Als Steigbügelhalter stehen wir als LINKE nicht zur Verfügung
Sabine Wils, Hamburg
Grußwort auf der Bundeskonferenz der KPF am 7. Dezember 2013
Liebe Genossinnen und Genossen! Ich möchte Euch die herzlichen Grüße der Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb & Gewerkschaft überbringen. Wir sind seit Jahren in enger Kooperation mit Euch tätig, sei es bei der Frage der Rechte der Zusammenschlüsse oder bei der programmatischen Positionierung unserer Partei.
Ich möchte aus linker gewerkschaftspolitischer Sicht etwas zu den Koalitionsvereinbarungen sagen und mich auf drei Themen konzentrieren:
Erstens: In Südeuropa hilft die SPD wie schon bei ihrer Zustimmung zum Fiskalpakt 2012 jetzt mit, dass Renten und Löhne gekürzt werden, Personal im öffentlichen Sektor abgebaut wird und sich das soziale Elend weiter ausbreitet.
Der Koalitionsvertrag kündigt die Fortsetzung dieses Kurses an. Für die SPD ist das der Weg zu einem sozialen Europa, für uns ist das ein Skandal! Wenn wir an Hunger, Leben auf der Straße, Verweigerung der lebensnotwendigen Medikamente oder an die vielen Selbstmorde aus Verzweiflung in Südeuropa denken, so können wir sagen: Dieses System tötet!
Zweitens: Der Mindestlohn. Für diese Vereinbarung muss sich die SPD schämen, wenn man die Vereinbarung mit den Mindestlöhnen in den europäischen Nachbarländern vergleicht. In Deutschland soll es erst einmal diverse Ausnahmeregelungen geben, bis dann gegen 2017 acht Euro fünfzig verbindlich sein sollen. Also in vier Jahren!
Es wäre gut, wenn auch einige Gewerkschaftsvorstände hier einmal deutliche Kritik üben würden! Wir hatten schon vor vier Jahren gesagt, dass 10 Euro notwendig wären, um nicht nach einem jahrzehntelangen Arbeitsleben auf die Mindestsicherung angewiesen zu sein. Wir bleiben dabei, dass am Ende der Legislaturperiode 12 Euro gefordert sind. Gleichzeitig zeigt die Frage des Mindestlohns, dass mit dem Engagement von Gewerkschaften und sozialen Initiativen Forderungen Mehrheiten finden, sodass die Herrschenden daran nicht komplett vorbeikommen können.
Drittens: Die Rente. Die leichten Korrekturen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die bisherige Rentenformel mit allen ihren schädlichen Kürzungsfaktoren bleibt, und dadurch das Rentenniveau weiter sinken wird. Union und SPD sorgen also nicht nur für Altersarmut in Athen, sondern auch im eigenen Land!
Liebe Genossinnen und Genossen! Es bleibt einem das Wort im Halse stecken, wenn man liest, was Frank Walter Steinmeier (SPD) am 19. November 2013 auf dem Arbeitgebertag erklärte, welche Verdienste sich die SPD im Interesse des Kapitals erworben hat. Ich zitiere: „Und ich sage jetzt ohne Larmoyanz, und die Entscheidungen liegen ja zehn Jahre hinter uns, aber wenn Sie sich in gerechter Weise zurückerinnern, dann hat es eigentlich die entscheidenden Steuersenkungen – und zwar in einem Volumen von 60 Milliarden Euro – unter einer sozialdemokratischen Regierung gegeben. Mit der Senkung des Spitzensteuersatzes, mit der Senkung des Eingangssteuersatzes, mit der Senkung der Unternehmenssteuern. Sie haben bis dahin Ihre Kapitalzinsen nach dem Einkommenssteuergesetz bezahlt, und seit der Zeit nur noch für die Hälfte ungefähr versteuert nach dem Abgeltungssteuergesetz. Das war damals immerhin sozialdemokratische Steuerpolitik und ich finde bis heute ist das nicht ganz schlecht.“ Anschließend lobt er den Beitrag der SPD an dem Zustandekommen der Hartz-Gesetze.
Im Koalitionsvertrag einigen sich SPD und CDU auf die Durchsetzung des Freihandelsabkommens mit den USA. Dieses Abkommen wird unter anderem einen weiteren Schub des Lohn- und Sozialdumpings sowie der Altersarmut bringen. Die Schaffung von Klagemöglichkeiten privater Konzerne gegen Staaten soll die marktkonforme Demokratie schaffen.
Bei alldem sage ich zur vorgeblichen Öffnung der SPD zur Linkspartei, verbunden mit dem Hinweis, dass wir uns bewegen müssten: Als Steigbügelhalter für die Politik der Agenda 2010 und 2020 stehen wir als LINKE nicht zur Verfügung. Aber SPD und Grüne sind gerne aufgefordert, der Agenda abzuschwören und den sozialen Werbeslogans die politische Praxis folgen zu lassen. Aber dazu sind sie wohl noch nicht reif genug!
Vielmehr müssen wir gemeinsam mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und Initiativen gegen diese Politik Widerstand organisieren, so wie es unsere Genossinnen und Genossen in Griechenland, Spanien, Portugal und anderswo eindrucksvoll tun. Vielen Dank!