Das war ein Haus des Volkes
Rudolf Denner, Berlin
Die Wanderausstellungen des Freundeskreises Palast der Republik - Mitglied im Ostdeutschen Kuratorium von Verbänden e.V. (OKV) - sind eine spezifische Ausdrucksform des nunmehr 20-jährigen und bis heute anhaltenden Protestes gegen die Vernichtung des Palastes der Republik in Berlin und die damit verbundene, politisch gewollte Geschichtsentsorgung und -verfälschung. Die ersten Wanderausstellungen wurden 2003 konzipiert und ab 2004 gezeigt. Seither wurden 21 Wanderausstellungen organisiert.
Die Verfälschung speziell der ostdeutschen Geschichte wird in der Gegenwart als ein unübersehbares Kennzeichen der Politik der Bundesrepublik Deutschland seit 1990 mit hohem finanziellen Aufwand zu Lasten der Steuerzahler betrieben und brutal politisch bewusst organisiert. Die Missachtung des Grundgesetzes und des sogenannten Einigungsvertrages durch die Bundesrepublik Deutschland sind dabei nicht zu übersehen. Diese Tatsache hat viele Gesichter und zeigt sich nicht nur auf dem Berliner Schlossplatz, sondern in vielen Orten der Neuen Bundesländer.
Aus bescheidenen Anfängen heraus hat sich diese Ausstellung kontinuierlich weiterentwickelt. Sie verfügt gegenwärtig über 250 Ausstellungstafeln, Dokumentationen mit 35 Zeitzeugen vor der Abrisskulisse des Palastes der Republik, viele Sachzeugnisse und eine umfassende Dokumentation der Palastvernichtung sowie 15 Digitalschauen.
Eröffnet wurde die aktuelle Ausstellung am 16. Oktober 2013 in den Räumen der GBM, Berlin, Weitlingstr. 89, durch Dr. Gesine Lötzsch, MdB, mit einer Rede, die auf der Internetseite des OKV veröffentlicht ist. Premiere hatte eine Neuerscheinung. Tino Schreiber stellte sein Buch "Der Bundesrepublikpalast" vor und fand viel Anklang.
Die gegenwärtige 21. Wanderausstellung umfasst 67 Ausstellungstafeln mit den Themen "Leben im Palast", "Palastgalerie", "Plakate", "Volkskammer", "Palastzwischennutzung", "Palastvernichtung", "Zeitzeugen". Einen besonderen Platz nehmen umfangreiche Dokumentationen der politischen Auseinandersetzung mit dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung ein. Die Ausstellung ist bis zum 10. Dezember 2013 geöffnet. Die 22. Wanderausstellung wird bereits für 2014 vorbereitet.
Mehrere Gedenktage bilden den Rahmen der gegenwärtigen 21. Wanderausstellung: Vor 40 Jahren, am 2. November 1973, wurde der Grundstein zum Palast der Republik gelegt. Vor 20 Jahren, 1993, begann der Protest gegen die Palastschließung und erkennbare Abrissabsichten. Seit 10 Jahren existiert die Wanderausstellung als Form des Protestes.
Dieser Protest ist und bleibt hartnäckig, er ist langfristig organisiert und bleibt es auch. Alle Bundestagsfraktionen, Vertreter der Bundesregierung, des Berliner Senats und des Berliner Abgeordnetenhauses werden in die Ausstellung zu sachlich-konstruktiven Gesprächen eingeladen. Das Grundmotiv der Ausstellung "Der Palast lebt - Trotz alledem, Dem Erbe verpflichtet - Erinnerung pflegen, Die Wahrheit erkennen - Symbolik gestalten, Gegen Geschichtsentsorgung und Verfälschung" zeigt die Hauptrichtungen des Wirkens unseres Freundeskreises und gilt auch für die Zukunft. Mit der 21. Wanderausstellung werden neue Dimensionen und Orientierungen gestaltet, die diese Ausstellungen künftig prägen werden:
- Sie ist ab jetzt ein Gemeinschaftsprojekt des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden e.V., der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde e.V. und des Freundeskreises Palast der Republik.
- Ab jetzt werden in der Ausstellung weitere Beispiele des Vandalentums dargestellt. Aus dem Buch von Dr. Peter Michel "Kulturnation Deutschland?", eine Streitschrift wider die modernen Vandalen, wurden erstmalig solche Beispiele genannt. Der Abriss der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals wird fotografisch dokumentiert. Weitere Beispiele werden folgen.
- Das Wirken des Freundeskreises hat nichts mit Betroffenheitslyrik oder Nostalgiepflege zu tun. Entlarvt wird auf diese Weise auch der Charakter des heutigen krisengeschüttelten politisch fragwürdigen Gesellschaftssystems an konkreten Beispielen.
- Die Palastvernichtung haben wir gegenüber dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung stets als kulturpolitisches Verbrechen bezeichnet. Auf unseren Vorwurf haben diese Institutionen stets beharrlich geschwiegen.
- Das Vorhaben eines Pseudoschlosses auf dem Berliner Schlossplatz lehnen wir in Übereinstimmung mit sehr vielen Menschen ab. Gleichzeitig haben wir aber konkrete Vorstellungen, wie am authentischen Ort an den Palast der Republik erinnert werden soll. Mehrere Gespräche hat der Freundeskreis mit den Verantwortlichen des Schlossplatzvorhabens bereits geführt. So gilt beispielsweise als sicher, dass die bekannte "Gläserne Blume" dort wieder aufgestellt wird.
- Die politische Auseinandersetzung mit dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung gehen weiter. Warum? In einer Massenpetition hat der Freundeskreis im Januar 2011 die uneingeschränkte Transparenz zu allen Vorgängen, die den Berliner Schlossplatz betreffen, gefordert. Nach zwei Jahren, im Mai 2013 erhielt er eine nichtssagende Antwort des Petitionsausschusses, dass dem Anliegen der Petition teilweise entsprochen wäre. Dem hat der Freundeskreis widersprochen, eine Antwort steht bis jetzt aus.
- Mit der 21. Wanderausstellung wird die Zusammenarbeit mit anderen, ähnlich orientierten Vereinen und Organisationen weiter ausgebaut. Aktuelle Beispiele sind das engere Zusammenwirken mit dem Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals und dem DDR-Kabinett Bochum.
In dieser Situation ruft der Freundeskreis Palast der Republik auf: Besucht die 21. Wanderausstellung in den Räumen der GBM in Berlin-Lichtenberg, Weitlingstraße 89. Unterstützt unser Anliegen! Sprecht mit uns! Macht mit im Freundeskreis! Das ist kein Verein mit Mitgliedsbeiträgen oder Satzungen, sondern eine Bürgerinitiative, deren Mitglieder in ganz Deutschland wirken. Ideen, Engagement und Widerspruchsgeist sind gefragt. Jeder kann sich einbringen! Wir haben eine 20 jährige Tradition des Protestes, haben viele Erfahrungen, Kampfgeist und viel Lust zum Widerspruch und zur Entlarvung eines gesellschaftlichen Systems, dessen Überlebenschance wir bezweifeln. Also, macht mit!
Wir freuen uns auf Euren Besuch.
Oktober 2013. Rudolf Denner ist Sprecher des Freundeskreises Palast der Republik. 030/9912254, r.denner@gmx.de, www.palastschaustelle.eu