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Es geht um die Glaubwürdigkeit der LINKEN

Bericht des Bundessprecherrates von Jürgen Herold, Bundessprecher der KPF

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Bundestagswahlergebnisse der LINKEN – davon sind wir überzeugt – sind maßgeblich der Tatsache geschuldet, dass unsere Partei in ihrem Wahlkampf strikt darauf fokussiert war, SPD und Grüne als gewünschte Koalitionspartner nicht zu verärgern. Aus »Stoiber verhindern« im Jahr 2002 wurde neunzehn Jahre später, die einzige Partei, die keinen CDU-Kanzler wählen würde, sei DIE LINKE. Ein Déjà-vu-Erlebnis. Alle Politikfelder waren von diesem angepassten Wahlkampf berührt. Am deutlichsten zeigte sich die Anpassung in der Bereitschaft, die friedenspolitischen Grundsätze unserer Partei infrage zu stellen. In manchen Diskussionen wird uns entgegengehalten: »Warum betont ihr diese Frage so sehr? Die Erfahrungen besagen doch, dass die meisten Menschen an sozialen und umweltpolitischen Fragen weitaus mehr interessiert sind als an friedenspolitischen Prinzipien.« An dieser Aussage zweifeln wir nicht. Welche Rolle spielt denn die Kriegsvorbereitung in den bürgerlichen Medien und somit in den Köpfen vieler Menschen? Wir haben die Aufgabe, Prozesse ins Bewusstsein zu setzen, die die Herrschenden verschleiern wollen. Wie unsagbar schwer das ist, weiß jeder von uns. Und doch müssen wir uns dem stellen. Und noch etwas: Dass wir den Kampf um den Erhalt der friedenspolitischen Grundsätze unserer Partei seit Jahr und Tag in den Mittelpunkt des Wirkens der KPF stellen hat nicht nur politisch-ideologische Gründe, ist nicht nur eine Pflicht gegenüber der Friedensbewegung. Es geht auch um die Glaubwürdigkeit der LINKEN. Man kann nicht essenzielle programmatische Inhalte mal eben zur Disposition stellen, weil es tagespolitisch opportun zu sein scheint. Friedenspolitik verhandelt man nicht auf dem Basar. Das kostet Vertrauen, auch bei Menschen, die sich für andere Politikschwerpunkte mehr interessieren. Wie auch immer – ob im Bewusstsein vieler oder eher weniger Menschen lebendig: Der Kampf gegen die Entfesselung eines weltumfassenden Krieges, der ein atomarer wäre, ist objektiv der entscheidende im Ringen um den Erhalt der Zivilisation und der Natur. Und die drohenden Gefahren zeichnen sich immer deutlicher ab, denken wir nur an den so genannten Nato-Masterplan, der im Oktober in Brüssel beschlossen wurde, und in diesem Kontext z.B. an die jüngst erfolgte Reaktivierung des 1991 außer Dienst gestellten US-Raketenkommandos in Wiesbaden.

… bereits am Abend kannte man die Hintermänner

»Man müsse sich auf einen Krieg im Pazifik vorbereiten – ›jetzt‹«, so der scheidende Kommandeur des U.S. Indo-Pacific Command, Philip Davidson, im März 2021 vor dem Streitkräfteausschuss des US-Senats. »Die Debatte nach außen getragen hat jüngst der ehemalige Nato-Oberbefehlshaber James E. Stavridis. Der Admiral a.D., ein unter Militärs renommierter Stratege, hat ebenfalls im März ein Buch publiziert, in dem er in Romanform einen künftigen Krieg zwischen den USA und der Volksrepublik China beschreibt. Dieser eskaliert zum Atomkrieg; bei einem US-Angriff mit Nuklearwaffen auf Shanghai kommen in dem Roman mehr als 30 Millionen Menschen ums Leben. ›Wir müssen uns alle gemeinsam vorstellen, wie schrecklich ein Atomkrieg ist, um ihn zu vermeiden‹, hat Stavridis im Juni in der japanischen Tageszeitung Asahi Shimbun erklärt: ›Das soll das Buch bezwecken‹. Äußerungen, die der Publikation folgten, stimmen freilich pessimistisch. Stavridis nannte den Roman ›2034‹. Das ist das Jahr, in dem laut seiner Einschätzung ein Krieg zwischen den USA und China droht. Viele seiner Offizierskollegen hielten das Szenario, das in dem Buch beschrieben wird, für sehr realistisch, berichtet Stavridis. Nur seine zeitliche Prognose stoße auf Kritik: Viel wahrscheinlicher sei es, dass der Krieg früher beginne, höre er immer wieder – 2026, vielleicht gar schon 2024.«[i]

In die gleiche Richtung gehen Worte des US-Präsidenten: »Ich denke, es ist mehr als wahrscheinlich«, so Joe Biden am 27. Juli 2021, »dass, wenn wir in einem Krieg enden werden – einem echten Krieg mit einer Großmacht –, es Folge eines Cyberangriffs von großer Tragweite ist, und die Wahrscheinlichkeit nimmt exponentiell zu.«[ii]

Regelmäßig werfen die USA Russland und China vor – und das ohne jeden Nachweis – sie verantworteten schwere Cyberangriffe. Das ist psychologische Kriegsführung und die nimmt bereits seit zwei Jahrzehnten wieder gefährlich an Fahrt auf.

Vor gut 20 Jahren wurden in den USA zeitgleich vier Flugzeuge entführt. Keiner der Insassen überlebte. Zwei Maschinen flogen in das World Trade Center, eines in das Pentagon, und eines stürzte, wie auch immer, ab. Niemand in den USA und andernorts will von den Vorbereitungen auf diesen Coup etwas bemerkt haben; aber bereits am Abend des 11. September 2001 kannte man dessen Hintermänner und die ausführenden Attentäter. Einige von denen hatten ihre Pässe in einem nahe eines der Startflugplätze geparkten Auto deponiert. Seither wird aus sehr nachvollziehbaren Gründen vieles gemutmaßt. Doch sicher ist: Die SS-Männer, die am 1. September 1939 in polnischen Uniformen den Sender Gleiwitz überfielen, waren es nicht.

Am 10. Februar 1999 – also zwei Jahre und sieben Monate vor 9/11 – hielt der Staatssekretär für politische Angelegenheiten im US-Außenministerium, Thomas Pickering, in der amerikanischen Militärakademie West Point einen Vortrag zum Thema »USA müssen ihren militärischen Auftrag in der Zeit nach dem Kalten Krieg überdenken«[iii].

Die USA hätten »den Kampf um die Erweiterung und Verteidigung der Freiheit und den Kampf um die Eindämmung des Kommunismus an beiden Fronten gewonnen«. Es sei schwieriger geworden, »eine Linie zu ziehen und auszumachen, wo die Interessen der Vereinigten Staaten beginnen und enden. Ein Konflikt, der in einem Teil der Welt außer Kontrolle gerät, kann unserer Wirtschaft schaden oder unseren Zugang zu Rohstoffen beschränken. Krankheiten, Drogen und Terroristen, die sich in Unruhegebieten ausbreiten, überqueren nur allzu leicht Grenzen. Von ihrem Ursprung in den Krisengebieten eines weit entfernten Landes können sie schnell direkte, tödliche Auswirkungen auf Amerikaner haben. Befassen wir uns mit ihnen, wenn sie noch weit von unseren Grenzen entfernt sind und verhindern ihre Ausbreitung? Warten wir, bis Freunde, Verbündete und Märkte infiziert sind? Oder kämpfen wir nur in unserem eigenen Land?« Pickering weiter: »Statt der klaren Gefahr von durch die Fuldaer Senke nach Deutschland einmarschierenden Warschauer-Pakt-Divisionen stehen wir weniger fassbaren vielschichtigen Problemen … gegenüber. … Diese Probleme erfordern eine breiter gefächerte Sicht unserer nationalen Interessen und konfrontieren uns öfter mit schwerwiegenden Entscheidungen über Interventionen.«

Thomas Pickering kam dann darauf zu sprechen, dass die USA gemeinsam mit Partnern, vor allem der NATO, oder unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen handeln könne. Wörtlich: »Im Allgemeinen ist es einfacher, gemeinsame Einsätze zu legitimieren. Die Vereinigten Staaten werden unter keinen Umständen jemals auf ihr Recht verzichten, allein zu handeln, wir sehen uns allerdings deutlich weniger Kritik ausgesetzt, wenn wir mit anderen handeln und größere praktische und politische Unterstützung gewinnen. … Andererseits erfordert multilaterales Engagement eine längere Vorbereitungsphase und ist komplizierter durchzuführen.«

Die Rettung der Welt hat Priorität

Welche Sicht wer auch immer auf die Ereignisse des 11. September 2001 hat: Der militärische Auftrag der USA in der Zeit nach dem Kalten Krieg war nicht länger zu überdenken: Die zu wahrenden Interessen der USA hatte Pickering aufgezeigt, ebenso Anlässe für Interventionen. Klar benannte er auch die Bereitschaft, sowohl unilateral als auch multilateral zu handeln. Nur mit dem Feind sah es zwei Jahre und sieben Monate vor dem Flug in die Türme des World Trade Center schlecht aus, nach der »Eindämmung des Kommunismus«. Mit dem 11. September 2001 war auch diese eminent wichtige Frage zunächst beantwortet. Moritz Hieronymi hat mit seinem Artikel »Terror auf Terror – Die Nachwehen des 11. September 2001« in den September-Mitteilungen die Entwicklungen seither faktenreich beschrieben. Und gerade erleben wir den Übergang vom Antiislamismus zu einem komplexeren Feindbild. Die Welt wird in demokratische und autoritäre Staaten aufgeteilt. Wer Demokrat ist und wer ein autoritärer Herrscher – dass bestimmt natürlich der Westen unter Führung der USA mit der NATO im Schlepptau. Wenn nach deren Definition Indien die größte Demokratie der Welt ist, nicht zuletzt gekennzeichnet durch unfassbares Elend, dann ist die Zuordnung ebenso nicht zu hinterfragen, wie die hassvolle Charakterisierung Chinas als autoritäres Regime – egal ob dort der Hunger besiegt ist oder nicht. Der Westen will so sehr bestimmen, welche Werte gelten, dass er sie nicht einmal mehr zu benennen für nötig hält. Doch China hält offensiv dagegen. So äußerte der stellvertretende Außenminister des Landes Xie Feng am 26. Juli 2021 auf einem Treffen mit der stellvertretenden US-Außenministerin Wendy Sherman, Washington behaupte, es setze sich für Menschenrechte, für eine »regelbasierte internationale Ordnung« ein. Faktisch handle es jedoch, so Xie auf die aggressive Sanktions- und Kriegspolitik der USA anspielend, nach dem »Gesetz des Dschungels«[iv]. Das ist eine äußerst knappe und zugleich sehr zutreffende Charakterisierung des Agierens des US-Imperialismus auf der internationalen Bühne.

Welche Konsequenzen ergeben sich für Kommunistinnen und Kommunisten aus dieser Situation?

1.      Heute für den Frieden einzutreten, heißt, im Land des wirtschaftlich potentesten Bündnispartners der USA – in der BRD – die Friedensfrage stetig zu thematisieren. Wir unterschätzen die Probleme der Umweltzerstörung nicht und wir sind uns dessen bewusst, dass sowohl die Ursachen für Kriege als auch für die Umweltzerstörung im Profitsystem begründet liegen. Und der Zusammenhang zwischen Gesundheitskatastrophen wie der Covid-Pandemie und dem Kapitalismus liegt auch auf der Hand. Doch während – wenngleich meist nicht antikapitalistisch – Umweltfragen und gesundheitliche Probleme thematisiert werden, wird die Gefahr eines atomaren Infernos bestenfalls angedeutet. Die Friedensbewegung hat derzeit einen zu schwachen Zulauf. Es obliegt auch uns Kommunistinnen und Kommunisten, wieder und wieder marxistisch über die Kriegstreiber und deren Interessen aufzuklären und in Bündnissen gegen sie zu mobilisieren. Nach wie vor – und heute vielleicht noch mehr als damals – gilt, was Pierre Thorez über seinen Vater, den langjährigen (1930 – 1964), legendären Generalsekretär der Französischen Kommunistischen Partei Maurice Thorez sagt: »Angesichts der Existenz von Atomwaffen, die alles Leben auf der Erde auslöschen können, hat mein Vater verstanden, dass die Rettung der Welt Priorität hat.«[v]

Für uns resultiert daraus die uneingeschränkte Verpflichtung, um den Erhalt der friedenspolitischen Grundsätze der LINKEN zu kämpfen. Es zeichnet sich ab, dass diese Prinzipien entsorgt werden sollen, indem manche danach streben, das geltende Parteiprogramm durch ein neues zu ersetzen. Erinnert sei nur an das nd-Interview mit Katja Kipping vom 28.10.2021[vi], auf das der Bundessprecherrat öffentlich reagiert hat[vii]. Die Partei befindet sich in einer tiefen Krise. Diese wurde weder durch unser Parteiprogramm noch durch das Wahlprogramm verursacht. Der Ruf nach einem neuen Parteiprogramm erschließt sich uns daher nicht. Sollten sich diejenigen in der LINKEN durchsetzen, die eine Programmdebatte wollen, um die friedenspolitischen Grundsätze zu schleifen, so werden wir uns dieser Auseinandersetzung stellen.

Äquidistanz macht konsequenten Friedenskampf unmöglich

2.      Heute für den Frieden einzutreten, bedingt, den US-Imperialismus, die von ihm geführte und instrumentalisierte NATO und all jene darüber hinaus, die sich vor den Karren US-amerikanischer Politik spannen lassen, als die Hauptverantwortlichen für die Weltkriegsgefahr zu entlarven. Es geht den USA darum, den Wettlauf mit China nicht zu verlieren. Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Charles Schumer, äußerte in diesem Kontext: »Wenn wir nichts tun, können unsere Tage als vorherrschende Supermacht gezählt sein«[viii] Und noch einmal Schumer: »Wir wollen nicht, dass die Tage unter unserer Regie zu Ende gehen.«[ix] Und Biden meint: »Wir befinden uns in einem Wettbewerb um den Sieg im 21. Jahrhundert. Der Startschuss ist gefallen.«[x] Der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sekundiert, »Die Staaten des Westens sähen sich mit ›vielen Herausforderungen‹ konfrontiert, denen sie ›nicht alleine entgegentreten‹ könnten. ›Eine starke NATO‹ sei daher gut für alle Mitglieder auf beiden Seiten des Atlantiks. Gemeinsam müsse man sich gegen Russland positionieren, …, aber auch gegen China.«[xi] Annegret Kramp-Karrenbauer setzte dem Ganzen die Krone auf. Vor Generalstabsoffizieren in Hamburg erläuterte sie die Stoßrichtung der NATO-Politik. »Verteidigung, das heißt: Abschrecken mit der Androhung militärischer Gewalt, um so Raum für politische Lösungen zu schaffen. Aber notfalls heißt es auch Anwendung militärischer Gewalt – kämpfen.«[xii] Und Frau AKK erläutert dann, »der Feind komme aus dem Osten.«[xiii] Diese gefährliche Scharfmacherei, AKK schreckt selbst vor der Möglichkeit eines Atomwaffeneinsatzes nicht zurück, dient – dies sei noch einmal betont – dem Bestreben der USA, »Einzige Weltmacht« zu bleiben. Russland als die einzige den USA ebenbürtige Atommacht, zunehmend gemeinsam mit China handelnd, ist in dieser Auseinandersetzung ein gewichtiger geopolitischer Faktor. Wie auch immer die Politik und das Agieren dieser beiden Staaten im Einzelnen zu bewerten sind: Sie sind die Hauptkräfte gegen das Weltherrschaftsgebaren der USA und des Westens. Deshalb ist jede Äquidistanz nicht nur unangebracht, sondern sie macht konsequenten Friedenskampf unmöglich. Wir sind daher froh, dass der Bundesausschuss unserer Partei am 7. Mai 2021 unseren Antrag »Frieden mit Russland ist Deutschlands Pflicht« angenommen hat. Jene in der Partei, die ihr die Linie der Äquidistanz aufzwingen wollen, kamen erneut nicht durch. Einen Tag vor dem 80. Jahrestag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion blieben diejenigen in der Minderheit, die gern die nachfolgende Position von Alan Posener zur Beschlusslage der LINKEN machen würden: »Darüber hinaus muss sich gerade die kulturelle Linke von der Vorstellung lösen, der Frieden mit Russland um beinahe jeden Preis sei wegen des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion 1941 eine moralische Pflicht.«[xiv]

3.      Heute für den Frieden einzutreten, verlangt kategorisch, sich der ideologischen Neuaufteilung der Welt in demokratische und autoritäre Staaten durch den Westen zu widersetzen. Diese Aufteilung bezweckt die pseudo-moralische Legitimierung sowohl der Organisierung von Regime Changes als auch der Vorbereitung von Interventionen. Kaum irgendwo in der Welt zeigt sich das so deutlich, wie im Verhältnis des Westens zu Kuba. Am 22. Juli 2021 erklärte US-Präsident Biden: »Die Vereinigten Staaten werden weiterhin alle bestrafen, die für die Unterdrückung des kubanischen Volkes verantwortlich sind.« In Kolumbien, in den September-Mitteilungen wird darüber berichtet, wo jeden Tag Menschen ermordet werden und Todesschwadronen Massaker anrichten, bestrafen die USA niemanden, der das zu verantworten hat. Im Gegenteil: Kolumbien ist als einziger lateinamerikanischer Staat seit 2018 »globaler Partner« der NATO. Hier sei eingefügt: Auch darüber hat Pickering schon 1999 gesprochen. Er sagte in West Point: »Die Frage, wann man sich politisch oder militärisch engagiert, ist ein absolutes Schlüsselthema. Ob das Problem ein militärischer Konflikt oder eine größere wirtschaftliche und soziale Störung ist – wir als Führungsmacht der Welt müssen der Verantwortung unserer nationalen und internationalen Interessen gerecht werden. Weder wir, [noch] unsere Verbündeten noch irgendeine regionale oder internationale Organisation hat die Fähigkeit, bei jeder Gelegenheit einzugreifen. Dennoch gibt es klare moralische Dilemmas bei der Entscheidung, in einigen Situationen zu helfen und in anderen das Leid andauern zu lassen.« Soweit Pickering seinerzeit. Er hätte es kürzer machen können. Die USA und der Westen bestimmen, natürlich ausgehend von ihren Interessen, nicht nur, dass man gegebenenfalls auf die Souveränität anderer Staaten pfeift, sie bestimmen nicht nur, bei welchen Gelegenheiten das passieren soll oder bereits passiert ist, sie haben auch die Interpretationshoheit darüber, wem sie warum ihre »helfende« Einmischung angedeihen lassen. Der zwanzigjährige Krieg in Afghanistan war hierfür ein Präzedenzfall. Bis zu seinem Ende im August dieses Jahres auf dem Kabuler Flughafen. Wieder einmal wurde der Bundestag genötigt, dem völkerrechtswidrigen Agieren der Nato, und in ihr der Bundeswehr, die Zustimmung zu erteilen. Die KPF hat sich in den Erklärungen vom 22. und 29. August dazu geäußert; ebenso im Interview von Ellen in der jW vom 25.08.2021 – dem Tag der Abstimmung über den »Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan« im Deutschen Bundestag. Wir sind unseren Grundsätzen treu geblieben und danken heute noch einmal von Herzen unseren sieben Bundestagsabgeordneten – Sevim Dagdelen, Zeki Gökhan, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Zaklin Nastic und Andreas Wagner –, die das unter ungeheurem Druck stehend durch ihr Abstimmungsverhalten taten.

Helmut Scholz, MdEP der LINKEN, hat für diesen aggressiven, friedensgefährdenden Politikstil klare Worte gefunden: »Es wird mehr und mehr Usus, ja politische Doktrin, unterschiedliche Wertvorstellungen der Ausgestaltung der innenpolitischen Entwicklung zum Ausgangspunkt für die Bewertung in Gut und Böse vorzunehmen. Das widerspricht Geist und Buchstaben der Vereinten Nationen, das widerspricht der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten und vor allem der gemeinsamen Verantwortung für die Bewahrung des Weltfriedens und der aktiven Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele der UN-Agenda 2030.«

Jens Stoltenberg stellt die Richtigkeit dieser Äußerungen von Helmut Scholz in einem einzigen Satz über China unter Beweis: »Es teilt unsere Werte nicht.«[xv] Diese ignorante Missachtung des Völkerrechts konnten sie sich vor mehr als 20 Jahren mit einem Jelzin an der Spitze Russlands und einem im Vergleich zu heute wesentlich schwächeren China noch ziemlich ungestört leisten. Es ist schwerer für sie geworden, und das macht die internationale Lage nicht ungefährlicher. Umso wichtiger ist es, dass es im Land des europäischen Hauptverbündeten der USA – in Deutschland – eine in den Parlamenten vertretene Partei gibt, deren Verhältnis zur NATO fundamental kritisch ist und die für ein vernünftiges Verhältnis zu Russland und China eintritt.

Für uns gilt der Klassenansatz

Wir haben uns unmittelbar nach den Bundestagswahlen in einer Erklärung mit ersten Überlegungen zu den Wahlergebnissen der LINKEN zu Wort gemeldet. Es ist gut, dass wir nicht vor der Entscheidung standen, ob DIE LINKE in eine Bundesregierung eintreten sollte. Es ist ein Desaster, dass unsere Partei fast die Hälfte des Stimmanteils verlor und die Fünf-Prozent-Hürde nicht nahm. Wir wollen an dieser Stelle darauf verweisen, dass es im Vorfeld der Wahlen an Warnungen nicht fehlte. So schrieben 10 Zusammenschlüsse der LINKEN[xvi] nach einer Beratung am 9. Juni an den Parteivorstand: »Die dargelegten Erfahrungen der Konferenzteilnehmer stimmten in einem Punkt weitgehend überein: Es könnte sich als ein schwerer Fehler erweisen, wenn Protagonistinnen und Protagonisten unserer Partei an der Einschätzung festhielten, dass nach den Bundestagswahlen eine grün-rot-rote oder rot-rot-grüne Regierung im Bund einen Politikwechsel einleiten könnte. Frau Baerbock verlangt von uns die Aufgabe von Positionen, die für DIE LINKE nicht verhandelbar sind, und führende SPD-Mitglieder tun das auch.

Wenn einige in unserer Partei bei ihrem Kurs bleiben, eine Teilnahme an einer Bundesregierung faktisch zum zentralen Wahlziel zu erheben, so könnten wir einen erheblichen Teil unserer Stammwählerschaft verlieren und unsere Glaubwürdigkeit als parlamentarische Opposition im Bund womöglich gleich mit.«[xvii] Zu diesem Schreiben erhielten wir nicht einmal eine Empfangsbestätigung.

Desaströs sind unsere Wahlergebnisse besonders im Osten, jahrzehntelang für uns eine Hochburg. Nun sind die Auseinandersetzungen um die Ursachen für das Desaster in vollem Gange. An bestimmten, vorwiegend machtpolitischen Auseinandersetzungen um die angeblich richtige Linie der Partei haben wir uns vor den Wahlen nicht beteiligt. Nach diesen Wahlen werden wir uns der Debatte nicht entziehen, welche Zielgruppen verstärkt im Mittelpunkt unserer Parteiarbeit stehen müssen. Eins dürfte klar sein: Wir müssen vor allem für all jene spürbar da sein, die in diesem Land keine Lobby haben. Für Arbeiterinnen und Arbeiter ebenso, wie für die Arbeitslosen, für die Lernenden und Studierenden, wie für diejenigen mit den kleinen Renten oder mit Grundsicherung. Und noch etwas versteht sich von selbst: Wir machen keinen Unterschied zwischen denen mit deutscher Herkunft und jenen mit migrantischem Hintergrund. Für uns gilt vorwiegend der Klassenansatz. Und der schließt Solidarität mit Minderheiten keineswegs aus. Allerdings lässt diese Herangehensweise auch nicht zu, die gesellschaftlichen Probleme auf die Nichtbeachtung von Minderheiteninteressen zu reduzieren. Für uns gelten uneingeschränkt die Worte Martin Luther Kings: »Das Ziel von Unterdrückung war immer schon, die Massen der armen Menschen – schwarz, braun und weiß – davon abzuhalten, zusammenzukommen und so zu wählen, dass die wirtschaftliche Struktur des Landes verändert wird.«[xviii]

Wir verstehen die Diskussion nicht, die sich um die Frage zu drehen scheint, ob wir uns der Arbeiterklasse wieder zuwenden müssten, oder ob es gar keinen Grund für diese Forderung gäbe, weil unsere Partei das ohnehin täte. Wir verstehen diese Debatte aus mindestens zwei Gründen nicht. Zum einen war die Politik der PDS und später der LINKEN – sieht man von einer relativ kurzen Zeit vor dem Zusammenschluss von Linkspartei und WASG und einer relativ kurzen Zeit danach ab – gelinde gesagt nicht besonders intensiv auf die Arbeiterklasse ausgerichtet. Im Gegenteil: Nach der Wende konnte nicht ausdrücklich und oft genug betont werden, dass wir nicht mehr die Partei einer bestimmten Klasse seien.

Zum anderen ist die laufende Debatte über die Arbeiterklasse keine über antikapitalistische Klassenpolitik. Vielmehr wird der Begriff Arbeiterklasse in gewisser Weise benutzt. Hier wird eine künstliche Entgegensetzung von Arbeiterinteressen zu Strategien für mehr kulturelle Vielfalt in politischen Mitgliederorganisationen, Diversitätspolitik genannt, hergestellt. Dort wird missbräuchlich so getan, als sei Diversitätspolitik automatisch Klassenpolitik. Antikapitalistisch ist weder die eine noch die andere Herangehensweise. Beide Sichten umgehen die Eigentumsfrage. Bedeutsam an diesem unfruchtbaren Streit sind ohnehin vor allem die Folgerungen. Die einen schreiben nationalistisch und teils rassistisch manipulierte Menschen ab und überlassen sie so vollkommen den Rechten, und die anderen sehen eine Chance, an solche Menschen heranzukommen, in Anpassungs-»Strategien« an deren von rechts beeinflusste Denkweise. Das Ganze kulminiert in dem abstoßenden Streit über die Zuwanderung, bei dem beide Seiten nur verlieren können, vor allem aber ist es die Partei, die daran kaputt geht.

Ausbeuter auch Ausbeuter nennen

Eine sozialistische Partei lebt nicht nur von ihrem Programm und der davon hoffentlich abgeleiteten Tagespolitik. Sie lebt auch von einem unangreifbar positiven Verhältnis zur Solidarität, zum Internationalismus, und ebenso von einer Beziehung zu den Landsleuten, die nicht von antideutschen Ressentiments zerfressen ist. Wem diese Beschreibung zu abstrakt ist, der möge sich den Film von Konrad Wolf »Sonnensucher« ansehen. Eine sozialistische Partei hat eine achtungsvolle Beziehung zu Menschen, frei von Zynismus. Das schließt ein, die Ausbeuter Ausbeuter zu nennen. Danach reißt sich DIE LINKE nicht. Und darin sehen wir das Hauptproblem. DIE LINKE macht keine antikapitalistische Politik. Sie ist natürlich kapitalismuskritisch. Aber das ist die SPD in gewisser Weise auch.

Von Lenin stammt der Gedanke, dass kein Argument so überzeugend ist, wie eine soziale Erfahrung. Eine Grunderfahrung unserer Zeit ist es, dass der Markt es eben nicht richtet. Und so verliert die neoliberale Ideologie zunehmend an Wirksamkeit. Objektiv bietet die kapitalistische Wirklichkeit tagtäglich Gründe genug, über das zivilisationszerstörende Funktionieren des Profitsystems nachzudenken. Aber – es gibt absolut keinen Automatismus, dass dies auch geschieht. Linke und jegliche Humanisten stehen vor einer beinahe unmöglich erscheinenden Aufgabe: Sie müssen antikapitalistisch aufklären und mobilisieren und sich dabei den ungezählten Möglichkeiten des Kapitals widersetzen, im Rahmen der immer komplexer verlaufenden gesellschaftlichen Prozesse die Interpretationshoheit auszuüben.

Wir machen gerade weltweit die Erfahrung, wie die im Kontext mit der Pandemie sich entwickelnden sozialen Verwerfungen, Demokratieeinschränkungen und Defizite im Zusammenhang mit den Anti-Corona-Maßnahmen nicht auf das Funktionieren des kapitalistischen Systems zurückgeführt werden. Doch worum geht es letztlich, wenn gewaltigen Kapitalgesellschaften Milliarden zur Verfügung gestellt werden und gleichzeitig ungezählte Kunst- und Kulturschaffende vor dem Ruin stehen? Worum geht es letztlich, wenn Werktätige in Krankenhäusern, Pflegerinnen und Pfleger in Senioreneinrichtungen, Erzieherinnen und Erzieher, Verkäuferinnen und Verkäufer als systemrelevant beklatscht werden, ohne ihr Wirken ernsthaft materiell zu verbessern? Woran liegt es letztlich, dass dringend benötigte Masken zunächst einmal irrsinnig teuer wurden, weil nicht gesundheitliche Bedürfnisse im Mittelpunkt stehen, sondern die räuberischen Regeln des Marktes? Die Beispiele ließen sich endlos fortführen. Und da ist noch kein Wort darüber verloren, dass der Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte im Rahmen der Corona-Maßnahmen nicht zwangsläufig bedeutet, dass diese Rechte nach dem Ende der Pandemie wiederhergestellt werden – unabhängig davon, wie wer zur gegenwärtigen Notwendigkeit bestimmter Einschränkungen steht.

Statt das Kind beim Namen zu nennen, wird nicht selten jegliche Verantwortung für die aktuellen Probleme auf einzelne Kapitalisten und mehr noch auf gerade agierende Regierungen geschoben. »Merkel muss weg« steht für dieses Prinzip. Dieses Prinzip erzeugt die mit dem Ampelkoalitionsvertrag jetzt schon sterbende Illusion, eine andere bürgerliche Regierung würde es ganz anders, zumindest aber viel besser machen. Das Kapital nimmt diesen Vertrag überwiegend wohlwollend auf. Nur die Finanzierung sei noch unklar, heißt es. Wir haben diese Unklarheiten nicht. Wer große Investvorhaben proklamiert und zugleich zur Schuldenbremse zurückkehren will, der hat die Weichen für eine verstärkte Umverteilung von unten nach oben bereits gestellt. Das wird zu noch mehr Resignation führen, bei manchen in den Verzicht mündend, überhaupt wählen zu gehen. Resignation verbindet sich bei vielen nicht selten mit der Vorstellung, ein starker Mann oder eine Marine Le Pen könnte Abhilfe schaffen.

Antikapitalistisch aufklären

All diese bewusst von den Kapitalmedien verschiedenster Richtungen geschürten Sichtweisen drücken nach rechts, und es ist eine absolute Illusion, zu glauben, man könne sie überwinden, indem man sich ihr annähert. Wandel durch Annäherung hat in der bisherigen Menschheitsentwicklung immer nur den Herrschenden genutzt. Für die Beherrschten kommt nur Aufklärung infrage. Was verstehen wir, Kommunistinnen und Kommunisten in der LINKEN, unter antikapitalistischer Aufklärung – natürlich ausgehend von unserem Parteiprogramm?

1.      Antikapitalistische Aufklärung beginnt bei unserer alltäglichen Kleinarbeit im Interesse derer, die nicht über Produktionsmittel verfügen und durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft den Besitzenden in der Regel stetig wachsende Profite bescheren. Diese tagtägliche Aufklärungsarbeit müssen wir überall leisten. In Landesregierungen. Als Bürgermeister. Als Abgeordnete – ob in Kommunen, in den Landtagen und im Bundestag oder im Europaparlament. In Gewerkschaften, Vereinen oder Bürgerinitiativen, in antifaschistischen oder friedenspolitischen Bündnissen, auf der Straße demonstrierend und in Gesprächen: in der Familie, unter Freunden, mit Kollegen und sonst wo noch. Wir müssen die soziale Erfahrung organisieren: Dort, wo Sozialistinnen und Sozialisten sind, sind sie aktive Interessenvertreter derer, die keine Lobby haben. Sie helfen, wo sie können, und kämpfen zugleich darum, dass Menschen sich selbst politisch engagieren und auch wehren.

2.      Diese tagtägliche Arbeit kann mindestens zwei Erkenntnisse befördern: Zum einen, dass der Kampf um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in der Regel dort an Grenzen stößt, wo Kapitalvertreter zu dem Schluss kommen, dass hier Kapitalinteressen infrage gestellt werden. Davon zeugt der gesamte Verlauf der Aktion »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«. Als wir in Berlin an Wahlständen noch Unterschriften sammelten, wurden wir nicht selten gefragt, ob wir denn eine Chance gegen die mächtige Immobilienlobby hätten. Die Antwort, dass sei offen und es gäbe keinerlei Garantie, und dennoch seien durch die Aktion viele Menschen politisiert worden. Das sei langfristig für den Kampf gegen die Immobilienwirtschaft wichtig – diese Antwort wurde durchaus akzeptiert. Es ist außerordentlich bedeutsam, dass 42,3 Prozent der stimmberechtigten Berlinerinnen und Berliner (das entspricht 57,6 Prozent der abgegebenen Stimmen) am 26. September 2021 dem »Beschluss zur Erarbeitung eines Gesetzentwurfs durch den Senat zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen« zugestimmt haben und das Quorum von 25 Prozent der Stimmberechtigten damit deutlich übertroffen wurde. Das potenziert den Widerstand der Immobilienlobby, die die Rückendeckung von Frau Giffey und anderen hat. Auf dem Berliner LINKEN-Landesparteitag am 17. Oktober 2021 haben sich diejenigen durchgesetzt, die – auch wenn sie anderes weismachen wollten – dem Druck von Giffey & Co. bereits nachzugeben bereit waren, wenngleich der Widerstand auf dem Parteitag dagegen beachtlich war. Nunmehr hat sich die SPD beim Thema Umgang mit dem Volksentscheid durchgesetzt. Martin Kröger schrieb dazu im nd vom 24.11.2021: »DIE LINKE, das macht der miese Kompromiss deutlich, lässt ihren eigenen Anspruch einer politischen Wohnungswende nun fallen. Innerparteilich wird das zur Zerreißprobe führen.«[xix] Das wird sich bereits am 04.12.2021 auf dem Berliner Landesparteitag zeigen, zu dessen Vorbereitung sich der KPF-Landessprecherrat am 01.12.2021 treffen wird.

Zur zweiten Erkenntnis: Der Kampf um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen befördert das Verständnis, dass es nicht die Zugezogenen sind, vor allem also Flüchtlinge und Asylbewerber, denen die schon immer hier Lebenden ihre sozialen Probleme zu verdanken haben, sondern dass es vielmehr gilt, gemeinsam gegen soziale Ungerechtigkeiten zu kämpfen. Nicht die Hinzugekommenen gefährden das Funktionieren des Gemeinwesens, sondern der Kapitalismus zerstört es.

Machen wir es praktisch: In einer aktuellen gemeinsamen Erklärung fordern Industrie- (BDI) und Arbeitgeberverband (BDA), Handwerk (ZDH) und Handelskammertag (DIHK) einen Frontalangriff auf die Arbeiterklasse. Die Zeit sei reif für eine »Agenda 2030« zur »Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit«. Angesichts der »geopolitischen Neuausrichtung« Berlins werde von der neuen Bundesregierung »Klarheit und Entschlossenheit« erwartet. Vorneweg müsse ein »wettbewerbsfähiges Steuersystem mögliche Entlastungen realisieren«. Geld ließe sich demnach aus dem staatlichen Sozialetat umschichten. Nötig seien ein Verzicht auf »nicht finanzierbare Ausgabenprogramme« und eine »Flexibilisierung der Altersgrenze«. Auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft will ein größeres Stück vom Kuchen: »Die Unternehmen benötigen jetzt jeden Euro für Investitionen, um die Coronakrise zu überstehen«, jammerten die Bosse am Donnerstag. »Damit verbietet sich ein kräftiger Schluck aus der Pulle in den anstehenden Lohnrunden.«

Die nächste neoliberale Welle droht über die Lohnabhängigen hereinzubrechen. Christian Lindner steht bereit, die Schweinereien umzusetzen«.[xx] Wir erwarten vom Parteivorstand und von unserer Bundestagsfraktion, dass sie DIE LINKE für alle sicht- und hörbar in den Kampf gegen diese angekündigten sozialen Grausamkeiten führt. Da geht es nicht primär um deutsch oder nichtdeutsch, Frau oder Mann, homo- oder heterosexuell – da geht es um Klassenkampf.

Solidarität entwickelt sich in einer Welt mit 84 Millionen Flüchtlingen in einem von scharfen Widersprüchen gezeichneten Umfeld. Irmtraud Gutschke beschreibt das in einer Rezension des jüngsten Buches von Christoph Hein mit den Worten: »Man mag anmerken, dass in strukturschwachen ostdeutschen Regionen … einigen wenigen Gewinnern der deutschen Einheit eine Masse an Verlierern gegenübersteht, dass dort soziale Konflikte ohnehin schon gären und schnell hochkochen können. Dass um das Eigene ein Zaun gezogen wird – gesteht man es den Reichen eher zu als den Armen, die sich untereinander gefälligst vertragen sollen? Wo Luxus haust, wird man doch kaum Flüchtlingsunterkünfte finden. Doch was einem dazu auch in den Sinn kommt, man muss es verwerfen: Es gibt keine Entschuldigung für Unmenschlichkeit, die verbal beginnt, ehe sie tätlich wird.«[xxi]

Unterhalb dieses ethischen Anspruchs ist sozialistische Politik nicht zu machen. Soziale Verwerfungen führen schnell dazu, nach Sündenböcken zu suchen. Und das Kapital – von der Anwendung des Prinzips »Teile und herrsche« lebend – findet stets die Sündenböcke für diejenigen sozial Benachteiligten, die der Demagogie der veröffentlichten Meinung nicht gewachsen sind. Einst – und nicht nur einst – waren die Juden die Sündenböcke. Heute sind es zuvörderst die Ausländer – besonders Flüchtlinge und Asylbewerber. Diesen ideologischen Mechanismus müssen wir uns stets vor Augen führen. Einerseits, ohne abstrakt zu moralisieren, und andererseits, ohne Stimmungen zu bedienen, die in eine rassistische Richtung gehen. Menschen, die rechter Demagogie auf den Leim gehen, nicht abschreiben, aber ebenso wenig sich ihren gegebenen Stimmungen anpassen – darin besteht die ganze Schwierigkeit in der Arbeit mit Menschen, die keine Weltanschauungsrechten sind, sich aber in diese Richtung bewegen, wenn humanistischer Gegenwind ausbleibt.

Was geschrieben steht, das ist nicht aus der Welt

Die Sorge, faschistische Kräfte könnten noch einmal das Sagen bekommen, ist bei vielen Menschen – auch Linken – so groß nicht, wenngleich ein Unbehagen wächst. Aus der Generation, die den deutschen Faschismus erlebt hat, leben nur noch wenige, und es gibt fast niemanden mehr von denen, die die faschistischen Konzentrationslager überlebt haben. Wir haben nun die Pflicht zu erinnern und keinerlei Verharmlosung zuzulassen. Lea Grundig schrieb: »Was Faschismus war, das wussten wir. Was sich aber hier in Deutschland auftat – der Gefreite mit der Tolle und der röhrenden Phraseologie, der alle Register zog, vom Sentimentalen bis zur gemeinsten Brutalität; der uniformierte Advokat mit dem Klumpfuß und dem teuflisch raffinierten Kauderwelsch vom ›nationalen Sozialismus‹, vom ›guten‹ und ›bösen‹, vom ›raffenden‹ und ›schaffenden‹ Kapital … Was hier heraufzog, dieses blutige Kasperspiel konnte selbst die finsterste Phantasie nicht voraussehen.«

Wie hätte auch irgendjemand voraussehen können, wovon ein jüdischer Überlebender Zeugnis ablegte, der im Dezember 1941 ein Massaker an Roma im belorussischen Glubokie mit ansehen musste. Er berichtete: »Die Roma in der Umgebung litten genauso wie die Juden. Nicht für irgendwelche Vergehen, sondern einfach nur, weil sie Roma waren. Sie wurden ebenfalls Ende 1941 vernichtet. Die örtliche Polizei fand sie in der Umgebung, in den benachbarten Wäldern und Dörfern, brachte sie in die Stadt und tötete sie. Im Dezember 1941 brachten sie eine Gruppe von 100 Roma. Vor der Erschießung wurden sie nackt ausgezogen und mussten eine Zeitlang in der bitteren Kälte stehen. Ihre Kinder wurden nackt aufs Eis gesetzt. Sie liefen blau an. Ihre Gesichter erfroren, so dass sie nicht weinen konnten. Sie wurden ganz steif vor Kälte. Die meisten starben schon bald. Andere Kinder hielten länger durch, aber das verlängerte nur ihre Schmerzen. Die Eltern der Kinder, vor allem die Mütter, schrien und jammerten, sie flehten das Todeskommando an, die Kinder zu erschießen, damit sie nicht länger ansehen mussten, wie sie nackt im Schnee liegen und leiden. Nachdem die Deutschen sich daran erfreut hatten, ihre Opfer zu verspotten, trieben sie die Roma in den Wald. Sie waren nackt und mussten ihre gefrorenen, toten Kinder mit sich ziehen. Dort, an den offenen Gruben, befahlen die Mörder ihnen zu singen, zu tanzen, zu springen, zu klatschen usw. Während sie so auftraten, wurden sie mit Peitschen geschlagen«.[xxii]

Einen Fliegenschiss in der deutschen Geschichte hat Alexander Gauland so etwas genannt. Die Faschisten von heute sind nicht besser als die damaligen. Sie dürfen nur nicht, wie sie wollten, wenn sie könnten. Wer das anzweifelt, begreift das Wesen des Faschismus nicht: Terror-Herrschaft im Interesse des Kapitals, die die niedersten Instinkte in Menschen zu Tage fördert und der Unmenschlichkeit keine Grenzen setzt. Es sind die gleichen Interessenten, damals wie heute, die Faschismus als Herrschaftsoption bewahren, und es sind die gleichen Typen, damals wie heute, die zuerst auf den Straßen brüllen bzw. sich morddrohend im Netz verbreiten und die es letztlich sehr amüsant finden, Kinder auf dem Eis erfrieren und die Eltern dabei zusehen zu lassen. In Auschwitz warfen sie die Babys lebendig ins Feuer. Sollte jemand beleidigt sein, weil er bei PEGIDA oder andernorts schon mit Rechten auf der Straße war und doch nie ein solches Verbrechen begehen würde, so sagen wir: Mach Dich mit denen nicht gemein. Dann bleiben auch Bezichtigungen aus. Womöglich wird diese oder jener uns Übertreibung vorwerfen. Tut nichts. Wir geben Stefan Gärtner uneingeschränkt Recht, der in der Rezension des Buches von Alfons Cerveras »Die Farben der Angst« über die Verbrechen der Zeit nach dem Spanienkrieg schreibt: »Doch was geschrieben steht, das ist nicht aus der Welt, und solange der Faschismus in der Welt bleibt, soll auch das in ihr bleiben, was er bedeutet und was, in jedem Verstand, nicht zu vergessen ist.«

Krieg ist die größte Umweltzerstörung

Zurück zu den vor uns stehenden Anforderungen im alltäglichen Handeln. Das Entscheidende ist, eine verständliche antikapitalistische Politik zu betreiben. Die Themen liegen auf der Straße. Nehmen wir ein aktuelles und äußerst bedeutsames Beispiel heraus. Am 9. August 2021 hat der Weltklimarat einen neuen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, dass »das Ausmaß der jüngsten Veränderungen und der gegenwärtige Zustand des Klimasystems … für viele Jahrhunderte, wenn nicht gar Jahrtausende« beispiellos seien. Eine drastische Reduktion von umweltschädlichen Emissionen sei notwendig[xxiii]. Die Weltklimakonferenz in Glasgow hat dies bestätigt.

Kann DIE LINKE zu dieser für den Fortbestand der Zivilisation essenziellen Problematik eine eigenständige Position beziehen? Sie muss es! Sie muss sicherlich keine eigenen Einschätzungen zum Stand des menschengemachten Klimawandels erarbeiten. Sie muss auch keine neuen Maßnahmen »erfinden«, die dessen katastrophale Auswirkungen aufhalten sollen. Sie muss aber kompromisslos über die Ursachen für diese Entwicklungen aufklären, muss aufzeigen, dass die Umweltzerstörung ein tödliches Produkt der hemmungslosen Profitmaximierung ist und dass es daher absolut unredlich ist, diese Zerstörung primär auf subjektiv falsches Verhalten von Menschen zu reduzieren. Da wird von Ernährungsgewohnheiten geredet, von Privat-PKWs, von Flugreisen, von der Benutzung von Plastebeuteln und von tausend anderen Alltagsgewohnheiten. Nur Unsinn? Natürlich nicht. Unsinnig und verlogen ist es allerdings, über die Hauptverschmutzer der Umwelt zu schweigen. Nehmen wir nur zwei Beispiele: Nur 100 Unternehmen verursachen seit 1988 über 70% der industriellen Treibhausgas-Emissionen[xxiv]. Oder: Ein Bericht der Brown University schätzt, dass sich die gesamten Treibhausgasemissionen des US-Militärs seit der US-Invasion in Afghanistan im Jahr 2001 auf 1.212 Millionen Tonnen beliefen. Im Jahr 2017 betrug die Menge an erzeugtem CO2 59 Millionen Tonnen, eine Zahl, die höher ist als die vieler Industrienationen.[xxv]

Gesine Lötzsch gehört zu denen, die stets aufs Neue auf diese Zusammenhänge aufmerksam machen. So formulierte sie: »Wir erleben mehrere Verteilungskrisen gleichzeitig. Auch die Klimakrise ist eine Verteilungskrise. Wir wollen, dass die mit dem größten ökologischen Fußabdruck auch den größten Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten. Wir müssen den Reichtum in unserem Land gerechter verteilen. Es ist Zeit für eine wirksame Vermögenssteuer! Wenn über Krieg und Frieden gesprochen wird, dann geht es in der Regel weniger um Menschenrechte, sondern vielmehr um die Neuverteilung von Rohstoffen. Die Koalition aus CDU, CSU und SPD hat im vergangenen Jahr mit 53 Mrd. Euro den größten Rüstungsetat in der Geschichte der Bundesrepublik beschlossen. Dieses Wettrüsten bedroht den Frieden in Europa und der ganzen Welt. Und Krieg ist die größte Umweltzerstörung überhaupt.«[xxvi]

In dieser Klarheit sollten Protagonisten unserer Partei viel häufiger sprechen. Und ein fundamentaler Widerspruch muss endlich deutlich gemacht werden: Menschen werden von morgens bis abends auf Konsum orientiert – häufig völlig unnötige Dinge betreffend. Und die gleichen Menschen werden dafür beschimpft, dass sie – je nach finanzieller Lage – pausenlos konsumieren. Das ist eine Verhöhnung, die sehr schnell dazu führen kann, die Gefährdungen durch Umweltzerstörungen und die Maßnahmen dagegen generell infrage zu stellen. Das machen sich Rechte verschiedenster Couleur zu Nutze. Auch das ist ein sehr aktuelles, akutes Problem. Auch hier ein praktisches Beispiel: Am 20. Mai 2020 hat die Bundesregierung beschlossen, dass der Preis für eine Tonne CO2 ab Januar 2021 zunächst 25 Euro beträgt. Bis zum Jahr 2025 soll der Preis jedoch schrittweise auf bis zu 55 Euro steigen. Für Autofahrer, Mieter und Wohnungseigentümer heißt es, dass sie mehr für Sprit, Heizöl oder Gas bezahlen müssen. Für einen Haushalt mit durchschnittlicher Größe kommen etwa 100 Euro mehr für Heizkosten hinzu. Wir erleben gerade jetzt, in dieser angespannten Energiesituation, was das sozial bedeutet.

Die Grünen fordern in ihrem Wahlprogramm, den jetzigen CO2-Preis von 25 Euro bis 2023 auf 60 Euro pro Tonne CO2 anzuheben. Eigentlich sind 35 Euro für das Jahr 2023 vorgesehen. Die beiden Parteichefs Habeck und Baerbock hatten die grünen Pläne kürzlich bekräftigt – bei Maybrit Illner und in der Bild-Zeitung – und damit die jetzt laufende Debatte losgetreten.

Gegenwärtig gilt: Der CO2-Preis soll bis 2025 schrittweise auf 55 Euro pro Tonne ansteigen. Nach den Plänen der Grünen würde dieser Fahrplan also beschleunigt und noch etwas Geld draufgelegt werden. Und das bei den Wahnsinnsenergie- und Spritpreisen schon heute! Die Grünen betonen, dass sie durch Ausgleichsmaßnahmen soziale Härten vermeiden wollen. Stellen wir die Grünen? Haben wir sie im Wahlkampf gefragt, warum sie die Kosten für Militäreinsätze und weitere Aufrüstung nicht thematisieren? Kaum. Ein eventueller Koalitionspartner sollte nicht verärgert werden. Dieses opportunistische Taktieren hatte und hat seinen Preis. Hinzu kommt: Wenn wir es CDU-Bundestagsabgeordneten wie Jan-Marco Luczak, überlassen, den Grünen vorzuwerfen, nur bestimmte Milieus im Blick zu haben, so hat das mit Klassenpolitik nichts zu tun. Luczak äußerte: »Ich glaube, dass die Forderung der Grünen ein Stück weit an der Lebenswirklichkeit von vielen Menschen vorbeigeht.« Die Grünen hätten vor allem das urbane, städtische Milieu im Blick, so Luczak weiter. »Da kann ich umsteigen auf Bus und Bahn. … Aber wenn ich im ländlichen Raum wohne, dann bin ich ganz oft auf mein Auto angewiesen. Gerade auch die Pendler. Und deswegen ist es etwas, was verheerende soziale Folgen hätte.«[xxvii]

Wir müssen eine Gratwanderung bewältigen. Weder dürfen wir so tun, als würde die Umweltproblematik übertrieben dargestellt. Das überlassen wir lieber der AfD. Noch können und wollen wir dem Herangehen der Grünen folgen, die letztlich die soziale Seite der Umweltpolitik ebenso gerne ausblenden, wie das die Umwelt zerstörende Agieren des Militärs. Auch in der Umweltfrage sind wir verpflichtet, über die ganze Wahrheit zu sprechen, also nicht zuletzt über den Kapitalismus. Angelehnt an Max Horkheimer lässt sich sagen: Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll von der Umweltzerstörung schweigen.

Und noch etwas ist sicher: Wenn sich die Grünen mit ihrer Linie durchsetzen, die unteren für die Umweltzerstörung in Haftung zu nehmen und die eigentlichen Umweltsünder davonkommen zu lassen, wird der gesellschaftlichen Spaltung drastischer Vorschub geleistet. Die Bewegung der französischen Gelbwesten bezeugt die toxische Wirkung des Aufeinandertreffens eines ausgebluteten Sozialstaates und einer engherzigen Klimasteuer. Die Mär einer von der Menschheit kollektiv zu verantwortenden Umweltzerstörung erzeugt zurecht ein Unbehagen, welches gegenwärtig nur den Rechten in hohem Maße zugutekommt.

In eigener Sache

So, wie wir Umweltpolitik auf unverwechselbare, weil antikapitalistische und antimilitaristische Weise betreiben müssen, so, wie unser Antifaschismus gleichzeitig bündnisanschlussfähig und dialektisch aufklärend sein muss, so, wie unsere Friedenspolitik jegliches imperialistisches Gebaren ablehnen muss, ebenso jegliche Äquidistanz, so, wie unsere Partei für ein vernünftiges Verhältnis zu Russland und China eintreten muss, so müssen wir uns in allen wesentlichen Politikfeldern von den etablierten bürgerlichen Parteien unterscheiden. Anpassung, aus welchen Gründen auch immer, macht uns verwechselbar. Und wo Verwechselbarkeit vorliegt, halten sich Menschen am ehesten an das Original. 600.000 frühere LINKEN-Wähler haben am 26. September 2021 der SPD ihre Stimme gegeben. Wir werden darauf drängen, dass auf dem nächsten Parteitag eine Einschätzung der Wahlen erfolgt, die nicht nur tiefgründiger ist als entsprechende Analysen in der Vergangenheit, sondern auch die Eckpunkte für das zukünftige, originäre Wirken unserer Partei setzt.

Die nächste vor uns stehende Aufgabe ist die Mitwirkung an der Vorbereitung und Durchführung der Demonstration im Rahmen der Luxemburg-Liebknecht-Ehrung am 9. Januar 2022. Auf unserer Bundeskonferenz am 18. April 2021 haben wir uns ausführlich mit der Auswertung der diesjährigen Demonstration vom 10. Januar befasst. Wir möchten hier nichts davon wiederholen, bitten aber darum, mit diesem Material zu arbeiten. Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit, dass zur bevorstehenden Demonstration bestmöglich mobilisiert wird. Nur so kehren wir zu der Normalität der Jahre bis 2020 zurück, und nur so tragen wir dazu bei, die Luxemburg-Liebknecht-Ehrung als größte linke Manifestation in der Bundesrepublik zu erhalten.

Abschließend noch einige Worte in eigener Sache. Derzeit lesen etwa 1.500 Bezieherinnen und Bezieher die Mitteilungen als Printausgabe. Häufig werden Hefte auch weitergegeben. Wieviel Online-Leser wir haben, wissen wir nicht. Unser Heft findet keine geringe Anerkennung, und wir protzen nicht, wenn wir sagen: Wir haben ausgezeichnete Autorinnen und Autoren und daher gewährleisten wir Jahr für Jahr, Monat für Monat ein gleichbleibend hohes Niveau. Wer die Mitteilungen liest, findet gute Argumente. Wer dieser Bewertung zustimmt, muss sich zugleich die Frage stellen, warum nicht zum Beispiel 10.000 Linke unser Heft beziehen. Und es stellt sich des Weiteren die Frage, warum die Anzahl der Mitteilungslesenden in den einzelnen Bundesländern so unterschiedlich ist. Wir sollten uns für das kommende Jahr vornehmen, die Bezieher-Zahlen geplant zu erhöhen. Der Bundessprecherrat wird in Vorbereitung der Bundeskoordinierungsratssitzung am 8. Januar 2022 einen entsprechenden Vorschlag zur Beschlussfassung unterbreiten. Noch wenige Sätze zur Spendensituation: Per 31. Oktober 2021 beträgt das Spendenaufkommen für die Mitteilungen 17.663 Euro. Wir gehen davon aus, dass wir auch in diesem Jahr unser selbstgestecktes Ziel, 20.000 Euro Spenden zu erreichen, erfüllen werden, und bedanken uns bei allen Spendern und den Landessprecherräten, besonders denen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen.

Auf diesem Wege müssen wir weitermachen

Im Ergebnis der Bundeskonferenz vom 18. April 2021 wandte sich der Bundessprecherrat in einem offenen Brief an Genossinnen und Genossen der Partei DIE LINKE, die mit den von der KPF vertretenen Positionen übereinstimmen oder ihnen nahestehen. Insgesamt haben wir im Jahr 2021 bis heute 65 Eintritte in die KPF zu verzeichnen. Unsere Verluste in diesem Zeitraum betragen 15, fast ausschließlich durch Tod. Diese Ergebnisse der Mitgliedergewinnung zeigen, dass unsere, im offenen Brief verwandten Argumente nicht ohne Wirkung blieben. Eingangs verwiesen wir noch einmal auf die von uns konsequent vertretenen Positionen und schrieben dann:

»Es gibt einen spürbaren Rückgang der KPF-Mitgliederzahlen. … wir dürfen kein Potemkinsches Dorf werden. Wir müssen, trotz Beobachtung durch den Verfassungsschutz, neue Mitglieder gewinnen. So, wie wir im Fusionsprozess 2005-2007 offen gesagt haben, dass der Eintritt in die KPF vor allem ein Akt der Solidarität ist, der weder Mitgliedsbeiträge verlangt noch ein großes Maß an Extra-Aktivitäten, so wiederholen wir dies heute. Und das ist kein Opportunismus. Das Feld der Aktivität liegt für Kommunistinnen und Kommunisten in der LINKEN in ihrer Partei, nicht in sich selbst genügenden Zirkeln. Unsere Zusammenkünfte beschränken sich auf ein Minimum, um die Verständigung über unser innerparteiliches Wirken zu gewährleisten. Sieht man von den gewählten Aktivisten der KPF ab, so ist die Mitgliedschaft in unserem Verbund keine Mehrbelastung, aber eine existentielle Notwendigkeit für unsere Zukunft.«

Im Novemberheft der Mitteilungen dokumentierten wir stellvertretend 5 Stellungnahmen von Genossinnen und Genossen, die in den vergangenen Monaten zu uns fanden. Wir müssen unbedingt auf diesem Wege weitermachen. Darin und in der Gewinnung neuer Leserinnen und Leser für unser Heft besteht die wichtigste Aufgabe zur weiteren politischen und organisatorischen Festigung unseres Zusammenschlusses. Für den Euch heute dazu vorgelegten Beschlussentwurf bitten wir um Zustimmung, ebenso wie für den Beschlussentwurf, die Mobilisierung zur LL-Demo zu intensivieren.

 


[i] Jörg Kronauer: »Propaganda mit Zeitfenster«, jW, 21.08.2021

[ii] Jörg Kronauer: »Next Level: Weltkrieg«, jW, 29.07.2021

[iii] Thomas Pickering: »Address to the U.S. Military Academy at West Point, New York«, 10.02.1999, https://1997-2001.state.gov/policy_remarks/1999/990210_pickering.html (Originaltext).
Vortragstitel und Auszüge sind zitiert nach der von der US-Botschaft veröffentlichten Übersetzung.

[iv] Jörg Kronauer: »Beijing gibt Nachhilfe«, jW, 30.07.2021

[v] Andrei Doultsev: »Klassenbewusstsein ist nicht angeboren, es muss entwickelt werden«, Ein Gespräch mit Pierre Thorez, jW, 24.07.2021

[vi]https://www.nd-aktuell.de/artikel/1158037.krise-der-linken-wir-haben-unseren-waehlern-keine-durchsetzungsperspektive-geboten.html

[vii] »Respekt vor dem Parteiprogramm ist Pflicht«, Bundessprecherrat der KPF, 31.10.2021

[viii] Jörg Kronauer: »Alles auf Sieg«, jW, 11.06.2021

[ix] Jörg Kronauer: »Aufholen ohne einzuholen«, jW, 12.06.2021

[x] Jörg Kronauer: »Alles auf Sieg«, jW, 11.06.2021

[xi] Jörg Kronauer: »Kreuzzug gegen China«, jW, 09.06.2021

[xii] Daniel Lücking: »Abschrecken. Drohen. Krieg.«, nd, 21.06.2021

[xiii] ebenda

[xiv] Alan Posener: »Deutschlands schallendes Schweigen«, Zeit Online, 30.04.2021

[xv] Jörg Kronauer: »Kreuzzug gegen China«, jW, 09.06.2021

[xvi] Sozialistische Linke, Geraer Sozialistischer Dialog, Kommunistische Plattform, Antikapitalistische Linke, AG Cuba Sí, BAG Frieden und internationale Politik, Ökologische Plattform, BAG Hartz IV, BAG Gesundheit und Soziales, BAG Bewegungslinke

[xvii] »Die Markenkerne der LINKEN müssen offensiv vertreten werden. Brief von Zusammenschlüssen der Partei DIE LINKE an den Parteivorstand«, 10. Juni 2021, Heft 7/2021 der Mitteilungen der KPF

[xviii] Johanna Soll: »Der Armenprediger«, nd, 26.08.2021

[xix] Martin Kröger: »SPD vertagt Sozialisierung«, nd, 24.11.2021

[xx] Simon Zeise: »Die nächste Welle. Kapital setzt auf Kürzungskurs«, jW, 12.11.2021

[xxi] Irmtraud Gutschke: »›Gemütlich‹ wird es nicht bleiben«, Rezension des jüngsten Romans »Guldenberg« von Christoph Hein, nd, 16.06.2021

[xxii] Frank Brendle: »Opfer und Kämpfer zugleich«, jW, 31.07.2021

[xxiii] Wolfgang Pomrehn: »Enormes Tempo«, jW, 10.08.2021

[xxiv] Vgl.: The Carbon Majors Database, CDP Carbon Majors Report 2017. http://www.cdp.net/

[xxv] Vgl.: »Costs of War. Pentagon Fuel Use, Climate Change, and the Costs of War«, Watson Institute International & Public Affairs, Brown University. 12.06.2019. https://watson.brown.edu/costsofwar

[xxvi] Gesine Lötzsch: »Ja, wir stellen die Eigentumsfrage!«, März 2021, https://www.gesine-loetzsch.de/bundestag/reden/

[xxvii] Martin Polansky: »Wahlkampf an der Zapfsäule«, 04.06.20121, https://www.tagesschau.de/inland/streit-benzinpreise-101.html