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Kommunistische Plattform der Partei DIE LINKE

Vorschlag für eine Neufassung der Präambel zum Bundestagswahlprogramm

Unterbreitet vom Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform

Die aktuelle gesellschaftliche Situation verlangt geradezu danach, dass DIE LINKE im kommenden Bundestag wieder mit einer starken Fraktion vertreten sein wird. Wer, wenn nicht wir, stünde in der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise noch auf der Seite der Erniedrigten und Beleidigten gegen die Ausbeutung der Mehrheit durch eine verantwortungslose, dekadente Minderheit. Wer außer uns verträte im Bundestag angesichts des Bürgerkriegs in Syrien und der Patriot-Raketenstationierung in der Türkei, angesichts des Militäreinsatzes in Mali und der Kriegsdrohungen gegen den Iran noch konsequente friedenspolitische Positionen? Besonders diese programmatischen Positionen sind den Herrschenden, den Protagonisten in den etablierten Parteien sowie den maßgeblichen Medien ein Dorn im Auge. Sie dichten uns mangelnde Politikfähigkeit an und versuchen aus Entwicklungsproblemen einer in ihrer jetzigen Gestalt jungen Partei unser Scheitern zu machen. Wir werden in einem engagierten Wahlkampf unsere Politik- und Mobilisierungsfähigkeit unter Beweis stellen.

In diesem Land diktiert eine kleine Minderheit der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen. Im Mittelpunkt einer die Kapitalverwertungsbedingungen stetig optimierenden Politik steht nicht der Mensch, sondern der Profit. Wer Hartz IV durchsetzt und verteidigt, auch, indem er sich nicht davon distanziert, wer laufende und zukünftige Kriege führt und legitimiert, und sei es mit der Behauptung, sie dienten Menschenrechten, wer die großen Banken mit dem Verweis auf ihre Systemrelevanz schützen will und somit deren Profite - wer das und anderes vertritt, was allein den Interessen einer Minderheit dient, steht gegen das Interesse der Mehrheit und gegen die allgemeine Wohlfahrt. DIE LINKE wird nicht zum politischen Establishment gezählt und will auch nicht dazu gehören. Gerade deshalb stehen wir nicht allein gegen alle, sondern befinden uns als glaubwürdige Oppositionskraft im Einklang mit den wesentlichen Interessen der Bevölkerungsmehrheit.

Wir fordern: Die Menschen dürfen nicht mehr länger die Zeche für unvorstellbare Spekulationen im kapitalistischen Kasino zahlen. Der Finanzmafia müssen zumindest die Flügel gestutzt werden; das Prinzip, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren, darf nicht länger eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit bleiben. Hartz IV muss weg, eine Millionärssteuer muss her. Leiharbeit gehört verboten. Gesundheit darf keine Ware sein, Wohnungen kein Luxusgut. Bildungsschranken müssen eingerissen und nicht verfestigt werden. Mit dem Demokratieabbau muss Schluss sein. Deutsche Soldaten sind von überall her zurückzuholen, wo sie in imperialistische Kriegsabenteuer oder deren Vorbereitung involviert sind. Waffenexporte sind zu verbieten.

Von den in den Parlamenten vertretenen Parteien verteidigt nur DIE LINKE ernsthaft die noch verbliebenen sozialen Leistungen des Staates gegen wachsende Angriffe und fordert deren Ausbau. Nur wir stehen für eine Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Wohnungspolitik, deren Wesensmerkmal das Ringen um ein schon heute menschenwürdiges Leben ist. Wir wollen die seit Einführung der Hartz-Gesetze 2004/2005 besonders intensive Ausweitung des Niedriglohnsektors ebenso zurückdrängen, wie das staatlich unterstützte, komplett parasitäre Agieren des Finanzkapitals. Einem beträchtlichen Teil der Bürgerinnen und Bürger nimmt diese kapitalfreundliche Politik die Möglichkeit, einigermaßen gut zu leben und der übergroßen Mehrheit aus nachvollziehbaren Gründen die Überzeugung, auch morgen noch sozial erträglich existieren und eine gesicherte Perspektive für Kinder und Enkel gewährleisten zu können. Nur relativ wenige sind es, die in der aktuellen Krisenstimmung nicht Angst vor sozialer Ausgrenzung und Armut haben müssen. Und immer mehr Menschen werden zu »Sozialfällen«, weil die Krise auf die ganze Gesellschaft durchschlägt. Gegen diese, das Gemeinwesen zerstörenden Entwicklungen wollen wir entschiedenen Widerstand leisten. Wir wehren uns gegen ein von zunehmender Entsolidarisierung geprägtes Europa, in dem - nicht zuletzt durch die deutsche Bundesregierung - den Krisenstaaten eine Politik der Lohnkürzungen und des rabiaten Sozialabbaus aufgezwungen wird.

Gerade in Anbetracht der sich täglich erweiternden und vertiefenden Krise und der zunehmenden Gefahr für den Weltfrieden wächst die Anzahl der Menschen, die sich sozialen Verwerfungen ebenso ausgeliefert fühlen wie einer düsteren Perspektive. Gerade in Zeiten sozialer Polarisierungen wachsen die Chancen rechter Demagogen, vor allem jener, die scheinbar zur sogenannten Mitte der Gesellschaft zählen und - elitär rassistisch - millionenfach ihre »Besorgnisse« darüber verbreiten, dass Deutschland sich durch demagogisch als »Überfremdung« bezeichnete Entwicklungen abschaffen könnte. Die soziale Situation ist - nicht ausschließlich, aber vor allen anderen begünstigenden Ursachen - Nährboden für nationalistische und rassistische Stimmungen und ebenso für Sozialchauvinismus. Und diese Stimmungen setzen faschistische kriminelle Energie frei, wie die über zehn Jahre verübten Verbrechen der NSU-Mörderbande es grausam belegen.

Wir fühlen uns zur politischen Auseinandersetzung mit den damaligen wie heutigen Wurzeln des Faschismus verpflichtet. Wir widersetzen uns jeder Form des Antisemitismus, der Islamfeindlichkeit und des Antiziganismus. Im Sinne des Potsdamer Abkommens und gemäß Artikel 139 des Grundgesetzes fordern wir das Verbot der NPD mitsamt ihren Gliederungen, Neben- und Nachfolgeorganisationen sowie aller anderen Naziorganisationen. Im Wahlkampf verstärken wir unsere antifaschistischen und antirassistischen Aktivitäten, nicht zuletzt durch Mitarbeit in Bündnissen. Unsere Solidarität gehört Migrantinnen und Migranten, Asylbewerbern und Flüchtlingen, die nicht nur Nazis als Sündenböcke dienen. Wo immer es möglich ist, decken wir die Zusammenhänge von Krise, Sozialchauvinismus und Rassismus auf. DIE LINKE wird sich im Wahlkampf und darüber hinaus gerade in dieser Frage prinzipiell vom Zeitgeist absetzen.

DIE LINKE will Menschen Mut machen, sich zu wehren. Betroffene werden im Wahlkampf zu Wort kommen und die Auswirkungen der sozialen Angriffe auf Menschen in ihrer Vielfalt sichtbar machen: Der durch Hartz IV Ausgegrenzte. Der Arbeiter bei Opel, der Angst hat seinen Job zu verlieren. Die ehemalige Verkäuferin bei Schlecker. Die in Altersarmut lebende Rentnerin. Der Migrant ohne Schulabschluss. Der Student mit Nebenjob, die Alleinerziehende, die keinen Kita-Platz findet. Der Selbstständige, der sich mehr schlecht als recht von Projektauftrag zu Projektauftrag hangelt oder der Kreuzberger WG-Bewohner, dem die Miete verdoppelt wurde. Nur wenn mehr Menschen spüren, dass sie nicht allein sind und eine Perspektive für Widerstand erkennen, werden auch außerparlamentarische Aktivitäten zunehmen und erfolgreicher sein. Nicht nur eine starke, linke Fraktion im Parlament, sondern vor allem auch Widerstand auf der Straße und in den Betrieben, ist die unerlässliche Voraussetzung dafür, dass dieses Land sozialer und friedlicher wird.

Im Sinne unseres Parteiprogramms bekräftigen wir, dass Veränderung mit Opposition beginnt und unser verstärktes Engagement in außerparlamentarischen Bewegungen erfordert. Wir werden einen Wahlkampf führen, der vielen Menschen Identifikationsmöglichkeiten bietet. Wir wollen sowohl durch unsere Inhalte als auch durch unser Auftreten ausstrahlen, dass es sich lohnt, zu kämpfen und dass wir gemeinsam stark sein können.

Der Vorschlag wurde dem Parteivorstand für seine Beratung am 9. und 10. Februar 2013 übermittelt.