Beziehung Kuba – USA: Die einzige gute Nachricht ist, dass Trump weg ist
Justo Cruz, Berlin
Vor ein paar Tagen meldete die Tageszeitung »Los Angeles Times«, dass der neu gewählte US-Präsident Joe Biden beabsichtige, die Familienüberweisungen und die Reisen nach Kuba wieder aufzunehmen. Das ist die gute Nachricht.
Zugleich wird davor gewarnt, dass »andere Annäherungen, die während der Obama-Administration zwischen beiden Ländern erreicht wurden, nur langsam kommen und nicht sofort wiederhergestellt werden können.« Das ist die schlechte Nachricht.
Mir fällt auf, dass die Mainstream-Medien die Worte »Annäherung« und »Distanzierung« im Zusammenhang mit »Sanktionen« und »Restriktionen« immer wieder verwenden, als ob die Blockade von beiden Seiten ausginge.
Wann werden wir endlich verstehen, dass die US-Blockade gegen Kuba unilateral ist?
Vielen Kubanern reicht es nicht mehr festzustellen, wie oft die Generalversammlung, das höchste debattierende Gremium der Vereinten Nationen, mit überwältigender Mehrheit die Blockade ablehnt, die die Vereinigten Staaten seit mehr als sechs Jahrzehnten über Kuba verhängt haben. Wir fragen uns, welchen Sinn diese verabschiedeten Resolutionen zur Verurteilung der Blockade haben, wenn die Belagerung weiter geht und der UNO mit all ihren Kontroll- und Überwachungsorganen weiterhin die Hände gebunden sind.
Da es heutzutage gängig ist, sich auf die »Allgemeine Erklärung der Menschenrechte« zu beziehen, sei daran erinnert, dass es in Artikel 22 derselben heißt, ich zitiere: »Jeder Mensch hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und hat Anspruch darauf, dass die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, die für seine Würde und die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind, durch nationale Anstrengungen und internationale Zusammenarbeit und der Organisation und den Mitteln eines jeden Staates entsprechend verwirklicht werden«. Ende des Zitats.
Wie kann es möglich sein, dass im Ausland lebenden Kubanern/-innen das internationale humanitäre Recht vorenthalten wird, ihren Verwandten in Kuba zu helfen, besonders in dieser Zeit, in der die Insel, wie viele Länder der Welt, mit einer Gesundheitskrise konfrontiert ist, die sich in eine sozioökonomische Krise verwandelt hat, die größte Herausforderung für die Menschheit seit dem Zweiten Weltkrieg.
Wie kann es zugelassen werden, dass ein Volk weiterhin wirtschaftlich erstickt wird?
Im Jahr 2020 wandte die Administration von Donald Trump eine Reihe von Maßnahmen an, um die Lieferung von Treibstoff zu verhindern, indem sie internationale Schiffe, Reedereien und Versicherungsgesellschaften verfolgte und bedrohte. Sie verfolgen und blockieren weiterhin die Bank- und Finanzbeziehungen Kubas mit dem Rest der Welt, indem sie Familienüberweisungen an kubanische Bürger verbieten, die Erteilung von Visa drastisch reduzieren und die konsularischen Dienstleistungen einschränken, Maßnahmen, die eine direkte Auswirkung auf die Dynamik und die ökonomischen Bedingungen des Landes haben und den Kampf, den das kubanische Volk und der kubanische Staat gegen COVID-19 führen, jeden Tag schwerer machen.
Das »mächtigste Land der Welt«, der Verfechter der »Freiheit«, ist der größte Verletzer der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte«. Es verletzt die Grundrechte und Grundfreiheiten seiner eigenen Bürger, indem es ihnen verbietet, als Touristen nach Kuba zu reisen oder ihre Verwandten zu besuchen, Menschenrechte, die unveräußerlich sind und die für alle Menschen mit gleicher Würde und gleichen Rechten gelten sollten.
Die Vereinigten Staaten sind der größte Verletzer der internationalen Normen, die Toleranz und friedliche Koexistenz zwischen den Völkern garantieren sollten, um den Frieden und die internationale Sicherheit im gemeinsamen Interesse zu erhalten, um den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt aller Länder der Welt ohne Ausnahme zu fördern.
Seit Wochen wird nun spekuliert, ob die Biden-Administration einige der von Trump verhängten Restriktionen für Geschäfte und Reisen zwischen den USA und Kuba aufheben werde, und es ist sogar die Rede von der Wiederaufnahme diplomatischer Gespräche. Bisher ist jedoch nichts Konkretes passiert, was darauf hindeuten könnte, dass die USA ihre feindliche Politik gegenüber der Karibikinsel ändern würde.
In den letzten Monaten seiner Amtszeit hat der ehemalige Präsident Donald Trump zusätzliche Hindernisse geschaffen wie die Wiederaufnahme Kubas auf die Liste der »den Terrorismus fördernden Staaten«, was es schwierig macht, viele der aktuellen Einschränkungen rückgängig zu machen. Hinzu kommt der starke Widerstand im Kongress von Mitgliedern, die eine Verbesserung der Beziehungen zu Kuba auf der Basis von Respekt und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht ablehnen.
Auf der anderen Seite sollten wir uns daran erinnern, dass Joe Biden sich während seines Wahlkampfes nicht wesentlich von den feindseligen Positionen distanziert hat, die traditionell sowohl von demokratischen als auch von republikanischen Kandidaten eingenommen werden. In seinen Reden erklärte er bei wiederholten Anlässen, ich zitiere: »Kuba ist heute nicht näher an Freiheit und Demokratie als vor vier Jahren«, was für ihn die Notwendigkeit eines Politikwechsels bedeutet. Die Ziele bleiben die gleichen.
Joe Biden wird wahrscheinlich keine andere Wahl haben, als die Kuba-Frage weiterhin unter Berücksichtigung zweier grundlegender Aspekte zu behandeln: den widerspenstigsten Teil der kubanisch-amerikanischen Wählerschaft in Südflorida weiterhin zufrieden zu stellen und die geopolitischen Interessen der USA zu wahren, deren Hauptziel in Lateinamerika und der Karibik darin besteht, den Einfluss der Emanzipationsbewegungen einzudämmen.
Wenn der derzeitige Präsident und sein Kabinett wirklich an einer deutlichen Verbesserung der bilateralen Beziehungen interessiert sind, sollten sie als erstes alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel dazu einsetzen, um Kuba von der Liste der Staaten zu streichen, die Washington zufolge den Terrorismus fördern, auf alle drei Titel des Helms-Burton-Gesetzes zu verzichten und von Washingtons traditioneller Politik des »Regimewechsels« zum Sturz der Regierung in Havanna abzurücken.
Die USA sollten das Selbstbestimmungsrecht und die Souveränität des kubanischen Volkes respektieren. Im gegenseitigen Respekt liegt der Schlüssel zu einer deutlichen Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Ländern.
Wenn die neue US-Regierung wirklich an der Verbesserung der Lebensbedingungen des kubanischen Volkes interessiert ist, sollte sie alles tun, um die von Barack Obama verabschiedete »Präsidentiale Politische Richtlinie von 2016« mit dem Titel »Normalisierung Vereinigte Staaten – Kuba« umzusetzen. Das wäre ein bedeutsamer Anfang.
Der 46. Präsident der USA sollte verstehen, dass die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade gegen Kuba das Haupthindernis für eine gerechte und nachhaltige Entwicklung der kubanischen Gesellschaft und für einen Prozess der Normalisierung der bilateralen Beziehungen ist. Aber ich fürchte, dass er dazu nicht bereit sein wird.
Die internationale Gemeinschaft darf nicht die am 10. Dezember 1948 unterzeichnete Verpflichtung, »die Würde und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen auf dem Planeten zu bewahren«, vergessen, einschließlich der Menschenrechte aller Kubaner.
Also können wir im Augenblick nur sagen, dass die einzige gute Nachricht ist, dass Trump die Wahl verloren hat.
Übersetzung Klaus E. Lehmann. Der Beitrag erschien online am 23. März 2021 hier: www.netzwerk-cuba.de/2021/03/beziehung-kuba-usa-die-einzige-gute-nachricht-ist-dass-trump-weg-ist.
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