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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Bücher-Bord

"Die DDR unterm Lügenberg"

 

Ralph Hartmann setzt sich in einem vor wenigen Tagen beim Verlag Ossietzky Hannover herausgebrachten schmalen Bändchen mit den folgenden 10 Lügen über die DDR auseinander:

1. Die zwei Diktaturen in Deutschland,
2. Stasifolter und Stasiterror,
3. Der verordnete Antifaschismus,
4. Die marode Wirtschaft,
5. Die DDR vor dem Staatsbankrott,
6. Die Alleinschuld der DDR an der Mauer,
7. Die DDR eine Erziehungsdiktatur,
8. Staatsdoping – Ursache des Sportwunders DDR,
9. Die friedliche Revolution,
10. Die undankbaren ehemaligen DDR-Bürger.
(ISBN 3-9808137-3-8, 10 Euro)

Die friedliche Revolution (Leseprobe)

[...] Die Einschätzung der Ereignisse von 1989/90 als "Konterrevolution" wird in Deutschland nicht nur von den National-Konservativen, sondern auch von progressiven Kräften im bürgerlichen Lager entschieden abgelehnt. Letztere verweisen unter anderem darauf, daß viele der Akteure den "Sozialismus verbessern" wollten, auch darauf, daß die Hunderttausende, die in der späteren Medienberichterstattung zu einer Million anwuchsen, am 4. November auf dem Berliner Alexanderplatz in ihrer großen Mehrheit keine Konterrevolutionäre waren und daß viele der "Wir-sind-das-Volk"-Rufer auf den Leipziger Montagsdemonstrationen, selbst dann, als sie die im Westen ausgedachte Losung "Wir sind ein Volk" übernahmen, keine konterrevolutionären Absichten verfolgten. Alles gut und richtig. Aber hier geht es nicht um den Verlauf der Ereignisse und ihre aktiven Teilnehmer, nicht einmal um die Ursachen der schmählichen Niederlage des Sozialismus – die krassen Fehlentwicklungen in der DDR und in nahezu allen sozialistischen Staaten, die Paralysierung der Partei- und Staatsführung und damit der herrschenden Partei, die grobe Einmischung und forcierten Attacken seitens der BRD im Bunde mit den USA, den Verrat Gorbatschows am "unverbrüchlichen Bruderbund" und die Preisgabe der DDR seitens der im politischen Chaos versinkenden Sowjetunion – sondern ausschließlich um ihr Ergebnis. Und wenn die Definition in "Wilhelm Liebknechts Volksfremdwörterbuch": "Konterrevolution ist der Kampf der reaktionären Klassen ... gegen die siegreiche Revolution, um ihre Eroberungen zunichte zu machen und die Ordnung, die vor der Revolution bestand, wiederherzustellen" zutreffend ist, dann handelt es sich bei dem tiefgreifenden gesellschaftlichen Umbruch in der wieder zu Ostdeutschland gewordenen DDR um eine Konterrevolution. Wiederhergestellt wurden die kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnisse, das Volkseigentum wurde liquidiert und in privatkapitalistische Hände zurückgegeben. Und als Leckerli obendrauf durfte der 1945 von Ost nach West geflohene Adel in seine angestammte ostelbische Heimat zurückkehren. Alles in allem eine nahezu klassische Konterrevolution – auch wenn sie nicht mit Interventionstruppen, standesrechtlichen Erschießungen, offenem Terror, Folter, Kartätschen und Bluthunden à la Noske wie schon so häufig in der europäischen Geschichte daherkam. Entscheidend war und ist ihr gesellschaftliches Ergebnis.

Auch im linken Parteienspektrum tut man sich schwer damit, den Begriff "Konterrevolution" zu verwenden. Ausnahmen, wie z.B. führende Vertreter der DKP, der Kommunistischen Plattform der PDS, bestätigen lediglich die Regel. Der gestandene Marxist und Rechtsprofessor Uwe-Jens Heuer spricht von einem "Epochenumbruch" und bezeichnet den "Kern der Veränderung" als "Restauration der uneingeschränkten Herrschaft des Kapitals". Was aber ist das anderes als das Ergebnis einer Konterrevolution? Einige andere Rechtswissenschaftler sprechen eine noch klarere Sprache. Zu ihnen zählt der langjährige Leiter des Institutes für Strafrecht an der Berliner Humboldt-Universität, Prof. Erich Buchholz, der nach 1990 zahlreiche Opfer der bundesdeutschen politischen Strafjustiz verteidigte. In einem Briefwechsel mit dem verantwortlichen Redakteur der von der Kirchlichen Bruderschaft in Berlin Brandenburg herausgegebenen "Weißenseer Blätter", Hanfried Müller, schrieb er unter anderem: Von nun an (nach der Grenzöffnung) agierte von Woche zu Woche deutlicher die Konterrevolution. Sie wurde auch in der letzten Regierung und in den Beschlüssen der letzten Volkskammer wirksam. Hatte die Regierung Modrow mit der Schaffung einer Treuhandgesellschaft zur Wahrung des Volkseigentums in veränderten Rechtsformen den Interessen der DDR-Bürger entsprochen, so haben die allerletzte Regierung und Volkskammer mit der darin tonangebenden reaktionären Mehrheit objektiv Konterrevolution betrieben, so in Gestalt von ‚Rechts’-Akten, die ausgerechnet am 17. Juni verabschiedet wurden: Die sozialistischen Grundsätze der DDR-Verfassung wurden aufgehoben und eine auf Privatisierung des Volkseigentums ausgerichtete Treuhandanstalt installiert. Solche politisch konterrevolutionären Akte erfüllten nach dem Recht der DDR den objektiven Straftatbestand des Hochverrats, weil sie objektiv darauf gerichtet waren, ‚die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der DDR zu beseitigen’ (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 StGB/DDR) ... Die DDR ist somit, nachdem sie von Gorbatschow und Schewardnadse verraten worden war, den Westmächten und der Bundesrepublik buchstäblich ‚zum Fraß vorgeworfen’ worden, was in der Form konterrevolutionärer hochverräterischer ‚Rechts’-Akte stattfand." [...]

Viele fragen sich noch immer – und damit doch noch einige Bemerkungen zu den Ursachen der Niederlage – wie es dazu kommen konnte und stimmen unter anderem darin überein, daß die Aufgabe der DDR seitens der Sowjetunion und der Verrat Gorbatschows eine entscheidende Rolle spielten. [...] Wahrlich, der einstmals hoch- und von vielen falsch eingeschätzte Michail Sergejewitsch Gorbatschow hat die vielen Ehrendoktorhüte, Orden und Millionen-Honorare wohl verdient. Ausschlaggebend aber war seine Rolle nicht. "Sind wir also einmal geschlagen", so schrieb Friedrich Engels vor mehr als anderthalb Jahrhunderten, "so haben wir nichts anderes zu tun, als wieder von vorn anzufangen ..., wenn man aber nach den Ursachen der Erfolge der Konterrevolution forscht, so erhält man von allen Seiten die bequeme Antwort, Herr X oder Bürger Y habe das Volk ‚verraten’. Diese Antwort mag zutreffen oder auch nicht ..., aber unter keinen Umständen erklärt sie auch nur das Geringste, ja sie macht nicht einmal verständlich, wie es kam, daß das ‚Volk’ sich derart verraten ließ." [...]