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Kommunistische Plattform der Partei Die Linke

Sahras Mitgliedschaft ruht

Erklärung des Bundessprecherrates der Kommunistischen Plattform der Partei DIE LINKE

 

I.

Unsere Partei steht an einem existentiellen Scheidepunkt ihrer weiteren Entwicklung.

Wird sie – wie es ungezählte Wählerinnen und Wähler ausgehend von unseren Wahlversprechen von ihr erwarten – weiterhin für ein Ende von Hartz IV und der Privatisierung der Renten stehen? Wird sie für Mindestlöhne einstehen, für die Ausweitung öffentlicher Beschäftigung und wird sie – bei klarer Forderung nach einem Systemwechsel – hier und jetzt für eine radikale Umverteilung von oben nach unten und gegen Privatisierungen kämpfen? Wird die LINKE ihren friedenspolitischen Prinzipien die Treue halten und somit auch den sofortigen Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan und das Ende aller Bundeswehreinsätze im Ausland fordern? Wird sie sich demzufolge allen Versuchen widersetzen, pazifistische Positionen als quasi weltverfassungswidrig zu denunzieren? Wird sie würdevoll mit ihrer und der Geschichte der sozialistischen und kommunistischen Bewegung umgehen?

Diese Fragen mit Ja zu beantworten bedeutet, den Erwartungen von Millionen Menschen gerecht zu werden. Die erhoffen sich von uns keine Wunder sondern eine glaubwürdige Politik, die nach unserer Überzeugung – jedenfalls auf Bundesebene – eine Politik in der Opposition sein sollte.

Genau hier liegt der springende Punkt. Auf der Welle der Hoffnungen unserer Wählerinnen und Wähler wollen manche 2013 in die Bundesregierung. Und sie heißen nicht nur Halina Wawzyniak und Stefan Liebich, deren Namen unter einem gemeinsamen Papier mit Grünen und SPD-Mitgliedern stehen. Ein Dokument, in dem Annäherungen alles und die Inhalte so gut wie nichts bedeuten. Mit der Erklärung Oskar Lafontaines, nicht wieder für den Bundesvorsitz zu kandidieren und sein Bundestagsmandat zurückzugeben, sieht das Forum demokratischer Sozialismus seine Stunde gekommen: Die Stunde der Annäherung an die SPD als Wert an sich und der Regierungsbeteiligung auf Bundesebene als wesentliches politisches und für manch einen persönliches Ziel.

In die Bundesregierung jedoch kommt nur, wer die Staatsraison anerkennt. Egon Bahr hat hierzu vor wenigen Monaten formuliert, die Linkspartei werde nur dann Partner in einer Regierungskoalition auf Bundesebene werden können, wenn sie sich zu den Bindungen an EU (sprich: zum Lissabon-Vertrag) und NATO bekennt, die frühere Regierungen eingegangen sind, wenn sie also den Schwenk nachvollzieht, mit dem Herbert Wehner 1960 im Bundestag die SPD auf den Boden der NATO stellte.

Die KPF erklärt ohne Wenn und Aber: Einen solchen Schwenk würden Kommunistinnen und Kommunisten in der LINKEN nicht mit vollziehen. Und es gibt in der LINKEN weit mehr Kommunistinnen und Kommunisten als die Genossinnen und Genossen der KPF. Wir werden dafür kämpfen, besonders in der bevorstehenden Programmdebatte, dass die LINKE auf die Ratschläge von Herrn Bahr verzichtet und bei ihren friedenspolitischen Prinzipien bleibt.

 

II.

Die Kommunistische Plattform hat sich aus gutem Grund aus den innerparteilichen Auseinandersetzungen um Personen herausgehalten. Uns geht es um Inhalte. Daher werden wir auch nicht am grünen Tisch unser Verhältnis zu jenem Personaltableau bestimmen, welches sich auf dem Rostocker Parteitages zur Wahl stellen wird. Uns interessiert einzig und allein, welche Politik der designierte geschäftsführende Vorstand im Falle seiner Wahl machen wird. Setzt er die erfolgreiche Linie Oskar Lafontaines weiter fort, so gehört ihm unsere Unterstützung. Ändert er seinen Kurs, um Wege für die Regierungsbeteiligung 2013 zu ebenen, so werden wir uns gegen diesen Kurs stellen.

Auf der Pressekonferenz vom 26. Januar 2010 erfuhr die Öffentlichkeit, darunter der KPF-Bundeskoordinierungsrat sowie auch der Bundessprecherrat von dem Beschluss, dass sich Mitglieder des künftigen geschäftsführenden Vorstandes allen strömungspolitischen Engagements zu enthalten haben. Es darf nicht sein, dass dieser Beschluss die Pluralität der Partei heute oder morgen infrage stellt. Gregor Gysi hat erklärt, es gäbe keine Lex Wagenknecht. Niemand von uns hatte das behauptet. Natürlich haben uns in den vergangenen Tagen sehr viele, nicht nur der KPF angehörende Genossinnen und Genossen gefragt, ob es diese Lex Wagenknecht nicht doch gäbe – sich gegen die KPF richtend. Schließlich sei Sahra seit gut anderthalb Jahrzehnten als »Frontfrau« der KPF bekannt. Sie sei Mitglied des Bundeskoordinierungsrates und es seien zu keinem Zeitpunkt politische oder auch personelle Differenzen bekannt geworden. Wir antworten: Die gibt es auch nicht. Die Frage, ob es richtig war, sich darauf einzulassen, sich des Engagements in der KPF zu enthalten, wird das Leben selbst beantworten. Vorschnelle Urteile sind unangebracht.

In Anbetracht der für die Partei schwierigen Situation haben wir Verständnis für Sahras Entscheidung, den oben genannten Beschluss zu akzeptieren. Sahra legt ihr Mandat im Bundeskoordinierungsrat mit sofortiger Wirkung nieder und lässt ihre Mitgliedschaft in der KPF ruhen. Dies gilt, solange oben genannter Beschluss nicht aufgehoben wird und sich auch die anderen Strömungsvertreter im geschäftsführenden Vorstand entsprechender Aktivitäten enthalten.

Wir wünschen Sahra für die Lösung der bevorstehenden Aufgaben viel Erfolg.

 

Nachsatz

Die vorstehende Erklärung ist mit Sahra Wagenknecht abgestimmt, die auch an der Beratung des Bundeskoordinierungsrates der KPF am 6. Februar teilnahm und ihre Position den Genossinnen und Genossen erläuterte.