmung über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan im Sommer 2021 konnte sich eine gut begründete Nein-Position nicht durchsetzen.

Die zurückhaltende Positionierung zu Fragen von Krieg und Frieden hat Wagenknecht Aufwind gegeben. Und so war es auch angesichts der Nicht-Unterstützung der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierten Großkundgebung »Aufstand für den Frieden« im Februar 2023. Die Parteiführung hat sich passiv verhalten und es der Initiative von einzelnen in der Partei überlassen, sich zu beteiligen. Das haben wir mit vielen Genoss*innen gemacht und dabei sogar noch erfolgreich Jürgen Elsässer von der Demonstration gedrängt, der versuchte, die Demonstration für seine rechten Zwecke zu missbrauchen.

So sehr ich mich darüber ärgere, dass das BSW schändlicherweise den Rassismus der AfD nicht kontert, sondern selbst gegen Geflüchtete Stimmung macht – mit dem Weggang des Wagenknechtflügels und dem Rückzug vieler Genoss*innen haben sich die Gewichte in der Partei als Ganzes verschoben.

Nun ruft der Parteivorstand zur Demonstration am 3.10. auf, so weit so gut. Aber immer noch nicht traut er sich, offensiv die NATO und die EU anzugreifen. Für mich muss es heißen »Weder Putin noch NATO«. Aber während es eine Einigkeit in der Kritik an der russischen Führung gibt, bleibt die Kritik an der NATO abstrakt. Aber das geht nicht angesichts der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland, angesichts des Aufbaus einer NATO-Basis in Rumänien, angesichts der Stationierung einer Bundeswehrbrigade in Litauen und der möglichen Genehmigung des Beschusses russischen Staatsgebiets mit westlichen Waffen.

Es ist doch Aufgabe einer Linken, deutlich zu machen, dass der Krieg um die Ukraine ein imperialistischer Machtkampf ist zwischen Russland auf der einen Seite, sowie EU und NATO auf der anderen Seite. Das zu benennen und den »eigenen« Imperialismus der Bundesregierung anzugreifen und dagegen zu mobilisieren, wäre Aufgabe der Linken.

Ebenso sieht es mit Gaza aus. Wo bleibt der Aufschrei angesichts Israels genozidalem Krieg? Wo bleibt die offensive Thematisierung der deutschen Mittäterschaft z.B. durch Waffenlieferungen? Warum verteidigen nur einzelne Linke die Palästina-Solidaritätsbewegung gegen Repression?

Es wäre Aufgabe einer Linken, Position zu beziehen und den Protest auf die Straße zu bringen. Auch angesichts des globalen Wettrüstens und der anstehenden Sozialkürzungen wegen angeblich »leerer Kassen«.

Die Frage des Krieges ist eng mit Nationalismus und Rassismus verbunden. Wir merken, dass sich Rassisten ermutigt fühlen, gegen Palästinenser*innen und Menschen, die für solche gehalten werden, vorzugehen. In meinem Stadtteil gab es vor wenigen Tagen einen rassistischen Vorfall gegen eine kleine von einem Palästinenser geführte Galerie. Dem Künstler und Galeristen wurde von einem rassistischen Passanten »Terrorunterstützung« und »Antisemitismus« unterstellt. Der Rassist versuchte, Nachbarn gegen den Künstler, der seit 20 Jahren im Kiez verankert ist, aufzuhetzen. Die gute Nachricht ist: Es ist ihm nicht gelungen. Über 30 Nachbarinnen und Nachbarn haben sich versammelt und ihre Solidarität mit der Galerie ausgedrückt. Wir werden jetzt eine Initiative gegen Rassismus im Kiez gründen.

In der aktuellen Situation der gesellschaftlichen Polarisierung müssen wir ins Handeln kommen. So viele Menschen politisieren sich gerade an den gesellschaftlichen Konflikten – viele davon außerhalb der Linken.

Das bringt mich zu der Überzeugung, dass die Zeit der Formelkompromisse in derart zentralen Fragen wie der von Krieg und Frieden und gegen Repression vorbei sein muss.

Die Linke müsste glaubwürdige Systemoppostion von Links sein. Nur dann hätte sie eine Chance als sozialistische Alternative.