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Kommunistische Plattform der Partei Die Linke

In dieser Frage keine Kompromisse!

Erste Überlegungen zu den Bundestagswahlergebnissen unserer Partei Die Linke

 

Die KPF geht – anders als Oskar Lafontaine – nicht davon aus, dass unsere Partei ihre Wahlergebnisse vom 23. Februar 2025 dem US-Milliardär George Soros verdankt.[1] Bereits zu Beginn des Wahlkampfes, als wir in den Umfragen noch bei 3 bis 4 Prozent standen, machten sicher nicht nur wir – Genossinnen und Genossen der KPF – die Erfahrung, dass unserer Partei weitaus mehr Menschen offener und interessierter begegneten als z.B. im Vorfeld zu den Europa-Wahlen am 14. Juni 2024. Dass Die Linke – bei einer Wahlbeteiligung von 82,5 Prozent – acht Monate später 8,8 Prozent der Stimmen erhielt, liegt allerdings weit über den vorsichtig optimistischen Erwartungen, die sich im Wahlkampf entwickelten. Wir werden mit 64 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Die Linke erkämpfte 6 Direktmandate und wurde in Berlin stärkste Kraft. Wir gratulieren den gewählten Abgeordneten, danken dem Parteivorstand und der Linken-Gruppe unter Führung von Heidi Reichinnek und Sören Pellmann für ihr leitendes Wirken im Wahlkampf und wir danken den Genossen der Aktion Silberlocke für ihre psychologisch wichtige Initialzündung in einer Zeit, in der unsere Hoffnung, die Fünf-Prozent-Hürde zu nehmen, sich sehr in Grenzen hielt.

Auf dem Halleschen Parteitag am 19./20. Oktober 2024 wurde begonnen, Erfahrungen aus den Wahlen zum Europäischen Parlament und den Landtagswahlen vom September 2024 in Thüringen, Sachsen und Brandenburg zu berücksichtigen. Wir schrieben in unserer Parteitagseinschätzung vom 21. Oktober 2024, ein Kurswechsel, der konsolidiert werden müsse, sei eingeleitet. Die bestimmenden Themen auf diesem Parteitag seien der Kampf um den Frieden, die soziale Frage und der Antifaschismus in ihrem untrennbaren Zusammenhang gewesen. Ob dieser Kurs gehalten würde, so heißt es in der Erklärung, ist nicht entschieden, aber die Partei hätte wieder eine Chance.

Diese Einschätzung hat sich als weitgehend zutreffend erwiesen. Das betrifft besonders den Sachverhalt, dass sich Die Linke wieder auf die sozialen Fragen besonnen hat, die der Mehrheit der Menschen unter den Nägeln brennt. Es war und bleibt richtig, dass zugleich einer massiven Überbetonung der Identitätspolitik Einhalt geboten wurde. Und es war und bleibt richtig, dass Die Linke als einzige der im Bundestag vertretenen Parteien es ablehnte und ablehnt, soziale Probleme zu ethnisieren und sich vielmehr solidarisch zu Migrantinnen und Migranten, Flüchtlingen und Asylbewerbern verhielt und verhält. Gerade in Anbetracht der sich zunehmend entwickelnden faschistoiden Tendenzen ist das eine antifaschistische und internationalistische Verpflichtung. Von dieser Notwendigkeit zeugen besonders die Wahlergebnisse der AfD. Mit 20,8 Prozent erhielt sie mehr als ein Fünftel der abgegebenen Zweitstimmen. In den fünf ostdeutschen Bundesländern wurde sie stärkste Partei, und in Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wurde die AfD stärker als die SPD. Diese beängstigenden Tendenzen verlangen von der Linken insbesondere, über folgende Zusammenhänge aufzuklären: Solche gefährlichen Entwick­lun­gen wären nicht vorstellbar, ohne die vor allem durch die Kriegsvorbereitungen – die Sanktionspolitik inbegriffen – rapiden Verschlechterungen der sozialen Bedingungen für Millionen Menschen, gerade im Osten. Diese sich verschlechternden Bedingungen öffnen völkisch-rassistischer Hetze Tür und Tor. Wo völkisch-rassistische Ideologie funktioniert, bleibt Antikapitalismus außen vor.

Zurück zu den Wahlergebnissen unserer Partei. Ein engagierter Wahlkampf sehr vieler Genossinnen und Genossen, darunter nicht wenige gerade in die Partei eingetretene junge Mitglieder, verliehen den Inhalten unseres Wahlkampfes konkrete Gestalt. Diese hier skizzierten notwendigen Entwicklungen sind wesentliche Gründe für unser Wahlergebnis. Diese Tendenzen sind kein Selbstläufer, sondern nicht zuletzt das Ergebnis kulturvoll geführter innerparteilicher Auseinandersetzungen, denken wir nur an die Debatten über den Gaza-Krieg auf den Parteitagen in Augsburg und Halle. Die haben weder George Soros geführt noch diejenigen, die der Linken den Rücken gekehrt haben.

Dass die KPF diese positiven Entwicklungen nicht unterschätzt, ist alles andere als gleichbedeutend damit, dass wir die Probleme ignorieren, die sich im Wahlkampf gezeigt haben und die zukünftig nicht geringer werden. Es war kein Zufall, dass im Wahlkampf weitgehend darauf verzichtet wurde, den Zusammenhang zwischen den rapide wachsenden sozialen Verwerfungen und den offen verkündeten und betriebenen Kriegsvorbereitungen zu thematisieren. Zwar beinhaltete unser Wahlprogramm prinzipielle friedenspolitische Grundsätze, abgeleitet vom geltenden Parteiprogramm, und die regelmäßig erhobenen Vorwürfe, Die Linke sei keine Friedenspartei mehr, sind denunziatorisch.

Doch diese Beschlusslage täuscht uns nicht darüber hinweg, dass die Versuche andauern – im Grunde begleiten sie die PDS und Die Linke seit 1996 – die friedenspolitischen Grundsätze unserer Partei zu entsorgen. Dabei ging und geht es darum, unsere Partei in Übereinstimmung mit der BRD-Staatsräson zu bringen, vor allem die Anerkennung der NATO-Bündnisverpflichtungen betreffend. Wer im Bund mitregieren will, kommt um die Anerkennung der Staatsräson nicht herum. Es ist irritierend, dass – kaum, dass wir in Umfragen über der Fünf-Prozent-Hürde lagen – einige in der Partei laut über Koalitionsgesprächsangebote nachdachten. Alles deutet darauf hin, dass im Ergebnis der bevorstehenden Programmdebatte die geltenden friedenspolitischen Grundsätze durch NATO-verharmlosende Positionen ersetzt werden sollen und dass bereits auf dem Chemnitzer Parteitag am 9./10. Mai 2025 diese programmatischen Fragen eine nicht geringe Rolle spielen werden. Die KPF wird auch weiterhin Äquidistanz in der Geopolitik ablehnen.

Als Kommunistinnen und Kommunisten in der Linken versprechen wir, in den Diskussionen um die friedenspolitischen Prinzipien unserer Partei bei unserer Position zu bleiben: In dieser Frage keine Kompromisse! Auf unserer Bundeskonferenz am 12. April 2025 werden wir unmissverständlich abstecken, mit welchen Inhalten wir in die Programmdebatte gehen und den Chemnitzer Parteitag vorbereiten. Untrennbar damit verbunden ist unser Aufruf, an den Ostermärschen teilzunehmen, am 1. Mai auf die Straße zu gehen und den 80. Jahrestag der Befreiung am 8. Mai 2025 würdevoll zu begehen.

Bundessprecherrat der KPF, 24. Februar 2025

 


[1] Siehe: Sebastian Weiermann, »BSW: Oskar Lafontaine und das Bullshit-Bingo«, nd, 21.02.2025