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Kommunistische Plattform der Partei DIE LINKE

Überlegungen nach einer Parteivorstandssitzung

Von Ellen Brombacher, Berlin

Am 4. März 2013 informierte das ND unter der Überschrift »Gedenktafel oder Provokation? LINKE will am Karl-Liebknecht-Haus dauerhaft der Opfer des Stalinismus gedenken« darüber, dass sich am selben Tag der Geschäftsführende Parteivorstand mit dem Anliegen eines Arbeitskreises der Berliner VVN-BdA beschäftigen würde, eine entsprechende Gedenktafel am Haus des Parteivorstandes anzubringen. Am 5. März 2013 schrieb das ND: »LINKE-Spitze einhellig für Gedenken an Opfer des Stalinismus«. Vierzehn Tage später wurde in der gleichen Zeitung über Kritik am Beschluss des Geschäftsführenden Parteivorstands berichtet. Das Gedenken an die unter Stalin in der Sowjetunion verfolgten und deportierten Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten, von denen viele ermordet wurden, fände ungeteilte Zustimmung. Kritik würde aber an dem Ort des Gedenkens geübt. Das ND wörtlich: »Dieser [der Ort] werde ›in Zweifel gezogen‹, erklärte etwa der Ältestenrat der LINKEN, dessen Vorsitzender … Hans Modrow ist …. Die Realisierung sollte demnach bis zur Bundestagswahl ausgesetzt und dann ›in breiter Meinungsbildung‹ die Entscheidung über den Ort geprüft werden«. Ähnlich, so das ND weiter, hätte sich der Bundessprecherrat der Kommunistischen Plattform … in einem offenen Brief an den Vorstand und den Bundesausschuss geäußert. Die Sprecher kritisierten einen ›Mangel an demokratischer Entscheidungsfindung‹. Der Beschluss sei auf Initiative eines Arbeitskreises bei der Berliner VVN-BdA gefasst worden. Namhafte Mitglieder auf Bundesebene der Organisation hätten dagegen ihre Schwierigkeiten mit dem vorgesehenen Ort. »Die Kommunistische Plattform«, so das ND, »brachte ins Gespräch, die Gedenktafel auf dem Friedhof der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde zu platzieren. Über den Ort sollten nach der Bundestagswahl sowohl die Berliner Parteibasis als auch der Bundesvorstand der VVN-BdA befragt werden«.

Zunächst einmal sei der Redlichkeit halber darauf verwiesen, dass der Vorschlag, die Gedenktafel auf dem Friedrichsfelder Friedhof zu platzieren, nicht originär einer der KPF war. Vielmehr hatten wir - noch vor der Installierung des »Steins des Anstoßes« im Jahr 2006 auf dem Friedhof der Sozialisten - den Vorschlag der Genossen Heinrich Fink und Andrej Reder unterstützt, stattdessen im Friedhofsrondell eine Gedenktafel mit Namen der unter Stalin in der Sowjetunion ermordeten Kommunistinnen und Kommunisten, Antifaschistinnen und Antifaschisten anzubringen. Niemand hat sich damals für diesen Vorschlag auch nur interessiert. Der Gedenkstein mit der Aufschrift »Den Opfern des Stalinismus« sollte unbedingt an diesen Ort. Eine Aufschrift, die jedem jegliche Interpretation ermöglicht. Wozu zum Beispiel zählen abgeurteilte faschistische Kriegsverbrecher, wenn dies in Verantwortung der sowjetischen Besatzungsmacht geschah? Der Gedenkstein wurde errichtet - trotz Denkmalschutz. Dies sei hier bemerkt, weil eines der Argumente gegen den Friedrichsfelder Friedhof als Ort der Anbringung der vom Arbeitskreis der Berliner VVN-BdA vorgeschlagenen Gedenktafel darin besteht, dass der Friedhof denkmalgeschützt sei.

Zurück zu den Geschehnissen dieses Jahres. Gemeinsam mit sieben Mitgliedern des Bundesvorstandes der LINKEN - darunter zwei stellvertretende Vorsitzende - brachte Hans Modrow eine Vorlage für die Sitzung des Parteivorstandes am 8. Juni 2013 ein, in der der Friedrichsfelder Friedhof als Ort für die Installierung der Gedenktafel vorgeschlagen wird. Des Weiteren heißt es im Beschlussentwurf: »Im Karl-Liebknecht-Haus wird durch eine dauerhafte Ausstellung an Genossinnen und Genossen erinnert, die in diesem Haus gearbeitet haben. Unter ihnen sind auch wichtige Persönlichkeiten, die in der Sowjetunion ermordet wurden. Eine solche Ausstellung kann a) historisch konkret gestaltet werden und hat b) einen aufklärerischen Charakter. Sie informiert und erweckt nicht den Eindruck, der Totalitarismus-Ideologie das Wort zu reden.« Hier sei etwas vorweggenommen: Auf der Vorstandssitzung vom 18. Oktober 2013, auf der die anderen von Hans Modrow initiierten Vorschläge mit großer Mehrheit abgelehnt wurden, wurde der eben zitierte Text angenommen - bei (warum eigentlich?) Streichung des letzten Satzes. Wir bitten hiermit all jene Genossinnen und Genossen, die Zeitzeugen sind, alsbald darum, uns ihre Vorschläge zu schicken, an welche Genossinnen und Genossen in dieser Ausstellung erinnert werden sollte. Dies ist unsere ureigene Sache als Kommunistinnen und Kommunisten in der LINKEN.

Doch zurück zur Chronologie der Ereignisse. Am 8. Juni 2013 beschloss der Parteivorstand, die Modrow-Vorlage nicht vor den Bundestagswahlen zu behandeln und somit auch den Beschluss des Geschäftsführenden Vorstandes vom 4. März 2013 zunächst nicht zu realisieren. Das war besonders in Anbetracht des laufenden Wahlkampfes notwendig und richtig. Zwischen März und Juni hatten sich verschiedene Genossinnen und Genossen, darunter Andrej Reder und Hanna Tomkins, selbst von den Stalinschen Repressionen betroffen, an den Parteivorstand gewandt. Wir haben diese Stellungnahmen wie auch unseren diesbezüglich zweiten Brief an den Parteivorstand vom 17. Mai 2013 in den Mitteilungen dokumentiert.

Wie bereits erwähnt, wurde am 18. Oktober 2013 die Vorlage von Hans Modrow und anderen behandelt und abgelehnt. Zugleich wurde der Vorschlag unterbreitet, den GPV-Beschluss vom 4. März 2013 in einen Vorstandsbeschluss umzuwandeln. Dies geschah mit großer Mehrheit. Dem war eine annähernd dreistündige Diskussion vorausgegangen, an der sich auch die Gäste, darunter seitens der KPF Heinz Karl und ich, beteiligten. Es ist mir ein besonderes Bedürfnis zu sagen, dass die Lebensberichte der Betroffenen mich tief bewegt haben, für welche Entscheidung sie auch plädierten. Und da gab es eben keine Einhelligkeit. Wir werden nun erleben, welche Debatten innerhalb und außerhalb der Partei auf uns zukommen. In der Diskussion war auch das Argument zu hören, es könne uns egal sein, wie die bürgerlichen Medien reagieren. Ich habe Vergleichbares nicht gehört, als Gesine Lötzsch für die Auslösung der sogenannten Kommunismus-Debatte vom Mainstream angegriffen wurde. Das nur am Rande. Bleibt abschließend festzustellen: Die Vorschläge des Ältestenrates, der KPF und weiterer Genossinnen und Genossen, in »breiter Meinungsbildung« die Entscheidung über den Ort zu prüfen, ist ohne jegliche Berücksichtigung geblieben, obwohl alle sich darüber bewusst sind, dass Geschichtsfragen in der LINKEN äußerst sensible sind. Doch so wichtig der Umgang mit der Vergangenheit auch ist und bleibt - entscheidend ist die Zukunftsgestaltung. Entscheidend ist, dass die LINKE ohne Wenn und Aber bei Ihren friedenspolitischen Grundsätzen bleibt. Es mehren sich die Stimmen aus SPD und Grünen, die über ein Regierungsbündnis mit der LINKEN fabulieren, wenn diese bis 2017 genau diese Grundsätze über Bord werfen würde. Tun wir gemeinsam alles dafür, dass das nicht geschieht. In unserer Partei!