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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Antisemitismus in der DDR - Eine Ausstellung und ihre Zwecke

Rolf Richter, Eberswalde

Vom 5. bis 26. Mai war in Eberswalde eine zuvor in Berlin gezeigte Ausstellung zu besichtigen, die den provozierend gemeinten Titel trägt: "Das hat’s bei uns nicht gegeben. Antisemitismus in der DDR". Zur Eberswalder Premiere hatten sich die Träger der Ausstellung eingefunden – Anetta Kahane und Heike Radvan von der Amadeu-Antonio-Stiftung, außerdem Schüler und Lehrerinnen des Eberswalder Projektteils (der die regionale Publizistik zum Libanon-Krieg 1982 betraf). Da die Stiftungsvertreterinnen einige ihrer Thesen in der Eröffnungsveranstaltung deutlicher als auf den Ausstellungstafeln selbst formulierten, wird über ihre Ausführungen noch zu reden sein.

Das Geschichtswissenschaftliche Institut Eberswalde hat nach der Ausstellungseröffnung einen Vortragsabend mit dem ausgewiesenen Faschismusforscher Prof. Kurt Pätzold veranstaltet, um auch eine andere Sicht auf dieses Thema zu ermöglichen. Sein Vortrag trug den Titel "Antisemitismus – mit oder ohne Fragezeichen" und betraf vor allem die Aktivitäten gegen Antisemitismus in der DDR. Ein Blick auf die Partner der Amadeu-Antonio-Stiftung, ihre Förderer und Sponsoren hilft, diese Institution in die politische Landschaft der Bundesrepublik einzuordnen. Publizistische Äußerungen seitens der Projektbetreiber und ihnen nahestehender Autoren, großenteils im Internet publiziert, ermöglichen einen Überblick über die Zielstellung der Ausstellungsmacher.

1. Antisemitismusforschung als Beitrag zur "Aufarbeitung der SED-Diktatur". Stiftungen und Sponsoren

Das Ausstellungsthema nimmt – mit dem Ziel der Delegitimierung der DDR insbesondere als antifaschistischer Staat – einen wichtigen Platz in Publizistik und universitärer Forschung ein. Dafür werden beträchtliche, wahrscheinlich sogar steigende Finanzmittel von staatlicher und privater Seite eingesetzt. Hier kann keine Übersicht über das Geflecht der damit befaßten Institutionen gegeben werden (das wäre eine wünschenswerte Arbeit). Ich beschränke mich anlaßbezogen auf Angaben zur genannten Ausstellung.

  • Amadeu-Antonio-Stiftung (Träger der Antisemitismus-Ausstellung). [Gegründet 1998. Startkapital stammt von Karl Konrad Graf von der Groeben und seiner Karl-und-Ria-von-der-Groeben-Stiftung. Als weitere Geldgeber werden u.a. genannt R. E. Breuer (Deutsche Bank), Freudenberg-Siftung Weinheim, J. Grabosch (Brainpool AG Köln), Gerda Koepff (Heinrich-Stoess-Stiftung Weinheim), G. Schulte-Hillen (Gruner + Jahr, Hamburg), GTZ Eschborn, Igel Media Berlin, Thomas Middelhoff (Bertelsmann AG, Gütersloh). Weitere Zuwendungen vom Bundesfamilienministerium über das 2001 begonnene Programm CIVITAS (Initiativ gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern) und von der Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg. Schirmherr der Stiftung W. Thierse. Dem Stiftungsrat gehören u.a. an Anetta Kahane (Vorsitz), das Ehepaar v. d. Groeben, R. Graf Strachwitz. Aufgabe der Stiftung war ursprünglich der Kampf gegen Rechtsextremismus vor allem unter der Jugend (daher Kooperation mit Schulen und Einrichtungen der Jugendarbeit). Seit 2003 nach eigenen Angaben "neue Aufgaben" bei CIVITAS u. "Fundraising" zur Absicherung weiterer Arbeit (offenbar nun integriert in das Netz zur "Aufarbeitung ..."). Die Stiftung ist nun an der Aufarbeitung der DDR-Geschichte beteiligt mit besonderem Schwerpunkt der Umdefinition des Antizionismus/Antiimperialismus in Antisemitismus als erstrangiges Mittel zur Zerstörung des antifaschistischen Nimbus der DDR. Die Stiftung verfügt allerdings nicht über dazu qualifizierte Kräfte und greift daher auf Partner zurück. Alle Informationen zur Stiftung siehe www.amadeu-antonio-stiftung.de, www.projekte-gegen-antisemitismus.de und die dortigen Links.]
  • Kooperation unter anderem mit Magazin Stern (Internetplattform www.mut-gegen-rechte-gewalt.de, auch von der Stiftung genutzt), für die laufende Ausstellung ferner mit der BStU ("Birthler-Behörde") und mit der
  • Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur [1998 gegründet als Drehscheibe zur universitären Forschung und als Geldquelle. Im Stiftungsrat (Vorsitz Markus Meckel) Vertreter der Bundestagsparteien (außer Linkspartei.PDS), unter den weiteren "besonders engagierten und qualifizierten" Mitgliedern M. Beleites (Sächs. Stasi-Unterlagenbeauftragter), Prof. H. Weber, Prof. M. Wilke, Vera Lengsfeld, Marianne Birthler, Th. Krüger (Präs. Bundeszentrale f. polit. Bildung), in den Fachbeiräten Dr. K. W. Fricke, Ulrike Poppe, Prof. P. Maser, Dr. H. Knabe, Prof. M. Sabrow. Informationen siehe www.stiftung-aufarbeitung.de.]


2. Publizistik zum Ausstellungsthema

Das Thema ist nicht neu. Es war fester Bestandteil der westdeutschen DDR-Forschung, der Anti-DDR-Publizistik und wurde nach 1990 vor allem im Interesse proisraelischer Kreise weitergeführt. Eine Übersicht über die seit etwa 1988 erschienenen Arbeiten zum Thema gibt Peter Ullrich [Ullrich, Peter, Nationaler Kommunismus nach Auschwitz - die DDR und die Jüdinnen und Juden. In: UTOPIE kreativ 2007, H. 199, S. 455 ff.]; dessen Literaturbericht mit dem verfälschenden Titel-Begriff "Nationaler Kommunismus" und dem anspruchsvollen Untertitel "Bilanzierungsversuch" trägt referierenden Charakter und akzeptiert die moderateren Versionen der Antisemitismusfälschung, ohne sich mit offensichtlichen Fehlern und Einseitigkeiten auseinanderzusetzen. Eine Diskussion der dort dargestellten DDR-feindlichen, Antisemitismus suggerierenden Positionen ist hier aus Raumgründen nicht möglich. Die dort referierte Position von Th. Haury (Universität Freiburg), der für die Stiftung arbeitet und agitiert, sei besonders erwähnt, weil er eine krude Konstruktion von 3 Kriterien vertritt (Personifizierung, Manichäismus, (Re-)Konstruktion identitärer Kollektive), die geeignet sei, Antisemitismus bei Neonazis und Kommunisten "nachzuweisen". [Haury, Thomas, Antisemitismus von links. Kommunistische Ideologie, Nationalismus und Antizionismus in der DDR. Hamburger Edition. 2002. – Personifizierung meint die Denunzierung persönlich Verantwortlicher für gesellschaftliche Gebrechen ("Die Juden"). Solches erkennt Vf. auch bei Linken (Die – jüdischen – Kapitalisten), wobei ihn nicht geniert, daß die marxistische Theorie (ökonomische und Klassenanalyse des Kapitalismus) gerade das Gegenteil von Personifizierung bedeutet.] Eine Sammelpublikation "Vor Antisemitismus ist man nur noch auf dem Monde sicher" mit dem erhellenden Untertitel "Antisemitismus und Antiamerikanismus in Deutschland" enthält Beiträge von Anetta Kahane und Heike Radvan [Vor Antisemitismus ist man nur noch auf dem Monde sicher (Hrsg. Zentrum für Demokratische Kultur der RAA Berlin), Leipzig 2004. Darin: Heike Radvan, Antisemitismus, Antizionismus und "verordneter Antifaschismus" in der DDR]. Eine kurze Internet-Publikation "Was ist Antisemitismus" mit Glossar-Charakter [Was ist Antisemitismus. www.projekte-gegen-antisemitismus.de.] gibt Definitionen aus Sicht der Ausstellungsmacher, wobei die spezielle Kreation "Antisemitisch konnotierter Antizionismus" (Antisemitismus nach Auschwitz) aus Sicht der Autoren geeignet ist, die Positionen der SED antisemitisch umzufärben ("Er beinhaltet oft eine geschichtsvergessene Verurteilung Israels und des Zionismus").

Für Gegenpositionen auf Teilgebieten sollen hier wenigstens genannt sein die Arbeit von Matthias Krauß über die Darstellung der Judenverfolgung im DDR-Literaturunterricht und "Quo vadis, Israel?", das Buch einer jüdischen Juristin über die Okkupationspolitik Israels, das die Kahane-Leute nach ihren "Kriterien" eigentlich als antisemitisch einstufen müßten [Krauß, Matthias: Völkermord statt Holocaust. Anderbeck 2007; Felicia Langer, Quo vadis, Israel?, Die neue Intifada der Palästinenser. Göttingen 2001]. Die Ausstellungsautoren selbst vertreten in öffentlichen Auftritten und Interviews unter anderem folgende Thesen: a) Die Erinnerung an die Opfer des Holocaust sei verdrängt, marginalisiert worden (Kahane: "...die schlimmste Form von Antisemitismus oder von Haß ist sozusagen, ein totales Tabu zu verhängen, und die Opfer vollkommen zu vergessen"); b) die marxistische Faschismustheorie mit ihrer Betonung des Ökonomischen vernachlässige die Bedeutung des Antisemitismus; c) das Verschweigen antisemitischer Vorfälle in der DDR sei (Teil-)Ursache des neofaschistischen Booms im Osten nach 1990 [Kahane, Anetta, Interview mit dem RBB, "Das Schlimmste ist Verschweigen", 2005 (www.projekte-gegen-antisemitismus.de), im übrigen siehe die von der Stiftung zusammengestellten Pressestimmen, a.a.O.]. Als Zielstellung für die Ausstellung formuliert ein Internet-Aufsatz der Stiftung: "eine Legende zu widerlegen ... die Legende von einer antifaschistischen DDR, frei von Rechtsextremismus und Antisemitismus" [Schwab, J. u. Sarah Radtke, Die Mauer des Schweigens durchbrechen. www.amadeu-antonio-stiftung.de]. Auch die Versuche, Antizionismus in der DDR-Politik in Antisemitismus umzufälschen, zielen natürlich auf deren antifaschistischen Charakter.

3. Die Ausstellung

Zu Beginn der Projektarbeit warb Frau Radvan [Die beiden Protagonistinnen der Stiftung, Anetta Kahane, die Vorsitzende des Stiftungsrates und Heike Radvan als Projektverantwortliche, sind keine ausgebildeten Historikerinnen. Frau Radvan hat an der Alice-Salomon-Fachhochschule Berlin Sozialarbeit und Sozialpädagogik studiert und bezieht seit 2004 von dieser Einrichtung ein Promotionsstipendium für ein Dissertationsprojekt an der Freien Universität Berlin zu Jugendarbeit und Antisemitismus (www.hsu-hh.de/systpaed/index)] mit einer Themenliste um Mitarbeit, die sich nicht vollständig in der Ausstellung wiederfindet. Beabsichtigt war danach, folgendes Thema als eine Art Leitmotiv zu verwenden: "Jüdische Emigranten kehren zurück; hier sollen Biografien von Juden vorgestellt werden, die in die DDR zurückkehrten; [...] ihre Rolle in der SBZ bzw. der DDR und Funktionen, die von ihnen übernommen wurden. Die vorgestellten Personen werden fortlaufend in den einzelnen thematischen Tafeln wieder aufgerufen." Außerdem war das Thema "Stalinistische Prozesse und ihre Auswirkungen in der DDR" vorgesehen. Beide Punkte  wurden nicht verwirklicht, vielleicht, weil sie sich nicht als genügend zielführend erwiesen. Die Konzeption der Ausstellung hat sich offenbar während der Projektarbeit verändert.

Die nun angebotene Ausstellung besteht im wesentlichen aus folgenden inhaltlichen Komplexen:

  1. Chronologisch geordnete Auswahl antisemitischer und neofaschistischer Vorfälle in der SBZ/DDR zwischen 1946 und 1989; je ein detailliert dargestelltes Beispiel für eine Auflassung (Hagenow), Verlegung (Neubrandenburg) bzw. mehrfache Schändung (Rostock) jüdischer Friedhöfe in der DDR; ein Beispiel für antisemitische Äußerungen von POS-Schülern (Rostock 1977, 1980); einige krasse Fälle neofaschistischer und antisemitischer Aktivitäten und Organisationsversuche (Stralsund 1988, Wolgast und Ahlbeck, Sept. 1989) nach den Akten des MfS, einschließlich der Tätigkeit der Untersuchungsorgane sorgfältig und sachlich beschrieben.
  2. Darstellung der Gedenkkultur speziell für die jüdischen Opfer des Faschismus. Beispiele: KZ-Außenlager Retzow, Außenlager Jamlitz bei Lieberose, hier mit dem Vorwurf, die jüdische Identität der Ermordeten sei nicht gekennzeichnet worden und der Umgang mit den Gräbern bzw. Gebeinen pietätlos gewesen. Schwerer wiegt der Versuch, die Entnahme von Zähnen und Zahnprothesen durch die Untersuchungsbehörden mit dem Vorgehen der deutschen Faschisten in Parallele zu setzten, wie die Überschrift der Tafel "Zahngold" deutlich macht.
  3. Auf mehreren Tafeln wird die Politik der DDR im Nahostkonflikt, ihre Unterstützung der arabischen Staaten und der Palästinenser und die Widerspiegelung dieser Haltung in der DDR-Presse dargestellt. Hier wird ernsthaft versucht, der DDR-Politik Antisemitismus zu unterstellen, indem Antizionismus in verkappten Antisemitismus umgefälscht wird. Die Allianz Israels mit den Westmächten wird nicht als ein Kausalfaktor der weiteren Entwicklung benannt und schon gar nicht die Suezaggression Israels 1956 nach der Nationalisierung des Suezkanals, die die Haltung der sozialistischen Länder für lange Zeit mitbestimmt hat.
  4. Ein weiterer Komplex befaßt sich mit dem Verhältnis der Staats- und Parteiführung zu den jüdischen Gemeinden in der DDR und der Politik gegenüber Israel in den achtziger Jahren. Erwähnt werden die "Konzeption zur weiteren Unterstützung der Tätigkeit der jüdischen Gemeinden in der DDR" (1981) und deren "vielfältige Förderung", republikweites Gedenken an den 50. Jahrestag der Pogromnacht, Wiederaufbau der Berliner Synagoge, Centrum Judaicum, Kontaktsuche zu Israel – alles unter dem ausschließlichen Vorzeichen politischer Opportunität und ökonomischer Interessen (die es sicher gegeben hat). Aber der historische Kontext wird völlig ausgeblendet. Ende des Vietnamkrieges, Entspannungspolitik, Moskauer Abkommen, Grundlagenvertrag, Anerkennung der DDR, UNO-Mitgliedschaft, Kampf gegen die Raketenstationierung: kein Wort. Auch das veränderte Verhältnis zur "Kirche in der DDR" – völlig irrelevant für die Beziehungen zu den jüdischen Gemeinden? Die Darstellungen sind über weite Strecken ahistorisch. Völlig offen bleibt in der Ausstellung, was die Schule in der DDR gegen Antisemitismus geleistet hat. Da gab es nicht viel, behaupten die Autoren, aber sie belegen es nicht.


Um zusammenzufassen: Der Begriff Antisemitismus wurde unkritisch über alles gestülpt, was sich finden ließ, ob es nun paßt, ob es beweisbar ist oder nicht. Bezeichnung "Blitzkrieg" für den Sechstagekrieg (mittlerweile so etwas wie ein militärstrategischer Fachbegriff) – Beleg für Antisemitismus. Ein Vergleich von Dayan im Sechstagekrieg mit Aggressor Hitler – Antisemitismus, mindestens Verharmlosung des Holocaust. Die historisch wenig beschlagenen Autorinnen wissen wahrscheinlich nicht einmal, daß dieser Vergleich 1956 von den Briten ausgiebig für den ägyptischen Staatschef benutzt wurde (Nasser, der Hitler am Nil)! Daß Saddam Hussein mit dem gleichen Etikett gestraft wurde, sollten sie aber wissen – doch das wird nicht erwähnt.

Nicht nur Lüge und Verdrehung ist Fälschung. Weglassen wichtiger Zusammenhänge kann sogar die erfolgreichere, weil unauffälligere Fälschungsmethode sein. Vergleiche mit dem anderen deutschen Staat in Sachen Antisemitismus fehlen, weil nicht zum Thema gehörig. Erwähnung der vielfältigen Bemühungen in der DDR um Aufklärung über die Naziverbrechen, darunter die gegen die Juden gerichteten – keine Spur. Da hätte man ja interpretatorische Schwierigkeiten bekommen. Kurt Pätzold hat das in seinem Vortrag wenigstens für Film und Literatur der DDR geleistet. Ein letztes Beispiel für ein solches soft falsifying: die Frage der Entschädigung gegenüber Israel. Die Hallstein-Doktrin besagte ja nicht nur, daß die Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik verweigert wurde. Jeder Staat, der die DDR anerkannte, war mit Entzug aller ökonomischen Hilfen und dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen bedroht. Also hätte Israel die DDR auch dann nicht anerkannt, wenn die Israelis das gewollt hätten. Anerkennungen beruhen aber international stets auf Gegenseitigkeit, und ein Eingehen auf Entschädigungszahlungen ohne staatliche Anerkennung ist kaum denkbar (von allen weiteren politischen Umständen und der sehr komplizierten Entschädigungsfrage bei Juden, die Angehörige verschiedener Staaten waren, ganz abgesehen). Also läßt man eins, zwei diese komplizierten historischen Details weg, und schon kann man der DDR Verweigerung der Entschädigung aus antisemitischen Motiven unterschieben.

Es sei nochmals betont, daß der erste Komplex, der Nachweis der antisemitischen Vorkommnisse in der DDR, über die hierzulande geschwiegen wurde, verdienstvoll ist. Was auch das Motiv für dieses Schweigen war, Sorge um die außenpolitische Wirkung im Kalten Krieg oder vor einem Nachahmungseffekt, sprechen müssen wir wenigstens heute darüber. Kurt Pätzold beurteilte dieses Verschweigen als schweren Fehler. Ich bin nicht sicher, ob eine breite öffentliche Diskussion solcher Vorfälle gegen den antisemitischen Ungeist mehr bewirkt hätte als der Verfolgungsdruck. Keinesfalls pflichte ich Frau Kahane bei, die darin eine wesentliche Ursache der neofaschistischen "Explosion" der Jahre 1990/92 sieht. Wichtiger scheint mir zu sein, was ganz nebenbei auf den Tafeln zu lesen ist, daß bei antisemitischen Straftaten in der DDR intensiv ermittelt wurde, und daß noch nach DDR-Recht verurteilte Neonazis "aus rechtsstaatlichen Gründen" 1990 umgehend freikamen und einstweilen ohne jeglichen Verfolgungsdruck blieben.                            25. 5. 2007

Die Vernichtung der Juden durch den Hitler-Faschismus war Schulstoff in der DDR. Ein Beweis: Matthias Krauß: Völkermord statt Holocaust. Jude und Judenbild im Literaturunterricht der DDR. Anderbeck Verlag, Leipzig 2007. 203 S., br., 14,80 EUR.