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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Das Reichsarbeitsdienstgesetz vom 26. Juni 1935 und seine lange Vorgeschichte

Prof. Dr. Manfred Weißbecker, Jena

 

Wortreich verkündete die Führung Hitlerdeutschlands am 26. Juni 1935, es sei ein neues Gesetz beschlossen worden, auf dessen Grundlage künftig der bis dahin noch als ein "freiwilliger" benannte Arbeitsdienst im Sinne des braunen Regimes geregelt werden solle. In vier Punkten bestimmte der erste Paragraph Anliegen und Ziel der neuen faschistischen Organisation: "(1) Der Reichsarbeitsdienst ist Ehrendienst am Deutschen Volke. (2) Alle jungen Deutschen beiderlei Geschlechts sind verpflichtet, ihrem Volke im Reichsarbeitsdienst zu dienen. (3) Der Reichsarbeitsdienst soll die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen. (4) Der Reichsarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt."

In der Tat, um hehre Formulierungen waren die Propagandameister des braunen Regimes niemals verlegen, wie sich erneut in der Beschönigung und im Vertuschen der vorherrschenden Anliegen des Gesetzes über den Reichsarbeitsdienst (RAD) zeigte. Mit keinem Wort wurde dessen militärischer Zweck angegeben, doch gerade dieser hatte in der langen Geschichte der Bemühungen um den Arbeitsdienst stets eine zentrale, wenn nicht sogar eine ausschlaggebende Rolle gespielt: Arbeitsdienstpflicht und Wehrpflicht stellten stets zwei Seiten eines Spiegels dar. Ein anderes Anliegen tauchte hingegen unverblümt im Gesetzestext auf, allerdings erst in dessen Mitte. Da legte der Paragraph 14 apodiktisch fest, daß die Zugehörigkeit zum Reichsarbeitsdienst "kein Arbeits- oder Dienstverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und des § 11 der Fürsorgepflichtverordnung" begründen würde. Eine Formel, die arbeitsrechtliche Gesetze und Vorschriften über den Arbeitsschutz sowie das Betriebsräte- und Arbeitsgerichtsgesetz sowie das Recht auf Unterstützung im Falle einer Erkrankung außer Kraft setzte. Dahinter verbarg sich nur notdürftig das Ziel: Jugendliche untertariflich und so billig wie möglich hohe Arbeitsleistungen erbringen zu lassen, noch dazu unter Zwang und einschüchternder militärischer Disziplin. Alle weiteren Paragraphen – 27 an der Zahl – bestimmten Details der Führungsstrukturen sowie die Pflichtgebote der Mitgliedschaft. Ihrer Dienstpflicht hatten von nun an alle männlichen Jugendlichen nach dem vollendeten 18. Lebensjahr bis spätestens zur Vollendung des 25. Lebensjahres nachzukommen. Für die weibliche Jugend war eine gesonderte Regelung vorgesehen; die gesetzliche Einführung ihrer Arbeitsdienstpflicht erfolgte erst 1939. Das Gesetz sprach stets von "allen" Jugendlichen, doch es enthielt bezeichnende Ausnahmen: Nach § 7 sollte ausgeschlossen werden, "wer nichtarischer Abstammung ist oder mit einer Person nichtarischer Abstammung verheiratet ist." Sollte es Einzelfälle mit "wehrwürdigen Nichtariern" geben, dürften diese jedoch keinesfalls als "Vorgesetzte" eingesetzt werden ...

Ausgangspunkt: Erster Weltkrieg

Das Gesetz vom 26. Juni 1935 hob alle bislang in Deutschland geltenden Regelungen für den als "freiwillig" bezeichneten Arbeitsdienst auf. Von "Freiwilligkeit" las man in ihm nur ein einziges Mal: Wer wolle, könne auch "zu einem früheren Zeitpunk" dem RAD beitreten. Wer aber von Arbeitsdienstpflichtigen und Arbeitsdienstfreiwilligen eine Freiheitsstrafe von mehr als 30 Tagen Dauer erhalte, müsse diese Zeit zusätzlich "dienen".

Mitte 1935 hatte damit ein langer Kampf reaktionärer Kräfte gegen das von Liberalen, bürgerlichen Demokraten und zum Teil auch von Sozialdemokraten vertretene Prinzip der freiwilligen Arbeitsleistung seinen Abschluß gefunden. In seinem Sinne waren in den Arbeitslagern Ideale der bündischen Jugend sowie der Reformpädagogik nicht nur gepriesen, sondern weitgehend auch praktiziert worden: Selbsterziehung und Selbstverwaltung, Kameradschaftserlebnis und Naturverbundenheit, identitätsstiftende Arbeitsaufgaben. Hier wurde ein gemeinschaftliches Lebensgefühl angestrebt, die Frage nach dem wirtschaftlichen Nutzen zumeist als ein Teil des gesamten Anliegens verstanden. Mitunter verstanden die Organisatoren von Arbeitslagern deren Schaffung und Tätigkeit auch als Protest gegen die bestehenden sozialen Verhältnisse. Doch solchen politisch-pädagogischen Zielsetzungen standen stets lautstark erhobene Forderungen nach der Einführung einer generell gültigen Arbeitsdienstpflicht gegenüber.

Den ersten größeren und zugleich wegweisenden Schritt in diese Richtung hatte bereits das wilhelminische Regime während des Ersten Weltkrieges getan. Am 5. Dezember 1916 trat – dank einer Initiative der Obersten Heeresleitung – das "Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst" in Kraft. Es hob das Recht auf eine freie Wahl des Arbeitsplatzes auf und verpflichtete alle Männer zwischen dem 17. und dem 60. Lebensjahr, welche nicht zur Armee eingezogen worden waren oder nicht vor 1916 in einem agrarischen oder forstwirtschaftlichen Betrieb gearbeitet hatten, in der Rüstungsindustrie oder in einem kriegswichtigen Betrieb zu arbeiten. Die Leitung des "vaterländischen Hilfsdienstes" oblag dem preußischen Kriegsministerium, das eigens zu diesem Zweck ein "Kriegsamt" eingerichtet hatte. Ihm unterstand auch eine Frauenarbeitszentrale.

Konservative und militaristische Kräfte griffen nach dem Ende des Krieges rasch darauf zurück. Sie schufen bereits in den ersten Jahren der Weimarer Republik zahlreiche Verbände und organisierten Arbeitslager. Neben deren ökonomischer Funktion – vorwiegend ging es um Bau- und Erdarbeiten, Bodenmeliorationen, land- und forstwirtschaftliche Saisonarbeiten u.ä.m. – waren sie in der Regel auch gedacht als Äquivalent für den Verlust der allgemeinen Wehrpflicht und ausgerichtet auf das Ziel, ein Ersatz- und Ergänzungspotential für die auf ein kleines Berufsheer reduzierte Reichswehr zu schaffen. Vielfach wurden auch die einzelnen Arbeitsvorhaben bewußt an Aufgaben der "Landesverteidigung" ausgerichtet. Führende Militärs begannen im Juni 1919, aus den zu entlassenden Angehörigen jeder Reichswehrbrigade "Arbeitsbataillone" und "Freikorps der Arbeit" zu formieren. Diese neuen paramilitärischen Verbände wurden am Ende des Jahres zu einem Reichsverband gemeinnütziger Arbeitsgenossenschaften zusammengefaßt. Darüber hinaus schufen Militärs – wohlwollend unterstützt vom Reichsinnenministerium, dem Auswärtigen Amt und dem Reichsverband der Deutschen Industrie – im Juli 1920 mit der Arbeitswehr einen Verein, der den Gedanken einer Arbeitsdienstpflicht verbreiten half und unter wechselnden Bezeichnungen ("Nährdienstpflicht", "Wirtschaftsdienstpflicht", "Volksdienstpflicht" u.ä.m.) konkrete Programme für die "geistige, körperliche und wirtschaftliche Erziehung" der deutschen Jugend erarbeitete.

Alle, die in den Reihen der rechten Parteien und Vereinigungen Rang und Namen besaßen, traten darüber hinaus mit Plänen und Memoranden, Vorschlägen und Anregungen in Erscheinung. Sie verfolgten alle das Ziel, jugendliche Erwerbslose "durch die Staatsgewalt einem gemeinnützigen Arbeitsdienst" zu unterwerfen, um sie vor "volkssittlicher Gefahr, Unbotmäßigkeit und politischem Radikalismus" zu bewahren, wie es beispielsweise der Augsburger Stadtrat im November 1923 vorschlug. Dabei tat sich besonders der deutschnationale Stahlhelm. Bund der Frontsoldaten hervor. Im Jungdeutschen Orden – geführt von Artur Mahraun – entstand 1924 der Plan, an die Stelle der nicht durchführbaren Wehrpflicht eine Arbeitsdienstpflicht einzuführen, die sich sogar über zwei Jahre erstrecken sollte. Dabei ging es nicht allein um das Herausziehen von einer Million jugendlicher Arbeitskräfte aus der so genannten freien Wirtschaft, sondern auch um die Schaffung eines Führerkorps im Arbeitsdienst, in dem Offiziere der auf 100.000 Mann beschränkten Reichswehr Unterschlupf und die Möglichkeit weiterer "berufsorientierter" Tätigkeit finden konnten.

In den Jahren der Weltwirtschaftskrise und der rasch wachsenden Arbeitslosigkeit nahm die Arbeitsdienstpflicht überwiegend staatlichen Charakter an. Mit der Brüningschen Notverordnung vom 5. Juni 1931 wurde der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung die Förderung und Finanzierung der Träger freiwilliger Arbeitsdienstorganisationen übertragen. Dies ging Hand in Hand mit einem generellen Abbau sozialpolitischer Leistungen des Staates für Arbeitslose und Personen, die von Krisenunterstützung und Wohlfahrtshilfe leben mußten. Leistungen und Unterstützungsdauer wurden 1932 unter der Kanzlerschaft Franz von Papens weiter eingeschränkt, die finanziellen Ausgaben mehr und mehr auf die kommunale Ebene verschoben. Die persönliche Notlage, in der sich viele arbeitslose Jugendliche befanden, bewirkte ihre Bereitschaft zur Arbeit im FAD, der in dieser Hinsicht einen "verschleierten" Zwangscharakter annahm.

Die Schritte hin zu einem fest gefügten System der Jugendzwangsarbeit gerieten immer kürzer. Faktisch wurde das Prinzip der Freiwilligkeit unterlaufen, unter anderem auch mit der Androhung, die Wohlfahrtsunterstützung oder andere Leistungen zu streichen. Forderungen nach einem Verbot von "Arbeitsleistungen, die nicht tariflich entlohnt werden" und von "Zwangsarbeit", wie sie die KPD unter anderem in ihrem Arbeitsbeschaffungsprogramm erhob, verhallten ungehört. Die Arbeitslagerbewegung geriet während der Weltwirtschaftskrise zu einem Instrument des umfassenden Sozialabbaus. Die Befürworter der Arbeitsdienstpflicht, die sich in einer Reichsarbeitsgemeinschaft für Deutsche Arbeitsdienstpflicht" (Rada) formierten, hofften auf die Abschaffung des Prinzips der Freiwilligkeit in einer "neuen Ära". Diese begann schließlich auch für den Arbeitsdienst mit dem 30. Januar 1933.

Nazistische Pläne

Wie konnte es anders sein – die Partei der deutschen Faschisten setzte sich entschieden für eine generelle Durchsetzung des Pflichtgedankens im Arbeitsdienst ein. Hitler ernannte 1931 Konstantin Hierl, einen früheren Oberst der Reichswehr, zu seinem "Beauftragten für den Arbeitsdienst". Nationalsozialistische Arbeitsdienstvereine errichteten Arbeitslager, teils mit Unterstützung der SA, teils aber auch von dieser argwöhnisch beobachtet. Wo vor 1933 Nazis bereits regieren konnten, organisierten sie eine faktische Verstaatlichung des Freiwilligen Arbeitsdienstes. In der fränkischen Stadt Coburg schuf die NSDAP eine Art Modell für ihre spezifischen Vorstellungen und erhob zum obersten Grundsatz das Motto: "Keine Wohlfahrtsunterstützung ohne Arbeit" und verbrämt mit der Floskel, Arbeitsdienst sei die "soziale Schule der Nation". Der Bezug von Sozialleistungen wurde direkt an die Bereitschaft der Betreffenden geknüpft, widerstandslos und strafbedroht zu öffentlicher Arbeit herangezogen zu werden. Für ihren Einsatz im Straßen- und Siedlungsbau und bei Steinbrucharbeiten erhielten die "unfreiwilligen" Arbeitsdienstleistenden 21 Mark pro Woche; davon allerdings nur 3,50 Mark auf die Hand. Alles andere Geld wurde für Verpflegung, Quartier, Heizung und Versicherungen einbehalten, der Rest einem Sparkonto gutgeschrieben, dessen Grenze bald von 180 auf 80 Mark sank. Im Grunde half das Coburger Arbeitslager, das städtische Sozialsystem mit zu finanzieren. Der paramilitärische Charakter des Lagers trat in Struktur und Tagesablauf, in der Kasernierung und im militärischem Drill deutlich hervor. Wer am Lager teilnahm, hatte sich "zu unbedingtem Gehorsam" zu verpflichten, Disziplinverstöße fanden strenge Bestrafung.

Auf der Grundlage aller Bemühungen faschistischer, konservativer und militärischer Kräfte setzte unmittelbar mit dem 30. Januar 1933 der Aufbau eines umfassenden Systems der Jugendzwangsarbeit ein, zunächst als Bestandteil des faschistischen Erziehungssystems, dann als "Arbeits-Armee" und schließlich auch als ein Teil des barbarischen Vernichtungssystems. Wer in diesen Lagern nicht spurte oder sonst im Sinne der NSDAP nicht als "gemeinschaftsfähig, -willig oder –würdig" galt, geriet rasch in die terroristische Maschinerie der Konzentrations- und Vernichtungslager.

Hitler verkündete am 1. Februar 1933 in seiner Rundfunkansprache, der Gedanke der Arbeitsdienstpflicht sei ein "Grundpfeiler" seines Regierungsprogramms. Ganz in diesem Sinne legte sein Beauftragter Hierl am 1. März 1933 ein Konzept vor, das "ohne Verzug" die Überführung des staatlich geförderten freiwilligen Arbeitsdienstes in einen "staatlichen Arbeitsdienst auf freiwilliger Grundlage" vorsah. Was daran nicht mehr als Wortklauberei war, enthüllte die formulierte Absicht, den FAD nunmehr als eine "gesonderte Reichsorganisation von ähnlicher Struktur wie die Reichswehr" auszubauen. Selbst hinsichtlich der behördlichen Strukturen sollte die Reichswehr mehr oder weniger imitiert werden: Es seien die Aufgaben und dienstlichen Befugnisse des Staatssekretärs für den Arbeitsdienst so zu regeln, "daß sie sinngemäß denen des Chefs der Heeresleitung in seinem dienstlichen Verhältnis zum Reichswehrminister entsprechen." (sic!)

Im Ziel durchaus einig begannen jedoch zwischen den Ministern Streitereien über die Frage, wer vor allem den Hut aufhaben solle. Nach den Gepflogenheiten der Weimarer Zeit wurde zunächst der Arbeitsminister und Stahlhelm-Führer Franz Seldte zum Reichskommissar für den FAD ernannt, was weder Wirtschaftsminister Alfred Hugenberg, zugleich Vorsitzender der mit den Nazis koalierenden Deutschnationalen Volkspartei, noch Hierl behagte. Seldte suchte dem zunächst mit dem Plan entgegenzuwirken, sein Amt als Arbeitsminister aufzugeben und statt dessen ein neues "Ministerium für Arbeitsdienst und Jugendertüchtigung" zu übernehmen. Völlig mit dem Reichswehrministerium übereinstimmend, unterbreitete er diesen Vorschlag mit der Begründung, so sei am besten eine "totale Mobilmachung der deutschen Volkskraft im Dienste des Wehrgedankens" zu erreichen. Das neue Amt sollte einen "Vierjahresplan der nationalen Jugenderziehung" realisieren. Für das Jahr 1933 war an eine Zahl von 300.000 Arbeitsdienstlern gedacht, einem Drittel mehr als es in der Zeit vom 1. August 1932 bis zum 31. März 1933 gegeben hatte.

Dieser hohen Zahl stimmte Hitler zwar zu, verlangte aber, es sei "mit den allersparsamsten Mitteln" auszukommen. Als Ende Mai 1933 über einen Gesetzentwurf debattiert wurde, auf dessen Grundlage schrittweise die Arbeitsdienstpflicht durchgesetzt werden sollte, spielte nicht allein die unzureichende finanzielle Ausstattung eine Rolle, sondern vor allem die Furcht vor internationalen Protesten. Man müsse eine "möglichst unauffällige Form" wählen und dürfe sich nicht an den internationalen Pranger stellen lassen. In den Richtlinien des Auswärtigen Amtes für die "Abrüstungspropaganda im Inland" vom Juli 1933 hieß es: "Es ist größter Wert darauf zu legen, daß der Anschein einer offen oder geheim betriebenen Aufrüstung vermieden wird." Und Hierl formulierte am 9. August in einem Brief an Hitler mit den Worten, "daß zwar an der Freiwilligkeit des Arbeitsdienstes über den Winter 1933 noch festgehalten werden soll, aber andererseits ein möglichst wenig Aufsehen erregender und elastischer Apparat geschaffen werden soll, der im gegebenen Zeitpunkte schnellstens zum Aufbau der Arbeitsdienstpflicht umgeschaltet und ausgenutzt werden kann."

Erst Wehrpflicht, dann Arbeitsdienstpflicht

Alle Vorstöße mißlangen, dieses Programm rasch zu verwirklichen, sieht man von der Tatsache ab, daß die deutsche Studentenschaft bereits 1933 die Arbeitsdienstpflicht für jeden durchgesetzt hatte, der mit dem Studium an einer deutschen Universität oder Hochschule beginnen wollte. Erst nach der "Klärung" mancher Machtfragen innerhalb des Apparates der faschistischen Diktatur ließ sich das Ziel erreichen. Auf dem Weg dahin wurde schrittweise vor allem das Strafrecht bemüht, um innerhalb des offiziell noch als "freiwillig" benannten Arbeitsdienstes die Sozialdisziplinierung zu verstärken. So legte Reichsinnenminister Wilhelm Frick dem Hitler-Kabinett am 13. Dezember 1934 den Entwurf eines Gesetzes vor, das kurz darauf auch beschlossen wurde und die öffentlich-rechtliche Dienststrafgewalt im Arbeitsdienst einführte. Die intern geltenden Vorschriften (Verweise, Stuben- und Lagerarrest, Zurücksetzung in der Beförderung, Entlassung) reichten offensichtlich nicht aus, sonst wäre es wohl kaum erforderlich gewesen, über diese hinaus auch Haft- oder Arreststrafen verhängen zu dürfen. Die aufschlußreiche Begründung des Gesetzes lautete, dem Arbeitsdienst würden "heute beinahe ¼ Million junger Männer laufend angehören" und nur mit der Durchsetzung eines unbedingten Gehorsams der Gefolgschaft könne das vielfach beklagte "Entlaufen" aus den Arbeitsdienstlagern verhindert werden. Sogar nach der Gründung des Reichsarbeitsdienstes befaßten sich mehrere Gesetze und ergänzende Verordnungen mit diesem Thema – die Strafen gerieten immer höher und drastischer.

Hierl profitierte schließlich von den mörderischen Ereignissen des 30. Juni 1934. Er fungierte ab dem 3. Juli 1934 als Reichskommissar für den Arbeitsdienst und unterstand im Range eines Staatssekretärs nunmehr dem Reichsinnenminister Frick, nicht mehr dem Arbeitsminister. Und später entfielen im März 1935 mit der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und dem offen betriebenen Ausbau der Wehrmacht auch alle Bedenken, das Ausland könne Kritik – wie beispielsweise an Bulgarien, wo bereits 1920 jährlich 30 Prozent der Bevölkerung herangezogen für gemeinnützige Arbeiten dienstverpflichtet wurden – an einer überbordenden paramilitärischen Aufrüstung üben. Der Wehrpflicht folgte die Arbeitsdienstpflicht. Zweieinhalb Jahre nach der Errichtung der Nazi-Diktatur hatte der Gleichschaltungsprozeß auch die Arbeitsdienstorganisationen erreicht, später als alle anderen Organisationen der deutschen Gesellschaft. Alles erfolgte im Interesse einer intensiven Vorbereitung des nächsten Krieges, in dem der RAD faktisch zu einer auch militärisch einsetzbaren und unter der Regie von Wehrmachtsoffizieren unterliegenden Organisation wurde. Das bekannte Bild von den stramm in Reih und Glied stehenden "Arbeits-Soldaten" zeigte noch blank geputzte und geschulterte Spaten – doch war allein damit schon nur in eine Richtung gewiesen worden. Und die bedeutete: Krieg.

 

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