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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

"… dass wir alles versucht haben, um in Frieden mit Deutschland zu leben."

Horsta Krum, Berlin

 

Am 14. März 1937 unterzeichnet Pius XI. die Enzyklika "Mit brennender Sorge." Durch Enzykliken, Weltrundschreiben, äußern sich Päpste zu aktuellen Fragen. Diese Enzyklika aber richtet sich vor allem an die Katholiken in Deutschland.

Zur Vorgeschichte: In den zwanziger Jahren versuchte der Vatikan, mit der Weimarer Republik ein Konkordat abzuschließen. Aber diese kam den Forderungen u.a. nach Konfessionsschulen nicht nach. Die Zentrumspartei spielte bei diesen Verhandlungen eine wichtige Rolle zugunsten des Vatikan, doch die Verhandlungen scheiterten, zumal die Verfassung finanzielle Zuwendungen an Glaubensgemeinschaften ablehnte. Allerdings kamen Konkordate mit einzelnen Ländern zustande, z.B. mit Bayern (1924).

Das Reichskonkordat

Vor 1933 gab es unter deutschen Katholiken erhebliche Vorbehalte, ja Widerstände gegen die NSDAP und ihre Ideologie. Die Bischöfe erklärten sie unvereinbar mit dem Katholizismus. Am 23. März 1933 nannte Hitler das Christentum ein "unerschütterliches Fundament des sittlichen und moralischen Lebens unseres Volkes". Die deutschen Bischöfe werteten dies als unerwartetes Friedensangebot, [Pacelli kritisiert diese Zurücknahme – nicht als solche, aber "es wäre besser gewesen, wenn die Bischöfe von der Regierung ... klare Zusagen verlangt hätten".] wohl in dem Wissen, dass die neue Regierung ein Konkordat anstrebt. Franz von Papen war der deutsche Verhandlungsführer; auf der römischen Seite übte Kardinalssekretär Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., von Anfang an den größten Einfluss aus.

Folgende Zusicherungen u.a. konnte die katholische Seite als Erfolg für sich verbuchen:

  • Katholischer Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach;
  • Beibehaltung und Neueinrichtung von Konfessionsschulen;
  • Freie Korrespondenz zwischen Rom und den Katholiken in Deutschland.

In folgenden Bereichen zeigte sich ein Kompromiss zwischen den Interessen beider Seiten:

  • Staatsleistungen an die Kirche können nur "in freundschaftlichem Einvernehmen" abgeschafft werden;
  • die Kirche behält das Recht, Ämter zu besetzen, allerdings eingeschränkt durch staatliches Veto;
  • katholische Verbände dürfen nur innerhalb der staatlichen Verbände tätig sein, ansonsten streng innerkirchliche Aufgaben wahrnehmen. Diese ungenaue Bestimmung sollte in einer späteren Vereinbarung geklärt werden, die aber nie erfolgte.

Der Nutzen für Hitler und seine Partei bestand in folgendem:

  • Sie gewannen einen großen Teil der deutschen Katholiken;
  • dem Klerus wurde jede politische Tätigkeit verboten;
  • mehr noch: sie mussten einen Treueeid leisten,
  • der Einfluss der Zentrums-Partei ging zurück, und im Juli löste sie sich selbst auf.

Prälat Ludwig Kaas, der bis bis zum 6. Mai 1933 den Vorsitz innehatte, spielte bei den Verhandlungen eine wichtige Rolle: Er gab seine Zustimmung zur Entpolitisierung des Klerus und bereitete die Selbstauflösung der Partei vor, denn er wollte "der deutschen Zukunft den Weg bereiten."

Innen- und außenpolitisch galt das Konkordat [Am 20. Juli 1933 in Rom unterzeichnet und am 10. September ratifiziert.] als erster großer diplomatischer Erfolg der neuen Regierung, was der "Völkische Beobachter" so formulierte: "Anerkennung des jungen Reiches durch die zweitausendjährige Macht der Kirche".

Schlechter Kommunismus und die Passion der Christen

In der folgenden Zeit verletzen die Nazis in zunehmendem Maße das Konkordat, so dass die deutschen Bischöfe sich 1936 an Pacelli wenden und eine päpstliche Enzyklika verlangen. Der kranke Papst ist mehr denn je auf seine Mitarbeiter angewiesen, ganz besonders auf Pacelli, seinen engsten Mitarbeiter. Der hat von 1917 bis 1929 in Deutschland gelebt, spricht ausgezeichnet deutsch, bereist bis 1939 viele europäische Länder, auch die USA, und knüpft überall Kontakte.

Die deutschen Bischöfe werden hingehalten. Pacelli zögert, Hitler offiziell anzugreifen; zumindest will er auch eine Enzyklika gegen den Kommunismus. So erscheint am 19. März 1937 die Enzyklika "Divini redemptoris", deren Hauptaussage darin besteht, dass "der Kommunismus in seinem innersten Kern schlecht ist, und es darf sich auf keinem Gebiet mit ihm auf Zusammenarbeit eingelassen werden."

Am 17. Januar 1937 empfängt der kranke Papst Vertreter des deutschen Katholizismus. Pacelli notiert nach der Vorbesprechung deren Äußerung: "Für die Kirche geht es um Leben und Tod. Man will ihre direkte Vernichtung." Danach beauftragt Pacelli den Münchener Kardinal Faulhaber mit dem Entwurf, den dieser am 21. Januar an Pacelli übergibt. Der überarbeitet den Entwurf und benutzt u.a. ein internes kirchliches Dokument, das Hitlers Buch "Mein Kampf" lehramtliche Positionen entgegensetzt.

Der Papst unterzeichnet die Enzyklika "am Passionssonntag, den 14. März 1937". Im christlichen Jahresrhythmus spielt die Passionszeit eine besondere Rolle, denn sie erinnert an den Leidensweg Jesu, der zum Kreuzestod führt. Sie wird begangen durch Fasten, Prozessionen, Rituale usw. Sozial und politisch bewusste Christen erinnern auch an gegenwärtiges menschliches Leiden und rufen zu Solidarität auf.

Es ist also kein Zufall, dass die Enzyklika "am Passionssonntag" unterzeichnet wird. Die ersten Worte lauten: "Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche..." "Kirche" meint einerseits die katholische Kirche, und "Christen" die Katholiken, aber andrerseits versteht sich der Papst auch als Oberhaupt aller Christen in Deutschland.

Der erste Teil der Enzyklika erinnert an das Konkordat: "... die pflichtgemäße Sorge um die Freiheit der kirchlichen Heilsmission in Deutschland und um das Heil der ihr anvertrauten Seelen" haben den Papst damals zur Unterschrift bewogen, "zugleich aber auch der aufrichtige Wunsch, der friedlichen Weiterentwicklung und Wohlfahrt des deutschen Volkes einen ganz wesentlichen Dienst zu leisten."

Das Konkordat, das die katholische Kirche als "Regenbogen des Friedens am Horizont Deutschlands" begrüßt und "in lauterer Absicht" eingehalten hat, ist von der Gegenseite umgedeutet, ausgehöhlt worden, bis "schließlich die mehr oder minder öffentliche Vertragsverletzung zum ungeschriebenen Gesetz des Handelns gemacht" wurde. Von Hass, Verunglimpfung spricht die Enzyklika und klagt die Gegenseite der "grundsätzlichen Feindschaft gegen Christus und Seine Kirche" an.

Aber an keiner Stelle klagt die Enzyklika Hitler und die Regierung direkt an, sondern spricht von "Strömungen", von "Stimmen" in "einem immer stärkerem Chor" oder gebraucht das unbestimmte "man". [Wir sollten es aus unserem Sprachgebrauch verbannen!] Wenn der Text aber die Regierenden meint, so beschreibt er sie als Verhandlungspartner, als bestünden noch "Aussichten auf Rückkehr zur Vertragstreue, und zu verantwortlicher Verständigung".

Gottes Gebote gegen Volk und Rasse

Die Enzyklika will keineswegs eine politische Schrift sein, sondern versteht sich als theologische Auseinandersetzung mit der herrschenden Weltanschauung. Den Christen, die die Kirche verlassen, aber eine religiöse Orientierung behalten wollen, bieten die Nazis die "Gottgläubigkeit" an. Die Enzyklika verwirft diese als Verfälschung des christlichen Gottesbegriffes: "Wer in pantheistischer Verschwommenheit Gott mit dem Weltall gleichsetzt ..., gehört nicht zu den Gottgläubigen. Wer nach angeblich altgermanisch-vorchristlicher Vorstellung das düstere unpersönliche Schicksal an Stelle des persönlichen Gottes rückt, leugnet Gottes Weisheit und Vorsehung." In diesem Zusammenhang setzt sich die Enzyklika auch mit der Ideologie von "Rasse" und "Volk" auseinander: "Wer die Rasse oder das Volk oder den Staat oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht, ... ist weit vom wahren Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt." Den von den Nazis absolut gesetzten Werten von Volk und Rasse stellt die Enzyklika die Gebote Gottes entgegen, die "unabhängig von Zeit und Raum, von Land und Rasse" gelten und die totalen Gehorsam fordern. Mit scharfen Worten, unterstützt von Bibelzitaten, verurteilt die Enzyklika den Versuch, den biblischen Gottesglauben durch eine wie auch immer gestaltete Ersatzreligion zu verdrängen; [Gegen diesen "Gottesglauben" haben sich auch weite Teile der evangelischen Kirche scharf abgegrenzt, besonders aber die anti-nazistische "Bekennende Kirche", zu der u.a. Niemöller, Bonhoeffer gehörten.] sie mahnt die Bischöfe zur Wachsamkeit, zur Auseinandersetzung und erwähnt mit Achtung und Sympathie die Mitglieder der (katholischen) Kirche, die verfolgt werden.

Dann entfaltet der Text die Grundzüge des Glaubens, die nicht aufgegeben werden dürfen. Diese Entfaltung ist insofern typisch katholisch, als sie eine ungebrochene Linie zeichnet von Gott über Christus zur (katholischen) Kirche und zum Papst ("der Kirchenglaube wird nicht rein und unverfälscht erhalten, wenn er nicht gestützt wird vom Glauben an den Primat des Bischofs von Rom"). Mehrmals weist der Papst auf die katholische Hierarchie hin, innerhalb derer alle ihren Gehorsams-Platz haben: der Papst mahnt die Priester, dass sie sich ihren Bischöfen unterzuordnen haben; deren Aufgabe ist es, "der Herde Christi den rechten Weg zu weisen".

Die Angehörigen der katholischen Orden nennt er "die unübersehbare große Schar treuer Söhne und Töchter, denen das Leid der Kirche in Deutschland und ihr eigenes Leid nichts geraubt hat von ihrer Hingabe an die Sache Gottes, nichts von ihrer zärtlichen Liebe gegen den Vater der Christenheit, nichts von ihrem Gehorsam gegen Bischöfe und Priester". Das Wort "Vater" gebraucht er manchmal für Gott, aber viel öfter für sich selbst, so dass allein dieser Sprachgebrauch die päpstliche und auch kirchliche Autorität feststellt und unangreifbar machen soll.

Gegen die Christen, die aus der katholischen (und evangelischen) Kirche austreten und ein sog. "judenfreies" Christentum propagieren, wendet sich die Enzyklika und stellt fest, dass die hebräische Bibel, das "Alte Testament", mit den zehn Geboten feste Glaubensgrundlage ist und bleibt. [Die Bibel besteht aus zwei Teilen, der hebräischen Bibel, den die Christen mit den Juden gemeinsam haben, und dem griechischen, den Evangelien, Briefen des Paulus ...] Aber sie mindert sie gleichzeitig herab, denn es "liegt auf ihnen noch der Dämmer der Vorbereitungszeit auf den vollen Sonnentag der Erlösung" – eine Einschätzung, die von Teilen des Protestantismus schon lange vor der Zeit des Faschismus nicht mitgetragen wurde und die heute die meisten Protestanten ablehnen als Geringschätzung des Judentums. [1928 hatte sich der Vatikan scharf gegen die theologische Diskriminierung des Judentums gewandt, fällt aber hier hinter seine damalige Stellungnahme zurück.]

Einmal bezeichnet sich der Papst als "Stellvertreter" Christi, und zwar der Jugend gegenüber, an die er "ein besonders väterliches Wort" richtet; er warnt sie vor der Hitlerjugend, sofern sie christentums- und kirchenfeindlich ist; vor dem Missbrauch des Begriffes "Held"; vor der Überbewertung der sportlich-körperlichen Ertüchtigung, und er mahnt die Jugend zur Kirchentreue.

Solidarität, Verfolgung und Schweigen

Dann spricht er die Priester und Mitglieder der katholischen Orden an, würdigt diejenigen, die den Leidensweg bis in "die Kerkerzelle und das Konzentrationslager" gegangen sind.

"Ein besonders inniger Gruß" gilt den katholischen Eltern; er mahnt sie, die Option der Bekenntnisschule nicht aufzugeben. Dann erinnert er noch einmal an die Passion und schließt mit dem Ausblick auf die christliche Osterhoffnung.

Die Enzyklika wird durch Kurier dem Berliner Bischof gebracht, der sie heimlich drucken lässt, durch Kuriere an die einzelnen katholischen Gemeinden verteilt, so dass sie am Sonntag, dem 21. März verlesen wird. Erst am Sonnabendnachmittag erfahren staatliche Stellen gerüchteweise davon und weisen alle Polizeistationen an, die Verbreitung der gedruckten Enzyklika zu verhindern. Die bereits gedruckten 30.000 Exemplare lässt der Berliner Bischof vernichten, um Sanktionen gegen die Drucker zu vermeiden.

Einige Tage später protestiert der Reichskirchenminister beim Berliner Bischof und verbietet jede weitere Verbreitung, und am 15. April meldet das Deutsche Nachrichtenbüro, dass der "deutsche Botschafter beim Vatikan ... schärfste Verwahrung eingelegt" hat.

Einerseits spricht der Text recht deutlich. Er erwähnt u.a. Konzentrationslager, von denen im März 1937 viele Deutsche entweder wirklich nichts wussten, nichts wissen wollten oder nach 1945 behaupteten, nichts gewusst zu haben.

Das Wort "Heil", das öfter im Text auftaucht, muss von Nazis als Provokation verstanden werden; sagen (oder schreien) sie doch mehrmals am Tage "Heil Hitler", und hämmert doch die ganze Propaganda den Menschen ein, dass das Heil für das deutsche Volk von Hitler und seiner Partei käme. Anspruchsvoll spricht die Enzyklika von der "kirchlichen Heilsmission in Deutschland".

Die Enzyklika schweigt aber zu Themen, die Katholiken und Nicht-Katholiken "brennende Sorge" bereiten: Immer wieder wenden sich einzelne Persönlichkeiten oder Gruppen an den Papst und erhoffen von ihm ein eindeutiges Wort gegen die Judenverfolgung. Genauer: sie wollen sich an den Papst wenden, aber soweit aus den Gesprächsprotokollen hervorgeht, hat Pacelli dem Papst keinen der Briefe vorgelegt – mit einer Ausnahme: den Brief von Edith Stein. Sie war vom Judentum zum Katholizismus übergetreten, hat bei dem bekannten Philosophen Husserl promoviert und lehrte am Deutschen Institut für Wissenschaftliche Pädagogik in Münster. Später trat sie dem Orden der Karmelitinnen bei. Anfang April 1933 schreibt sie an den Papst als "ein Kind des jüdischen Volkes". Sie schildert die Judenverfolgungen, von denen sie bis jetzt Kenntnis hat; "ich bin davon überzeugt, dass es sich um eine allgemeine Erscheinung handelt, die noch viele Opfer fordern wird." Sie bittet nicht, nein, sie fordert, dass der Papst im Namen der Kirche spricht, denn "die Verantwortung fällt auch auf die, ... die dazu schweigen." Und weiter: "Wir sind auch der Überzeugung, dass dieses Schweigen nicht imstande sein wird, auf die Dauer den Frieden mit der deutschen Regierung zu erkaufen."

Edith Stein bittet eine bekannte katholische Persönlichkeit, diesen Brief mit einem Anschreiben weiterzugeben; Pacelli legt beides dem Papst am 20. April 1933 vor, wobei aus den Gesprächsprotokollen nichts Genaues hervorgeht. Jedenfalls werden die Briefe als Routineangelegenheit behandelt, und die Antwort geht denn auch nur an den Überbringer: "Hochwürdiger Herr Erzabt, mit besonderem Dank bestätige ich Euer Gnaden den Eingang des gütigen Schreibens vom 12. d.M. und der ihm beigefügten Beilage. Ich stelle anheim, die Einsenderin in geeigneter Weise wissen zu lassen, dass ihre Zuschrift pflichtmäßig Sr. Heiligkeit vorgelegt worden ist. Mit Ihnen bete ich zu Gott, dass er in diesen schwierigen Zeiten Seine hl. Kirche in Seinen besonderen Schutz nehme und allen Kindern der Kirche die Gnade des Starkmuts und großherzige Gesinnung verleihe, welche die Voraussetzung des endlichen Sieges sind.

Mit dem Ausdruck besonderer Wertschätzung und mit meinen innigen Wünschen für die gesamte Erzabtei Euer Gnaden ganz ergebener ..."

Edith Stein wurde 1942 in Auschwitz ermordet.

Auch die wenigen und unvollständigen Nachrichten über die Judenverfolgung in Deutschland und in Italien beunruhigen den Papst bis hin zu emotionalen Ausbrüchen. Er weist Pacelli an, verfolgte Juden im nicht-faschistischen Ausland unterzubringen, was dieser auch nach seiner Wahl zum Papst weiterhin veranlasste.

Er und Pacelli sind zwei ganz verschiedene Charaktere: Pacelli, der zurückhaltende Diplomat, äußert sich nur selten, bewahrt immer die Form; der Papst ist eher impulsiv und unkonventionell. So lässt er beispielsweise im Juni 1938 den unbekannten amerikanischen Jesuiten Lafarge zu sich kommen, weil er beeindruckt ist von dessen Buch über Rassismus in den USA gegen die Schwarzen. Der Begriff "Rasse", schreibt Lafarge, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. An Pacelli und am Chef der Jesuiten vorbei, beauftragt ihn der Papst mit dem Entwurf einer Enzyklika über die "Einheit des Menschengeschlechts", den Lafarge in drei Monaten erarbeitet, zusammen mit einem französischen und einem deutschen Jesuiten. Dann übergibt er den Entwurf dem Chef der Jesuiten; dieser lässt prüfen, zögert, bis der todkranke Papst nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten. Die Akten lassen die Frage offen, ob Pacelli den Entwurf gekannt hat. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass er als der engste Mitarbeiter auf dem Laufenden war. Teile dieses Textes wurden 1972 in den USA entdeckt; es ist die wohl deutlichste katholische Stellungnahme zum Antisemitismus.

Zum 11. Februar 1939, dem zehnten Jahrestag der Verträge zwischen dem italienischen Staat, vertreten durch Mussolini, und dem Vatikan, hat der Papst eine Rede vorbereitet, die sich scharf gegen den Antisemitismus wendet. Der Papst stirbt am 10. Februar. Pacelli lässt die bereits gedruckten Exemplare und den Druckerstock vernichten, wozu er als Nachlassverwalter berechtigt, aber nicht verpflichtet ist. In Folgendem erwähnt er diese Rede nie. Erst Papst Johannes XXIII. informiert 1959 die italienischen Bischöfe, nach der Entdeckung des Manuskripts im Archiv.

Im März 1939 fasst Pacelli als neu gewählter Papst seine diplomatische Tätigkeit so zusammen: "Die Welt soll sehen, dass wir alles versucht haben, um in Frieden mit Deutschland zu leben."

1975 äußern sich die katholischen Bischöfe der Bundesrepublik: "Wir sind das Land, dessen jüngste politische Geschichte von dem Versuch verfinstert ist, das jüdische Volk systematisch auszurotten. Und wir waren in dieser Zeit des Nationalsozialismus, trotz beispielhaften Verhaltens einiger Personen und Gruppen, aufs Ganze gesehen doch eine kirchliche Gemeinschaft, deren Blick sich zu stark von der Bedrohung ihrer eigenen Institutionen fixieren ließ und die zu den an Juden und Judentum verübten Verbrechen geschwiegen hat."

 

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2011-11: Die Absurdität der bundesdeutschen Nachkriegshaltung

2011-04: Um die Zukunft Venezuelas

2011-02: Der zornige alte Mann