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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Aus: "So wird in den Abgrund gerannt"

Fidel Castro Ruz

Reflexion des Genossen Fidel vom 4. Januar 2012

Es ist nicht eine Frage des Optimismus oder Pessimismus, ob man elementare Dinge weiß oder sie ignoriert, für die Ereignisse verantwortlich ist oder nicht. Diejenigen, die beanspruchen, sich für Politiker zu halten, sollten auf den Müllplatz der Geschichte geworfen werden, da sie doch in der Regel in dieser Tätigkeit alles oder fast alles nicht beachten, was mit ihr im Zusammenhang steht. ...

Was ich beabsichtige, ist, mich an den jetzigen Ausgangspunkt unserer Gattung zu stellen, um vom Gang in den Abgrund zu sprechen. Ich könnte sogar von einem "unerbittlichen" Gang sprechen und wäre so der Wahrheit sicher näher. Die Idee eines abschließenden Gerichts am jüngsten Tag ist in den am meisten unter den Erdbewohnern verbreiteten religiösen Doktrinen enthalten, ohne dass irgendjemand diese deshalb als pessimistisch bezeichnet. Ich erachte es im Gegenteil als eine elementare Pflicht aller ernsthaften Personen bei vollem Verstand, die Millionen zählen, darum zu kämpfen, jenes dramatische und in der heutigen Welt so nahe Ereignis zu verschieben und vielleicht zu verhindern.

Zahlreiche Gefahren bedrohen uns, aber zwei von ihnen, der Atomkrieg und der Klimawandel, sind entscheidend, und beide sind immer mehr davon entfernt, einer Lösung zugeführt zu werden.

Das demagogische leere Gerede, die Erklärungen und Reden der von den Vereinigten Staaten und ihren mächtigen und bedingungslosen Verbündeten der Welt aufgezwungenen Tyrannei zu diesen beiden Themen erlauben keinerlei Zweifel hierüber.

Der erste Januar 2012, Neujahr der westlichen und christlichen Welt, fällt mit dem Jahrestag des Sieges der Revolution in Kuba zusammen und mit jenem Jahr, in dem 50 Jahre seit jener Raketenkrise im Oktober 1962 vergangen sein werden, die die Welt an den Rand des weltweiten Atomkriegs geführt hat, was mich zwingt, diese Zeilen zu verfassen. ...

Mit zunehmender Häufigkeit wird über Arten von Militärtechnik gesprochen, die dem gesamten Planeten schaden, dem einzigen bekannten bewohnbaren Satelliten in hundert Lichtjahren Entfernung von einem anderen, der vielleicht geeignet wäre, wenn wir uns mit Lichtgeschwindigkeit, d.h. dreihunderttausend Kilometer pro Sekunde, bewegen würden.

Wir dürfen nicht außer Acht lassen, dass für den Fall, dass unsere wunderbare denkende Gattung verschwinden sollte, viele Millionen Jahre vergehen würden, bevor erneut – kraft der wirkenden Naturgrundsätze, die aufgrund der Evolution der Arten wirken, wie 1859 von Darwin entdeckt wurde, und heute alle ernsthaften Wissenschaftler, Gläubige oder nicht, anerkennen – eine andere, zum Denken befähigte Gattung entstehen würde.

Keine andere Epoche der Menschengeschichte hat die Gefahren gekannt, denen jetzt die Menschheit begegnen muss. Solche Menschen wie ich, die schon 85 Jahre alt sind, waren schon 18 geworden und hatten das Abitur in der Hand, bevor die Fertigstellung der ersten Atombombe stattfand.

Heute zählen die zum Einsatz bereiten Artefakte dieser Art – die unvergleichlich mächtiger als jene sind, die die Hitze der Sonne über den Städten Hiroshima und Nagasaki erzeugt haben – tausende. ...

Denjenigen, die für gewöhnlich die ernsthaften internationalen Nachrichten und Analysen lesen, ist bekannt, wie die Risiken des Ausbruchs eines Krieges mit Verwendung von Atomwaffen in dem Maße zunehmen, wie die Spannungen im Nahen Osten ansteigen, wo sich in Händen der israelischen Regierung hunderte, vollkommen kampfbereite Atomwaffen anhäufen, in Händen eines Staates, dessen Charakter einer starken Atommacht weder zugegeben noch verneint wird. Ebenso nimmt die Spannung rund um Russland zu, einem Land von unbestreitbarer Reaktionsfähigkeit, das von einem angeblich europäischen atomaren Schutzschild bedroht ist.

Die US-amerikanische Behauptung, dass der europäische atomare Schutzschild dazu gedacht ist, auch Russland vor dem Iran und Nordkorea zu schützen, ist lächerlich. ...

Der Krieg ist jedoch eine Tragödie, die sich ereignen kann, und es ist sehr gut möglich, dass er stattfindet. Aber selbst, wenn die Menschheit in der Lage wäre, diesen auf unbestimmte Zeit zu verschieben, wäre da noch die andere, ebenso dramatische Angelegenheit, die schon mit zunehmendem Rhythmus vonstatten geht – der Klimawechsel. Ich werde mich darauf beschränken, aufzuzeigen, was eminente Wissenschaftler und Referenten von Weltbedeutung durch solche Dokumente und Filme erläutert und erklärt haben, die niemand anzweifelt.

Es ist gut bekannt, dass die US-Regierung sich den Umweltabkommen von Kyoto widersetzt hat, eine Verhaltensweise, die sie nicht einmal mit ihren nächsten Verbündeten abgestimmt hat, deren Gebiete äußerst stark leiden würden, und einige von denen, wie z. B. Holland, fast vollständig verschwinden würden. ...

In den letzten 12 Monaten hat sich jene Situation bedeutend verschlimmert, und zwar ausgehend von neuen technologischen Fortschritten, die, anstelle die durch die Verschwendung der fossilen Kraftstoffe erzeugte Tragödie zu vermindern, diese bedeutend verschlimmern.

Weltweit angesehene Wissenschaftler und Forscher hatten schon die dramatischen Folgen des Klimawechsels aufgezeigt. ...

Was mich zu der Verpflichtung, diese Zeilen zu schreiben, motivierte, ist nicht aus den bis jetzt berichteten Tatsachen hervorgegangen, die ich auf die eine oder andere Art schon früher kommentiert habe, sondern aus anderen, die gesteuert durch Interessen von transnationalen Unternehmen in den letzten Monaten nach und nach ans Licht gekommen sind und die meiner Meinung nach als definitiver Beweis für die Verwirrung und das politische Chaos gelten, das auf der Welt herrscht. Vor knapp einigen Monaten las ich zum ersten Mal einige Nachrichten über die Existenz von Schiefergas. ...

Der Nachrichtenagentur IPS zufolge hat der US-amerikanische Analytiker Daniel Yergin, Autor eines umfangreichen, als Klassiker angesehenen Buches über die Erdölgeschichte, behauptet, dass schon ein Drittel des gesamten in den Vereinigten Staaten erzeugten Gases Schiefergas sei.

"... der Betrieb einer Plattform mit sechs Bohrungen kann 170.000 Kubikmeter Wasser verbrauchen, oder sogar solche schädliche Auswirkungen verursachen, wie den Einfluss auf seismische Bewegungen, die Grundwasser- oder Oberflächenwasserverschmutzung, sowie Landschaftsschäden.” ...

"Um es aus dem Tonschiefer zu gewinnen” – zeigt IPS auf – "benutzt man eine Methode, die als 'fracking' (hydraulischer Bruch) bekannt ist, mit der Einspritzung großer Wassermengen plus Sand und chemischer Zusatzmittel. Die Kohlenstoffspur (an die Atmosphäre freigegebener Kohlendioxidanteil) ist viel größer als bei der Erzeugung des konventionellen Gases.

"Da es sich um die Bombardierung der Erdkruste mit Wasser und anderen Substanzen handelt, ist das Schadenrisiko für den Untergrund, den Boden, die Grundwasser- und Oberflächenwasserschichten, die Landschaft und die Verkehrswege größer, wenn die Einrichtungen für den Abbau und die Beförderung des neuen Reichtums Fehler oder Bedienungsfehler aufweisen."

Es reicht aufzuzeigen, dass sich unter den zahlreichen chemischen Substanzen, die zur Gewinnung dieses Gases gemeinsam mit dem Wasser eingespritzt werden, Benzol und Toluol befinden, die in hohem Grade krebserregend sind.

Die Sachverständige Lourdes Melgar aus der Technologischen Fachhochschule von Monterrey meint Folgendes:

"Die Schiefererzeugung ist sprunghaft von 11.037 Millionen Kubikmeter im Jahr 2000 auf 135.840 Millionen im Jahr 2010 gestiegen. Bei Beibehaltung dieses Expansionsrhythmus wird sie der EIA zufolge 45 Prozent des allgemeinen Gasbedarfs im Jahr 2035 decken.

Jüngste wissenschaftliche Forschungen haben warnend auf das negative Umweltprofil des Schiefergases hingewiesen.

Robert Howarth, Renee Santoro und Anthony Ingraffea, Akademiemitglieder der US-Universität von Cornell, haben in ihrer von der Zeitschrift Climatic Change im April letzten Jahres veröffentlichten Studie 'Methan und die Spuren von Treibhausgasen des aus den Schieferformationen gewonnenen Gases' geschlussfolgert, dass dieser Kohlenwasserstoff in höherem Maße Umwelt verschmutzend ist als Erdöl und -gas.

'Die kohlensäurehaltige Spur für jegliche Zeitspanne ist größer als die des konventionellen Gases oder Erdöls, aber vor allem für einen Zeitraum von 20 Jahren. Verglichen mit der Kohle ist jene mindestens 20 Prozent größer und vielleicht mehr als das Doppelte in 20 Jahren', betonte der Bericht."

"Das Methan ist eines der am meisten die Umwelt verschmutzenden Treibhausgase, die für die Temperaturerhöhung des Planeten verantwortlich sind."

"'In aktiven Fördergebieten (ein oder mehrere Schächte auf einen Kilometer) sind die durchschnittlichen und maximalen Methankonzentrationen in den Trinkwasserbrunnen gestiegen, je näher sie am nächsten Gasschacht gelegen waren und stellten eine potenzielle Explosionsgefahr dar', zitiert der von Stephen Osborn, Avner Vengosh, Nathaniel Warner und Robert Jackson von der staatlichen Universität von Duke geschriebene Text. Diese Kennziffern stellen das Argument der Industrie infrage, nach dem der Schiefer die Kohle bei der Energieerzeugung ersetzen könne, und deswegen eine Ressource sei, um die Klimaänderung zu lindern. 'Das ist ein zu vorzeitiges und gefährliches Abenteuer'." ...

Um über diese Themen zu sprechen habe ich gewartet, bis die Feiertage des alten und des neuen Jahres vorbei waren.

Quelle: fidelcastroarchiv.blogspot.com