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Kommunistische Plattform der Partei Die Linke

Prioritäten. Nachbetrachtungen zur Liebknecht-Luxemburg-Ehrung 2008

Sahra Wagenknecht, Ellen Brombacher, Thomas Hecker, Jürgen Herold, Friedrich Rabe

Am 13. Januar 2008 besuchten rund 70.000 Menschen die Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin Friedrichsfelde. 10.000 kamen mit der im Rahmen der Ehrung stattfindenden Demonstration. Traditionell hatte der Parteivorstand der Linkspartei am 23. November 2007 alle Genossinnen und Genossen, Sympathisantinnen und Sympathisanten dazu aufgerufen, an den verschiedenen Formen der Ehrung – dem stillen Gedenken, der Demonstration und der Kranzniederlegung am Landwehrkanal – teilzunehmen. Als würde es diesen Parteivorstandsbeschluss nie gegeben haben, schrieb Karin Nölte am Vorabend der Ehrung im ND: »... ein Bündnis von radikalen linken Initiativen separiert sich alljährlich mit einer eigenen Demonstration vom angeblich staatsnahen stillen Gedenken.« Sollte Karin Nölte es wirklich nicht besser wissen? Sollte ihr wirklich nicht bekannt sein, dass viele Mitglieder der Partei DIE LINKE an der Demonstration ebenso teilnehmen wie viele Parteilose und Mitglieder anderer linker Parteien und Gruppen am stillen Gedenken? Ist die VVN/BdA eine radikale Initiative oder sind die sozialdemokratischen Falken eine solche? Man kann die Frage aber auch anders stellen: Welcher Linke ist angesichts der Zustände in der Welt und in diesem Land nicht für radikale Lösungen? Wer will nicht das Ende der Besatzung im Irak oder in Afghanistan? Wer stellt sich gegen die radikale Losung: »Eine andere Welt ist möglich«? Wer stellt sich der Forderung »Hartz IV muss weg« in den Weg? Der moderne Kapitalismus ist so abgrundtief asozial, repressiv und aggressiv, dass auch ein linker Sozialdemokrat wie Oskar Lafontaine von der Notwendigkeit eines Systemwechsels spricht. Ist das nicht radikal? Oder sind für Karin Nölte Radikale einfach nur Steinewerfer, wie der Mainstream es vorgibt? Doch selbst wenn: Steine flogen nicht. Es wurden keine Flaschen geworfen, keine Autos zerkratzt oder ähnliche pseudorevolutionäre Taten vollbracht. In einem kämpferischen und durchaus als diszipliniert zu bezeichnenden Zug demonstrierten Genossinnen und Genossen der autonomen Antifa gemeinsam mit Gewerkschaftern. Türkische und kurdische Freunde, die in der Bundesrepublik leben, liefen ebenso im Zug wie tschechische, österreichische, schwedische, dänische, irische, luxemburgische und griechische Mitkämpfer, die eigens zum ehrenden Gedenken angereist waren. Mitglieder von solid gingen gemeinsam mit denen der SDAJ. Zu den Demonstranten gehörten antirassistische Initiativen und Fußballfans aus dem Karl-Liebknecht-Stadion in Babelsberg. Im Zug marschierte der starke Block der DKP und Genossinnen und Genossen der KPD sowie der MLPD. Bundestagsabgeordnete und Mitglieder des EP befanden sich ebenso unter den Demonstranten wie Mitglieder des Parteivorstandes oder Sprecher von Zusammenschlüssen der LINKEN. Sehr viele, den verschiedensten linken Strömungen angehörende Demonstranten waren jung. Und auf dem Weg zum Friedhof der Sozialisten zeigten die vom stillen Gedenken Zurückkehrenden, unter ihnen nicht wenige Ältere, ihre Verbundenheit mit den Demonstrierenden. Da wurde mitgesungen, gewunken, geklatscht. Und da hob so mancher die Faust zum Gruß, und so manchem standen Tränen in den Augen angesichts des Meeres von roten Fahnen. In keinem Jahr zuvor waren das stille Gedenken und die Demonstration einander so nah. Selbst die bürgerlichen Medien (ARD, ZDF, ntv und rbb) berichteten über die Demonstration als Bestandteil der Ehrung und verzichteten darauf, diese als vom stillen Gedenken separierte abzutun. Dafür gibt es sicher verschiedene Gründe. Einer soll besonders hervorgehoben werden.

Aus aktuellem Anlass stand die Ehrung ganz im Zeichen der antifaschistischen Aktion. Für den 13. Januar 2008 hatten die Nazis Unerhörtes geplant. Ihre Antwort auf die Ehrung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts sollte ein durch den Weitlingkiez führender Gegenaufmarsch sein. Dessen Motto: »Gegen das Vergessen – Freikorps, Soldaten für Deutschland«. Aus den dem SPD-Minister Gustav Noske unterstellten Freikorps kamen die Mörder Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts. So Waldemar Pabst. Bereits im Dezember 2007 hatte die NPD-Fraktion im Lichtenberger Bezirksparlament beantragt, den Anton-Saefkow-Platz in Waldemar-Pabst-Platz umzubenennen. Der Kommunist und Widerstandskämpfer Anton Saefkow wurde 1944 von den Nazis ermordet. Waldemar Pabst, im ersten Weltkrieg Generalstabsoffizier der Garde-Kavallerie-Schützen-Division, gehörte den Freikorps an. Pabst habe, so »begründeten« die Nazis ihren unverschämten Antrag, nach dem verlorenen Krieg zur Niederschlagung des Spartakusaufstandes in Berlin beigetragen. Durch seinen mutigen Einsatz habe er die verbrecherische Politik von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und ihrer linken Gesinnungsgenossen verhindert. Dem deutschen Volk sei dadurch viel Leid erspart worden. »Der bolschewistische Terror«, so schrieben sie, »war auf dem Weg, das Reich in das Chaos der Sowjetdiktatur zu treiben. Der Bürgerkrieg tobte, und nur die Waffen konnten Ordnung und Rechtsstaatlichkeit wieder herstellen.«

Natürlich wurde der Anton-Saefkow-Platz nicht umbenannt. Unermüdliche Antifaschisten, so die Genossin Erika Baum, artikulierten ihren Protest in der BVV-Sitzung, und Abgeordnete solidarisierten sich parteiübergreifend. So gut und wichtig dies auch war: Als Beleg für die Stärke bürgerlicher Demokratie kann das nicht gelten. Die wird tagtäglich ausgehöhlt – nicht nur von den Braunen. Es ist unerträglich, dass in diesem Land Nazis solche Anträge stellen dürfen, während Bundestagspräsident Lammert und der Petitionsausschuss des Bundestages erklärten, für die Annahme der von der VVN-BdA gesammelten über 170.000 Unterschriften für ein NPD-Verbot nicht zuständig zu sein. Es ist der die Linken verabscheuende, von Bertelsmann und Co. gesponserte Zeitgeist, es ist der seit der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts wuchernde Antikommunismus, der die Nazis zu ihren ungeheuerlichen Dreistigkeiten ermuntert. Solange die Formel »Rot gleich Braun« Mainstream ist, werden die nicht gestoppt – zumal die sozialen Probleme ihrer unheilbringenden Demagogie stetig neue Anknüpfungspunkte liefern.

Der Antrag der Nazis, zeitgleich mit der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung am 13. Januar 2008 eine die Freikorps verherrlichende Demonstration durchzuführen, zeugte und zeugt von deren Willen zur Eskalation. Wir haben es mit einem Konzept der Faschos zu tun. Sie suchen nunmehr die offene Konfrontation mit den Linken; nicht mehr mit einzelnen Gruppierungen sondern mit dem gesamten linken Spektrum in diesem Land. Die Luxemburg-Liebknecht-Ehrung – die Demonstration eingeschlossen – ist die bedeutendste linke Manifestation in Deutschland mit internationaler Beteiligung. Sich gegen diese Ehrung zu stellen, bedeutet, den Linken den offenen Kampf anzusagen. Diese Kampfansage basiert auf einem besonders militanten, Mord offen rechtfertigenden Antikommunismus. Mit unglaublicher Dreistigkeit kriechen sie aus dem (...) fruchtbaren Schoß.

»Wozu die Aufregung?« mag mancher fragen. »Der Nazi-Aufmarsch wurde doch verboten. Daraufhin zogen die Rechten ihre Anmeldung zurück. Und der Anton-Saefkow-Platz heißt nach wie vor Anton-Saefkow-Platz. Die Nazis haben sich ein wenig Aufmerksamkeit verschafft – ansonsten aber ist doch nichts passiert.« Wir sehen das anders: Faschisten haben in aller Öffentlichkeit der Waffengewalt gegen gesellschaftliche Veränderungen das Wort geredet; sie haben hemmungslos zwei der schlimmsten in Deutschland je begangenen politischen Morde an Kommunisten gerechtfertigt und dies – bis in die Formulierungen hinein – in einer Sprache, die stark an Adolf Hitlers Ausfälle gegen die sogenannten Novemberverbrecher in »Mein Kampf« erinnert. Wo blieb angesichts dessen der öffentliche Aufschrei? Etwas sarkastisch gefragt: Ab wann eigentlich muss man die Nazis fürchten? Benötigen sie 2,6% der Wählerstimmen wie 1928 oder 18,3% wie 1930 oder müssen sie mit 37,4% erst stärkste Partei werden wie 1932? Doch nicht nur die öffentliche Meinung ging mehr als nachlässig mit den bösartigen ideologischen Attacken der Nazis um. Seit dem 11. Dezember 2007 war die Absicht der Nazis bekannt, am 13. Januar 2008 durch den Weitlingkiez zu marschieren. Erst 10 Tage später – und das war dann unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen und dem Jahreswechsel – wurde am 21. Dezember 2007 ein auch von Gesine Lötzsch gezeichneter Aufruf des Berliner geschäftsführenden Landesvorstandes ins Netz gestellt, den Nazis am 13. Januar durch massenhaftes und eindrucksvolles Gedenken eine Antwort zu erteilen. Etwa zeitgleich wandte sich Klaus Lederer an die Berliner Parteimitglieder. Der Brief, der unter anderem auf die Naziprovokation einging, erreichte viele erst zu Beginn des neuen Jahres. Doch nicht nur offenkundig vertane Zeit wirft Fragen auf. Auch Formulierungen des Briefes irritieren. So heißt es: »Lasst uns an diesem Tag auch zeigen, dass es gilt, den Anfängen zu wehren und dass nazistisches Gedankengut in unserer Gesellschaft keinen Platz hat.« Es gilt, den Anfängen zu wehren? Wieso sind Nazis dann in Landtagen? Wie können sie dann bereits in fünf Berliner BVVen sein? Nazistisches Gedankengut hat in unserer Gesellschaft keinen Platz? Wo lebt Klaus Lederer? Und noch etwas: Am 14. Januar hat die Bezirksstadträtin Katrin Framke (für die LINKE) beim Polizeipräsidenten Strafanzeige gegen den NPD-Verordneten in der Lichtenberger BVV Jörg Hähnel gestellt. Der hatte am 13. Dezember 2007 in seiner Rede vor der BVV die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg öffentlich gebilligt. Es ist gut, dass nunmehr Strafanzeige erstattet wurde. Aber warum erst nach vier Wochen? Die zögerlichen und wenig öffentlichkeitswirksamen Reaktionen der LINKEN auf die Naziprovokationen zeugen davon, dass es in ihr anscheinend viel zu wenig strategische Überlegungen gibt, wie unsere Partei als Teil der Linken den antifaschistischen Kampf intellektuell und aktionsmäßig führen will. Für den Parteitag am 24./25. Mai sollten hierzu Beschlüsse vorbereitet werden.

Nicht zögerlich und sehr öffentlichkeitswirksam hingegen ging der Berliner Landesvorstand in Zusammenarbeit mit dem ND mit einem Vorschlag des Mitgliedes des Marzahn-Hellersdorfer Bezirksvorstandes der LINKEN Bernd Preußer um. In der Ausgabe vom 22./23. Dezember 2007 berichtete ND unter der Überschrift »Nelken für den Stein des Anstoßes« über dessen Vorschlag, am Gedenkstein »Den Opfern des Stalinismus« Nelken niederzulegen und an diesen jeweils einen Zettel mit dem Namen eines Opfers zu befestigen. Am 24., 27. und 28. Dezember 2007 sowie am 4. und 9. Januar 2008 fand zu diesem Vorschlag eine umfängliche Leserdiskussion im ND statt und am Vortag der Ehrung – am 12. Januar 2008 – erfolgte noch einmal eine redaktionelle Aufarbeitung dieser Debatte. Im ND vom 14. Januar 2008 nahm auf der Seite 3 die Berichterstattung darüber, was sich am 13. Januar 2008 um den Gedenkstein »Den Opfern des Stalinismus« alles abgespielt hatte, ca. 2/3 des Gesamtberichtes ein. Auch in der Sofortinformation zur Sitzung des Landesvorstandes vom 15.01.2008 beschränkt sich dieser auf eine Verurteilung der Schändung des Gedenksteins »Den Opfern des Stalinismus«. Kein Wort der Wertung der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung. Um jede Fehlinterpretation auszuschließen: Das Verhalten einiger Ehrungs- und Demonstrationsteilnehmer, die den »Stein des Anstoßes« schändeten, lehnen wir kategorisch ab. Wir sind gegen jede kulturlose Form der politischen Auseinandersetzung. Bereits im November 2006, noch vor der Einweihung des Steins am 11.Dezember, formulierten wir in einer Erklärung »Nicht provozieren lassen – Auseinandersetzen!« u.a.: »Es wäre mehr als schädlich, käme die Gedenkstätte der Sozialisten zukünftig dadurch in die Medien, dass der besagte Stein in irgendeiner Weise besudelt würde. Deshalb bitten wir alle sich zu den Provozierten Zählenden, niemandem einen Vorwand zu liefern, letztlich jene in Verruf zu bringen, die sich dem Vermächtnis von Rosa und Karl und ebenso dem von Hugo und Werner Eberlein verpflichtet fühlen.« Dieser Aufruf, der auch von unserem unvergessenen Genossen Kurt Goldstein unterschrieben ist, hat an Aktualität nichts verloren. Wir bekräftigen heute die in ihm fixierten Positionen.

Zurück zur Idee Bernd Preußers und der logistischen Gewährleistung ihrer Realisierung: Wer in der Zeit vom 21. Dezember 2007 bis einschließlich 14. Januar 2008 regelmäßig das ND las, konnte nur zu dem Schluss gelangen, die wesentliche Frage in Vorbereitung und Durchführung der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung sei die gewesen, ob man am Stein »Den Opfern des Stalinismus« eine Nelke niederlegen sollte oder nicht. Um auch hier jeder Fehlinterpretation vorzubeugen: Uns schmerzen die unter Stalin unschuldig Umgekommenen und Repressierten zutiefst. Wir ehren besonders die Sozialisten und Kommunisten, welche in der Stalinära Willkür und Verbrechen zum Opfer fielen. Doch wir sagen in aller Offenheit und dies nicht zum ersten Mal: Ein Stein, der pauschal an alle erinnert, die unter Stalin zu Tode kamen oder Haftstrafen verbüßten, ist für uns inakzeptabel. Denn dazu zählen nicht zuletzt und nicht zu knapp Faschisten. Ebenso ist es für uns inakzeptabel, dass jede in der DDR begangene reale oder vermeintliche Ungerechtigkeit zu einem stalinistischen Verbrechen hoch stilisiert wird. Der Gedenkstein »Den Opfern des Stalinismus« ehrt jeden Nazimörder und auch jeden, der als Gegner der DDR mit deren Gesetzen in Konflikt geriet. Dies ist nicht unsere Interpretation. Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Walter Momper führte in seiner Rede zur Einweihung des Gedenksteines aus: »Die Inschrift ›Den Opfern des Stalinismus‹ umfasst alle Opfer. Und so soll es auch durchaus sein. Denn man kann nicht nur einzelner Opfergruppen gedenken und andere außen vor lassen.« Zu dieser Art unterschiedslosen Gedenkens sind wir nicht bereit. Wir wissen, dass wir mit dieser unserer Auffassung nicht alleine sind. Vor wenigen Tagen erklärte Hans Modrow, die Haltung des Berliner Landesvorstandes in der Debatte um den besagten Stein stehe im Gegensatz zur Meinung der Mehrheit der Basis. Viele Genossen würden den Stein als Provokation empfinden. Modrow trifft ins Schwarze. Ein beträchtlicher Teil der Mitglieder unserer Partei kann nicht nachvollziehen, warum ein die Linke spaltender Stein ausgerechnet auf dem Friedhof der Sozialisten aufgestellt werden musste. Das wurde bereits vor und mit der Einweihung des »Steins des Anstoßes« Ende 2006 sehr deutlich. Seinerzeit wurden Vorschläge unterbreitet, die heraufbeschworene Spaltung befördernde Situation zu entspannen. Vorschläge, wie die von Heinrich Fink oder Andrej Reder, anstelle eines – jede antikommunistische Instrumentalisierung ermöglichenden – Steines der Beliebigkeit eine Tafel mit Namen unter Stalin umgebrachter Sozialisten und Kommunisten zu errichten, blieben bis heute ohne Antwort. Ein Jahr lang wurde ignoriert, dass ein beträchtlicher Teil der eigenen Mitgliedschaft sich durch den Gedenkstein provoziert fühlt. Dann plötzlich, drei Wochen vor der Ehrung, wurde eine Debatte darüber losgetreten, ob eine Blume am »Stein des Anstoßes« niedergelegt werden sollte oder nicht. Wozu diese gezielte, kompakte Emotionalisierung von Differenzen? Wir hätten uns gewünscht, dass beispielsweise Katina Schubert, stellvertretende Parteivorsitzende und persönliche Referentin der Berliner Sozialsenatorin, Elke Breitenbach, MdA und Mitglied des Parteivorstandes, Thomas Nord, Landesvorsitzender der Brandenburger LINKEN, Halina Wawzyniak, Mitglied des Parteivorstands, Justiziarin der Bundestagsfraktion und Bezirksvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg, oder Norbert Seichter, Sprecher des Berliner Landesausschusses der LINKEN, Bezirksvorsitzender von Marzahn-Hellersdorf und Geschäftsführer von Tempelhof-Schöneberg für den Nachmittag des 13. Januar zu einem antifaschistischen Spaziergang in den Weitlingkiez aufgerufen hätten. Einen solchen Aufruf gab es bekanntlich nicht; auch nicht vor dem Verbot des Nazi-Aufmarsches. Das Engagement zur Rechtfertigung des Steins – auch vor Ort – schien wohl dringlicher. Manche sagen: Das ist der zu entrichtende Tribut, damit die Spekulationen über Rot-Rot in Brandenburg zur Realität werden und damit auch die SPD auf Bundesebene, die soeben ihr soziales Gewissen zur Wiedervorlage aus der Ablage gekramt hat, über eine Koalition im Lande nachzudenken bereit ist. Wir kommentieren das nicht. Doch welches auch immer die Motive für die geschilderten Vorgänge sein mögen: Der Stein spaltet. »Nehmt den Stein einfach wieder weg« hatten wir seinerzeit gefordert und hierfür viel Unterstützung erfahren. Der »Stein des Anstoßes« ist geblieben. Wir müssen uns zu ihm verhalten. Klug, so denken wir, ist es, sich nicht provozieren zu lassen. Dazu gehört auch, zur Tagesordnung überzugehen. Fordern wir einen konsequenteren Antifaschismus ein. Arbeiten wir überall dort, wo Abwehrkämpfe gegen Sozialkahlschlag, repressive Innenpolitik und gegen aggressive Außenpolitik stattfinden – gerade in Anbetracht der aktuellen Debatten über Kampfeinsätze der Bundeswehr in Afghanistan. Seien wir solidarisch mit Menschen in aller Welt, die gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg kämpfen und fordern wir gleichermaßen die Solidarität mit den hier lebenden Asylbewerbern, Flüchtlingen und Migranten ein. Beteiligen wir uns aktiv an der bevorstehenden Programmdebatte. Und – last but not least – bereiten wir langfristig und sorgfältig die Demonstration im Rahmen der Liebknecht-Luxemburg-Ehrung im Januar 2009 mit vor.