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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Das Kartell neoliberaler Parteien

Johannes Dreßler, Zechlinerhütte

Der Satz "Die Politik kann heute nicht mehr von einem Kartell der neoliberalen Parteien beherrscht werden."  (Programmentwurf  V. Abs. 1) beschreibt exakt und unmißverständlich die politische Realität: 1. FDP, CDU/CSU, SPD und Grüne sind die politischen Parteien des neoliberalen Kapitalismus. Entsprechend verhalten sie sich gegenüber dem antikapitalistischen Kurs unserer  Partei. Gebetsmühlenhaft erklären sie alternative Zielstellungen und Aktivitäten als "sektiererisch"; der Überwachungsdienst des Kapitals, der sogenannte Verfassungsschutz, stuft Gruppierungen der Partei als "linksextrem" ein, die unbedingt überwacht werden müssen; und die neoliberale Einheitspresse von FAZ bis taz wird nicht müde DIE LINKE zu diffamieren. Gesetzmäßige Reaktionen der herrschenden Klasse. 2. Immer mehr Menschen in Deutschland leiden unter der Würgegriff kapitalistischer Ausbeutung, Unterdrückung und Ausplünderung: unter Leistungsdruck, Hungerlöhnen, Arbeitslosigkeit, Armut, Unsicherheit, Existenzangst, Bildungsarmut, Raub (Privatisierung) von Gemeineigentum ...,  während Reiche immer reicher werden. Sie erkennen die Ursachen ihres Leides im kapitalistischen System und wählen deshalb DIE LINKE: Die Politik wird nicht mehr ausschließlich von den neoliberalen Parteien bestimmt. Sie können nicht mehr ungehemmt ihre Funktion als politische Vollzugsorgane des Kapitals wahrnehmen, weil ihnen sonst die Wähler weglaufen. Sie müssen Forderungen unserer Partei übernehmen, repressive Gesetze korrigieren und auf neue verzichten. Das ist der Inhalt des kurzen Satzes in Abschnitt V des Programmentwurfs. Er ist unverzichtbar für die eindeutige Positionierung der Partei und für ihre Glaubwürdigkeit.

Aber eben dieser Satz erregt bei einigen Genossen Widerspruch. Unter anderem in einem Beitrag des "Forum Demokratischer Sozialismus" (fds) kritisieren Inga Nitz und Stefan Liebich in "Mut zur Reform!": "Diese undifferenzierte Sicht (Kartell neoliberaler Parteien) entspricht nicht der Wirklichkeit. FDP und SPD oder FDP und Grüne in solch allgemeiner Form in einen Topf zu werfen, ist unseriös." Ebenso Hans Wandt, Schwerin, in Disput 7/10, S. 22: "Diese Wertung ist uns zu undifferenziert." Weshalb? Selbst SPD und Grüne verwahren sich entschieden dagegen, antikapitalistische Parteien zu sein. Schließlich haben sie die Agenda 2010 beschlossen, die von Schwarz-Gelb mit ihrem Sparkurs nahtlos fortgesetzt wird. Neoliberal und kapitalistisch ist die Gemeinsamkeit, die sie alle verbindet. Und Oskar Lafontaine sprach zu Recht von der schwarz-gelb-rot-grünen Einheitspartei. Wenn sich jetzt – außer in sozialen Bewegungen und den Gewerkschaften – auch in den Reihen von SPD und Grünen Widerstand gegen den sozialen Kahlschlag formiert, so ist das nicht zuletzt den Wahlerfolgen unserer Partei zu verdanken. Ob dieser Widerstand ehrlich gemeint ist, wird sich auch an der Zusammenarbeit mit einer eindeutig antikapitalistischen LINKEN messen lassen. Doch wie könnten wir z.B. für die Kräfte in der SPD bündnisfähig sein, "die für eine konsequente Abkehr von der liberalen Politik ihrer Partei eintreten" (H. Wandt, s. oben), wenn wir auf einen konsequent antineoliberalen Kurs verzichten? Sobald wir unsere Prinzipien aufgeben, werden wir unglaubwürdig und von den Wahlberechtigten mit den anderen Parteien in einen Topf geworfen: Sie  verweigern sich oder laufen den Rechtsextremen in die Arme. Noch mancher Satz des Programmentwurfs ist zu korrigieren, klarer zu formulieren oder einfach wegzulassen – der Satz vom neoliberalen Kartell nicht!

Andere Formulierungen des fds klären darüber auf, daß der moderne Kapitalismus doch auch zahlreiche fortschrittliche Elemente enthalte und demokratische Entwicklung und Wohlstand für viele gebracht habe. Deshalb skizziere der Programmentwurf ein unrealistisches Horrorszenario von einer Welt, in dem einige Konzerne herrschen, Demokratie verhindern, Staaten Kriege um Absatzmärkte führen, usw. Es ist gut, diese Argumente zu kennen, zu durchschauen – und auf der Hut zu sein! Denn es sind die Argumente derer, die die Brutalität des Kapitals nicht erkennen, nicht erkennen wollen, weil es ihnen sehr gut geht, oder denen ihre Karriere in diesem System wichtiger ist als das Wohl der ausgebeuteten Menschen, wichtiger als Frieden und Abrüstung.

28. Juli 2010