Kommunistische Plattform der Partei Die Linke
Aus der Diskussion auf der 14. Bundeskonferenz
Notiert von Fritz Wengler
In der Diskussion sprachen 18 Konferenzteilnehmer. Gestützt auf eigene Erfahrungen, gingen sie meist auf mehrere Aspekte der im Entwurf vorliegenden Schwerpunktaufgaben der KPF ein. Hauptthemen waren die politisch-organisatorische Festigung der Plattform, ihr Einfluß auf die Verwirklichung der friedenspolitischen Grundsätze in der LINKEN und mit der LINKEN, sowie die Auseinandersetzung mit allen Formen des Antikommunismus in der Gesellschaft.
Thomas Hecker aus Berlin sprach ausführlich zur Wirksamkeit der Kommunistischen Plattform. Es geht in der gegenwärtigen Situation darum, das erreichte inhaltliche und strukturelle Niveau unserer Plattform zu erhalten und zu festigen. Unser Ziel ist, zu sichern, daß in der Partei DIE LINKE weder die kommunistischen Wurzeln noch die Existenz kommunistischer Positionen und Politikansätze geleugnet werden können. Das ist es, was auch viele nicht direkt der Plattform angehörende Parteimitglieder von uns erwarten. Zwei Überlegungen hob er dabei besonders hervor: unser aktives Wirken in der Partei und die Notwendigkeit einer regelmäßigen persönlichen Begegnung der Genossen der Plattform auch in ihren Landesorganisationen. Die entscheidende von uns zu leistende Arbeit muß innerhalb der Partei stattfinden. Auf diese Weise werden unsere im heutigen Referat formulierten Positionen und unsere eigenen Aktivitäten zum Teil des Parteilebens.
So ist unsere Arbeit an der Basis, in Hauptversammlungen und Landesparteitagen usw. unersetzbar. Sie reicht derzeit bei weitem nicht aus, ist sogar – auch im Osten – teilweise schwächer geworden. Hier muß Boden gewonnen werden.
Um ihre Ausstrahlung zu gewährleisten und zahlenmäßig mindestens den Status quo zu sichern, ist es nötig, die Plattform politisch-organisatorisch zu festigen. Für unsere Wirkung bundesweit und in den Ländern ist der Aufwand für regelmäßige Beratungen und das monatliche Erscheinen der Mitteilungen unverzichtbar. Mit regelmäßigen Treffen der Plattform auf Landesebene müssen wir eine kontinuierliche Verständigung darüber sichern, wie wir in der Plattform und in den Bündnissen wirksam werden wollen.
Die Frage, ob sich vieles über Telefonkonferenzen und E-Mails nicht schneller und kostengünstiger regeln lasse, ist verständlich. Zur Arbeitsfähigkeit der Plattform ist ein gewisser Standard, einschließlich der Pflege und Sicherung der Daten, nötig. Aber noch so viele E-Mails können das Miteinander in der Arbeit, die Diskussionen, bei denen man sich in die Augen schaut, nicht ersetzen.
Ab einem gewissen Quantum frißt das Technisieren des Politischen die Zeit für lebendige politische Arbeit auf. Auch sind im Westen zwar 80 bis 90% unserer Genossen per E-Mail erreichbar, im Osten aber nur 10 bis 20%.
Friedrich Rabe aus Sachsen-Anhalt ordnete in seinem schriftlich eingereichten Beitrag die Geschichtsdebatte in übergreifende Interessenkonflikte ein. Selbst wenn sie es nicht wollten, die Not zwingt unsere Gegner, noch tiefer als bisher in die Kiste der Geschichtsklitterung und Verleumdung zu greifen, um von den eigenen Verbrechen abzulenken, mit denen sie ganze Volkswirtschaften und damit die Existenzgrundlagen der in ihnen arbeitenden Menschen in den Ruin stürzen.
Daß eine solche verschärfte politische Auseinandersetzung auf uns zukommt, hat auch der Parteivorstand in Sachsen-Anhalt erkannt. Allerdings erscheint die Absicht eher hilflos, ein Papier zu erarbeiten, das gegen zu erwartende Thesen wie: "Zwangsvereinigung" von KPD und SPD, "Spalterstaat" DDR, Mauerbau und Todesschüsse an der "innerdeutschen" Grenze, Stasi- und Überwachungsstaat oder schlicht und einfach die Unrechtsstaatsbehauptung, Gegenpositionen als Argumentationshilfen liefern soll. Wer sich darauf einläßt, übernimmt die Thesen seiner Gegner und verzichtet auf eigene Maßstäbe. Als gäbe es nicht genügend Themen, mit denen wir im nächsten Jahr die Wahlkämpfe bestreiten könnten.
Gab es überhaupt schon einmal eine lückenlosere Überwachung der Bürger als heute? Nicht nur an die Beobachtung von Kunden und Verkäuferinnen bei Lidl bis in die Umkleideräume hinein ist dabei zu denken. Jeder Kaufhauskonzern besitzt wahrscheinlich über Kundenkarten mehr personenbezogene Daten als die Geheimdienste des vorigen Jahrhunderts. Stichworte wie: Finanzamt und Datenabgleich mit Banken, Gesundheitskarte, Kameraüberwachung wo man geht und steht, bis hin zur elektronischen Kontrolle und den Zugriff auf den heimischen PC sind nur eine kleine Auswahl, die jeder von uns beliebig erweitern könnte.
Friedrich Rabe ging dann noch einmal auf die Rezession ein. Fast täglich werden neue Katastrophenmeldungen durch die Medien gescheucht, die gigantische Umverteilungen von unten nach oben bedeuten. Ob für Banken oder Industriemonopole, sei einmal dahingestellt. Entscheidend ist, daß Umverteilungen ohne materielle oder politische Gegenleistung vorgenommen werden, die eine rigorose Enteignung der Bevölkerung bedeuten.
In diese Richtung sollte der Landesverband Überlegungen anstellen, wie den im Wahljahr 2009 zu erwartenden Schlammschlachten zu begegnen sein wird.
Olaf Walther aus Hamburg sprach sich für ein Mehr an fruchtbarer geistiger Auseinandersetzung aus. Gestützt auf Worte von Größen aus Philosophie, Literatur und Klassenkampf plädierte er für eine Renaissance der Aufklärung.
Abgeleitet von einer Rede Thomas Manns über Lessing von 1929, legte er dar, daß Aufklärer, Politiker, Kommunistinnen und Kommunisten Polemiker sein müssen: Gegen das Unrecht, gegen die Barbarei, gegen die Lüge. Sie müssen dabei in Kauf nehmen, daß dann danach mit Schmutz geworfen wird. Manche Leute können nicht anders, als mit Schmutz zu werfen. Aber wieder Dritte sehen, daß es sich um Schmutz handelt. Das ist ein aufklärerischer Akt. Wenn wir uns in der geistigen Auseinandersetzung für politische und gesellschaftliche Veränderungen bewegen, müssen wir nicht nur darauf gefaßt sein, mit Schmutz beworfen zu werden. Wir sollten es mitunter auf darauf anlegen.
Volkmar Vogel aus Berlin sprach über den Nutzen der Mitteilungen für die geistige Auseinandersetzung und die politisch-organisatorische Arbeit der Plattform. Zwar steigt die Auflage unserer Hefte. Aber die Druckkosten steigen auch. Um rentabel zu sein, müßte die gegenwärtige Auflage von 1.850 Exemplaren verdoppelt werden. Das ist nur in kleinen Schritten möglich und zur Zeit noch unerreichbar. Deshalb müssen wir uns neben der Gewinnung weiterer Bezieher um ein viel höheres Spendenaufkommen für die Begleichung der Druckkosten bemühen. Angesprochen fühlen sollen sich alle. Besonders aber jene Bezieher, die sich in diesem Jahr noch nicht an den Kosten beteiligt haben. Nicht gemeint hat er Genossen, die sich eine Spende nicht leisten können.
Volkmar Vogel informierte dann über Aktivitäten des Vereins zur Förderung alternativer Energien in der Karibik "KarEn". Dabei bat er besonders um die Unterstützung der Kampagne "Computer nach Kuba!".
Uwe Hicksch aus Berlin dankte als Vertreter des Marxistischen Forums in der LINKEN für die Einladung zur Tagung und hob deren jahrelange Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Plattform hervor. Verbindend sei das gemeinsame Anliegen, marxistische Positionen und eine kritische marxistische Gesellschaftsanalyse in die Partei zu tragen.
Sich selbst als marxistischen Sozialdemokraten bezeichnend, äußerte er sich voller Spott über Einflüsterungen, die die KPF erreichen, sich doch anders zu benennen. Das mit Rücksicht auf mögliche Vorbehalte einer zunehmenden Zahl nichtmarxistischer Parteimitglieder. Eine linke Partei, so Uwe Hicksch, die keine Kommunisten in ihren Reihen hat, hört schnell auf, eine linke Partei zu sein. Kommunisten sind der Garant dafür, daß selbst bei unterschiedlichen Vorstellungen, die sich aus marxistischen Analysen ergeben, die Frage der Gesellschaftsüberwindung und die Frage der Radikalität der Forderungen nicht verlorengehen. Dazu gehört die Auseinandersetzung mit Kräften in der LINKEN, die sich bemühen, das Profil der Partei zu verwässern und die versuchen, die deutsche Linke kompatibel für eine imperialistische Politik zu machen. Den Ideologen, die dahinter stehen, müssen wir ein deutliches Nein und eine deutliche Gegenanalyse entgegensetzen.
Wenn beispielsweise die Diskreditierung der DDR, also des Sozialismus an der Macht, mit dem Ziel betrieben wird, den Sozialismus als vage Utopie zu verstehen, etwa so, wie der Christ darauf verweist, daß nach dem Tode alles gut werden wird, und wie das die SPD seit Jahrzehnten betreibt, dann setzen wir dem die Überzeugung entgegen, daß der Sozialismus erkämpft werden und auch wieder an die Macht kommen kann.
Uwe Hicksch setzte sich ausführlich mit demagogischen Vorwürfen des Antisemitismus an die DDR und an Teile der heutigen Linken auseinander. Er ordnete die Vorwürfe, die eine Kritik am Zionismus, am Nationalismus und an einer aggressiven Nahostpolitik zum Vorwand nehmen, ein in die ideologische Vorbereitung eines Krieges gegen den Iran. Uwe Hicksch informierte über den Willen des Marxistischen Forums, die Anerkennung als Zusammenschluß zu erhalten und bat um die Solidarität der anwesenden Genossinnen und Genossen.
Ulrich Vanek aus Niedersachsen verwies darauf, daß der Einzug bürgerlichen Gedankengutes in die LINKE auch an Kleinigkeiten auszumachen ist, etwa an Einladungen zu Parteiveranstaltungen mit der Anrede "Sehr geehrter Herr ..." und der Formel "Mit freundlichen Grüßen" am Schluß.
Wo, so fragte er, sind die linken Parteien gelandet, in denen Kommunisten kaum Einfluß haben? Kommunistische Parteien Europas, die in ihren Ländern über großen Einfluß verfügten und sich große Verdienste in der kommunistischen Weltbewegung erworben hatten – wie die französische, die italienische oder die spanische Partei – sind zu Randerscheinungen geworden. Andere Parteien hingegen, wie die Kommunistische Partei Portugals mit um die 10% Wählerstimmen, wie unsere Genossen in Böhmen und Mähren und auch Teile der KP Griechenlands, spielen eine gewichtige Rolle im gesellschaftlichen Leben ihrer Länder. Wer sich aber in das Lotterbett des politischen Mainstream legt, landet in der Bedeutungslosigkeit.
Andreas Krämer aus Sachsen vermittelte eine sehr kritische Sicht auf die LINKE in seinem Bundesland. Er schilderte äußerst widersprüchliche Vorgänge in Dresden, wo jahrelang eine Politik in der Partei vorherrschte, die der CDU näher stand als der damaligen PDS. Komplizierte Auseinandersetzungen sind auch in Leipzig und einigen anderen Stadt- und Kreisverbänden zu führen.
Vielfach habe es Bemühungen gegeben, die einst André Brie damit beschrieb, die Partei für einige Genossen unerträglich zu machen. Nicht wenige aktive Genossen haben deshalb die Partei – gerade auch in Dresden – verärgert verlassen. Jetzt kommt es besonders darauf an, wachsam Versuchen zu begegnen, die linken antikapitalistischen Kräfte zu spalten. Bei Angriffen auf einzelne Genossen oder auf gewählte Vorstände müssen wir uns immer die Frage stellen, wem das wohl nützt und wer oder was aus welchen Motiven dahintersteckt.
Auf Ausgrenzungsversuche reagieren die Genossen der Plattform in Sachsen mit aktiver Teilnahme auf allen Ebenen des Parteilebens. Zugleich haben sie beschlossen, die Beziehungen zur DKP weiterzuentwickeln, und sie werden auch ihre Zusammenarbeit mit dem Förderverein des Rotfuchs fortsetzen.
Abschließend fand Andreas Krämer sehr freundliche, von den Delegierten unterstützte Worte des Dankes an die bisherigen Mitglieder des Bundessprecherrates und an die Redakteure der Mitteilungen. Schließlich noch wünschte er sich, daß die neu gewählten Mitglieder des Bundeskoordinierungsrates auch aktiv in den Landesgremien der Plattform mitwirken.
Lothar Beck aus Berlin berief sich in seinem Beitrag mehrfach auf Lenin. So auf dessen Dringen, hinter den Erscheinungen das Wesen der Dinge zu erkennen. Wenn wir z.B. lesen, Barack Obama sei lange auf sein Präsidentenamt vorbereitet worden, stellt sich uns doch die Frage: Durch wen und für was? Ist aus seinem Agieren und von den Personen, mit denen er sich umgibt, nicht jetzt schon abzulesen, daß er die Interessen des amerikanischen Imperialismus nur sanfter und überlegter durchsetzen soll als sein Vorgänger? Das im Auge zu haben und darauf aufmerksam zu machen ist wichtiger als über seine Hautfarbe und seine schöne Frau zu plaudern.
Bei Lenin läßt sich auch nachlesen, wie der Kapitalismus in der Krise seine Kräfte umgruppiert und nach Gehilfen Ausschau hält. Auf dem jüngsten Parteitag der SPD war zu erkennen, daß ihrem Vorsitzenden nicht nur die gegenwärtige Krise Sorgen bereitet. Viel mehr Sorge macht ihm der Verlust der Akzeptanz des Systems. Alle Schritte der SPD, mit denen sie wieder als Arzt am Krankenbett des Systems agiert, werden wir kritisch begleiten und öffentlich machen. Die stete Zuspitzung in unserer Gesellschaft machen ein großes politisches und ökonomisches Erdbeben vorstellbar. Unsere Partei muß sich deshalb auf ebenso zugespitzte Klassenkämpfe vorbereiten. Kluge Gesetze durch unsere Fraktion im Bundestag vorzubereiten, reicht nicht. Wir brauchen die Aktionen auf der Straße. Und wir müssen auf einen einmal möglichen politischen Generalstreik eingestellt sein.
Lothar Brückner aus Baden-Württemberg schilderte Erfahrungen aus dem gewerkschaftlichen Kampf gegen Sozialabbau und für höhere Löhne besonders unter zwei Gesichtspunkten: erstens sind in den sozialen Auseinandersetzungen künftig nur Erfolge möglich, wenn der Rückgang der Mitgliederzahlen in den Gewerkschaften umgekehrt wird und vor allem auch unter den Angestellten, selbst unter den Vertrauensleuten die Zahl der Mitglieder wesentlich erhöht wird. Dabei geht es nicht um Zahlen, sondern um die Bereitschaft, an bevorstehenden Kämpfen auch teilzunehmen.
Zweitens müssen sich die Gewerkschaften politisch mehr positionieren, stärker in die Gesellschaft als Ganzes hineinwirken. Sie müssen Mitglieder und Nichtmitglieder dafür mobilisieren, auf die Veränderung politischer Rahmenbedingungen einzuwirken. Nur durch ihren Druck läßt sich eine staatlich verordnete Lohndrückerei, lassen sich andere gegen arbeitende Menschen gerichtete gesetzliche Regelungen einmal rückgängig machen. Eines der Probleme dabei ist, daß Gewerkschaftsführung und für einen Sozialabbau verantwortliche Regierungsmitglieder derselben SPD angehören.
Uta Hohlfeld aus dem Land Brandenburg zitierte aus einem Leitantrag an den bevorstehenden Brandenburger Landesparteitag der LINKEN, mit dem unter anderem der Übergang zur Marktwirtschaft als Lehre aus dem Scheitern der DDR und, wörtlich, "die alte Idee eines Dritten Weges" Beschlußinhalt werden sollen. Solchen, den programmatischen Eckpunkten widersprechenden Gedanken werden Vertreter der Kommunistischen Plattform in Brandenburg mit einem Gegenantrag begegnen. Wir wollen weder einen dritten Weg noch die Marktwirtschaft. Wir wollen die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln in den wichtigsten Zweigen der Volkswirtschaft. Wir wollen damit den Grundstein dafür legen, die Ausbeutung der Menschen abzuschaffen und eine sozialistische Gesellschaft zu erringen.
Dorothea Döring aus Berlin bezeichnet die Friedenspolitik unserer Partei, neben unseren sozialpolitischen Vorstellungen, als geradezu das Markenzeichen, mit dem die LINKE besonders bei den Wählern punktet, weil sie als einzige Partei mit aller Konsequenz jegliche Kriegsbeteiligung ablehnt.
Die internationale Friedensbewegung hat ihre einstige Schlagkraft noch nicht wiedergewonnen; die bürgerlichen Massenmedien verschleiern die Kriegsgefahr, die von dem Streben nach Macht und Einfluß von den international agierenden Großkonzernen und den sie stützenden Großmächten ausgeht. Gerade deshalb ist es so wichtig, darauf wachsam Einfluß zu nehmen, daß die LINKE ihre friedenspolitischen Grundsätze nicht aufgibt, nicht mit dem Blick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung zurückweicht.
Reinhard Loeff aus Brandenburg verwies auf die im Internet nachlesbare offizielle Doktrin der Bundeswehr, nach der deutsche Streitkräfte den Zugang zu den Rohstoffen für die deutsche Wirtschaft in aller Welt zu sichern haben. Der von dieser Zielstellung ausgehenden Gefahr, in kriegerische Abenteuer verwickelt zu werden, müssen wir, wie im vorliegenden Beschluß festgehalten, durch ein offensives Eintreten für den Austritt aus der NATO und mit der Forderung nach der Auflösung dieses Militärbündnisses entgegentreten.
Zuvor war Reinhard Loeff auf die zwei Seiten des Kommunalwahlergebnisses in Brandenburg eingegangen: einerseits die beachtlichen Wahlerfolge der LINKEN und andererseits das vermehrte Eindringen von Neofaschisten in gewählte Gremien:
Die Auseinandersetzung mit deren Ungeist ist eine ständige Sache der Linken, aber neben aufklärenden Gesprächen mit den Bürgern, vor allem auch den jungen Wählern, müssen wir auf die Anwendung der vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten dringen, die selbst für ein Verbot der NPD und anderer neofaschistischer Organisationen ausreichen, wenn der Staat sie nur nutzen würde. Gegenwärtig arbeitet Reinhard Loeff an einer Zusammenstellung solcher Rechtsmittel, mit deren Kenntnis man auch lokale Behörden und Polizeibeamte eher zum Handeln gegen rechte Unverschämtheiten bringen kann.
Rim Farha aus Berlin berichtete als Mitglied der Fraktion der LINKEN in der Stadtverordnetenversammlung von Berlin-Lichtenberg über scharfe Debatten in diesem Gremium mit der dortigen NPD-Fraktion. Der Inhalt solcher Auseinandersetzungen, die von den Mitgliedern unserer Partei, aber auch von anderen, in vielen Situationen mit rechtem Ungeist geführt werden, wird in der Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt. Auch aus Furcht davor, den Nazis unnötig Raum in den Medien zu geben. Aber ohne ausreichende Öffentlichkeit bleibt die Gefahr, die von diesen Leuten mit ihren volksverdummenden Aktivitäten ausgeht, verborgen.
Am 6. November beriet die Lichtenberger Volksvertretung über die Fortschreibung von Maßnahmen zur Ausländerintegration. Genossin Farha zitierte in ihrem Diskussionsbeitrag aus dieser Sitzung die Rede eine NPD-Abgeordneten, der seinen Zuhörern folgende Gedankenkette zumutete: Integration bedeute letztlich Auflösung des deutschen Volkes, also Völkermord; Völkermord sei ein Verbrechen und so müsse sich jeder, der einer Integration von Ausländern zustimmt, gefallen lassen, als Verbrecher bezeichnet zu werden.
Das aus diesen Ungeheuerlichkeiten abgeleitete Konzept der NPD für eine Ausländerrückführung, sagte Rim Farha, die auch flüchtlingspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist, klinge für sie nach Deportation, Rassenreinheitsphantasien und Herrenmenschentum. Im Grunde hätten Organisationen, in denen solche Vorstellungen Blüten treiben, in Deutschland, nach den Erfahrungen mit zwölf Jahren Faschismus, gar nicht erst zugelassen werden dürfen. Wir müssen auch beachten, daß Neonazis ihren Ungeist oft verbreiten, ohne sich verfassungswidriger Worte oder Symbole zu bedienen. Das macht Aufklärung um so nötiger.
Arne Brix aus Berlin wies auf eine Broschüre hin, die ein Historiker [Dr. Hans-Peter Klausch aus Oldenburg. Untertitel: "Zur NS-Vergangenheit von niedersächsischen Landtagsabgeordneten in der Nachkriegszeit". Die Studie kann hier heruntergeladen oder bei der Fraktion bestellt werden: linksfraktion-niedersachsen.linkes-cms.de] für die niedersächsische Landtagsfraktion der LINKEN mit dem Titel "Braune Wurzeln, alte Nazis in der Landtagsfraktion aus CDU, FDP und DP" erarbeitet hat. Obwohl es nötiger denn je wäre, fühlt sich in diesen Parteien kaum jemand genötigt, kritisch zur eigenen, oft wenig ruhmvollen Geschichte Stellung zu nehmen. Statt dessen wird von ihnen mit dem Finger tadelnd auf Menschen gewiesen, die in der DDR gelebt und für eine sozialistische Gesellschaft gestritten haben. Die in der Broschüre aufgelisteten Fakten ermöglichen uns Linken nicht nur in Niedersachsen in der Geschichtsdebatte mit den Rechten alles andere als etwa klein beizugeben. Sie kann dort bestellt werden.
Arne Brix äußerte sein Erschrecken über eine zunehmende Ausbreitung des Neofaschismus in Europa. Vorgänge wie beispielsweise der Terror gegen Sinti und Roma in Ungarn verlangen schärfste Gegenreaktionen und unsere praktische Solidarität.
Carsten Schulz aus Berlin bekräftigte aus dem vorgelegten Beschlußentwurf besonders das Bemühen zur Wiederherstellung des uneingeschränkten Asylrechts und unsere Haltung gegen die Restriktionen des Zuwanderungsgesetzes. Solidarität mit den am meisten ausgegrenzten Menschen, die vor Krieg, Armut und Verfolgung flüchten, ist für eine sozialistische Partei Selbstverständlichkeit und Tagesaufgabe.
Seit längerer Zeit bemühen sich Berliner Genossen der Kommunistischen Plattform aus mehreren Bezirken gemeinsam mit Flüchtlingsorganisationen um eine Verbesserung der Lebensbedingungen in der Flüchtlingsunterkunft in Spandau in der Mortardstraße; eigentlich mit dem Ziel, eine Schließung dieser menschenunwürdigen abgelegenen Einrichtung zu erreichen. Carsten Schulz schilderte sehr unterschiedliche Resonanzen, die diese Aktivitäten nicht nur bei Behörden, sondern auch innerhalb der LINKEN fanden. Immerhin wurden bescheidene Verbesserungen erreicht. Aber es bleibt weiter viel Einsatz erforderlich.
Wulf Kleus aus Berlin äußerte sich außerordentlich kritisch zu BAK Shalom, einem Zusammenschluß innerhalb der Linksjugend [’solid], der seit Mitte 2007 besteht und nicht nur für die Jugendorganisation, sondern für die Partei als Ganzes zu einem Problem geworden ist.
BAK Shalom unterstellt in seinen Grundsätzen, daß antiimperialistische Kämpfe per sé auch antisemitische Tendenzen einschließen. Gestützt auf ein konstruiertes Theoriegebäude, in dem Merkwürdigkeiten wie die "Bekämpfung eines regressiven Antikapitalismus" vorkommen, werden antikapitalistische Kräfte in und außerhalb der Partei denunziert und geschwächt. Gerichtet ist das vor allem gegen jene, die eine kritische Position zur israelischen Regierungspolitik einnehmen. Welche Argumente diesen Angriffen auf Grundpositionen der LINKEN entgegengesetzt werden, wird Wulf Kleus in einer der folgenden Ausgaben der Mitteilungen darstellen.
Georg Dorn, selbst 82 Jahre alt, setzte sich engagiert für die politische Arbeit unter der Jugend ein. Viele von uns in unserer Partei werden das, wofür wir kämpfen, nicht mehr erleben. Deshalb müssen wir die Jugend an unserer Seite haben. Wir müssen jungen Leuten helfen, sich den brutalen Manipulationsmechanismen, denen sie ständig ausgesetzt sind, zu widersetzen. Wir müssen ihnen helfen, sich ihrer eigenen Interessen bewußt zu werden und für sie einzutreten. Weil das nicht nur eine Aufgabe des Jugendverbandes sein kann, will Georg Dorn gerne Genossen aller Altersgruppen um sich versammeln, um mit ihnen zu überlegen, wie wir einen Tonfall finden, daß die Jugend uns versteht, wie wir auf junge Leute dort zugehen, wo sich die Jugend trifft.
Dieter Vogel aus Niedersachsen schilderte aus eigenem Erleben die Proteste der 16.000 gegen den jüngsten Transport der Castor-Behälter nach Gorleben. Vor zwei Jahren gingen nicht ganz zehntausend Demonstranten an die Transportstrecke. Ein großer Schritt vorwärts. Und wir werden unsere Mobilisierungskraft gegen den leichtfertigen Umgang mit dem Atommüll weiter entwickeln. Die Gefahren, die von den Castor-Transporten durch dicht besiedelte Wohngebiete ausgehen, sind vielen bekannt. Weniger im Gespräch ist, daß es zu Gorleben als Endlager noch keine Entscheidung gibt. Deshalb werden 91 Castor-Behälter – und 33 sollen noch hinzukommen – über der Erde in einer Beton-Halle, von den Demonstranten Strohscheune genannt, gelagert. Und sie werden möglicherweise noch einmal an andere Zielorte gebracht. Wir müssen das aufmerksam verfolgen und mit gediegenen Informationen den Widerstand verbreitern.
Horst Jäkel aus Potsdam warb in einem kurzen Beitrag um Aufmerksamkeit und Mitwirkung an zwei Veranstaltungen im nächsten Jahr. Mitte März findet in Berlin eine Internationale Friedenskonferenz statt. Organisiert wird sie vom Europäischen Friedensforum unter Mitwirkung der Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde sowie weiteren Organisationen.
Eine Woche vor Ostern, am 4. April, macht sich in Potsdam der 8. Ostermarsch gegen Einsätze der Bundeswehr stark. Für Potsdam ist eine hohe Beteiligung gerade deshalb zu wünschen, weil in Potsdam-Geltow das Einsatzführungskommando der Bundeswehr seinen Sitz hat. Hier werden Kriegspläne geschmiedet und Buch über kriegstote Deutsche geführt. Verbunden wird der Ostermarsch in Potsdam mit der 4. Demonstration gegen Sozialabbau und Hartz IV.