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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Friedrich Engels in London am 21. Juni 1882 an August Bebel in Leipzig

Friedrich Engels (28. November 1820 bis 5. August 1895)

Lieber Bebel,

Deinen Brief muß ich aus dem Gedächtnis beantworten, [...]

Darüber, daß es eines Tags zu einer Auseinandersetzung mit den bürgerlich gesinnten Elementen der Partei und zu einer Scheidung zwischen rechtem und linkem Flügel kommen wird, habe ich mir schon längst keine Illusion mehr gemacht und dies auch schon in dem handschriftlichen Aufsatz über den Jahrbuchsartikel gradezu als wünschenswert ausgesprochen. Daß Du zu derselben Ansicht gekommen bist, kann uns nur sehr erfreulich sein. Ich erwähnte den Punkt in meinem letzten Brief nicht ausdrücklich, weil es mir mit dieser Spaltung keine Eile zu haben scheint. Wenn die Herren sich freiwillig dazu entschlössen, einen separaten rechten Flügel zu bilden, so wäre alles bald in Ordnung. Aber das tun sie schwerlich; sie wissen, sie würden eine Armee von lauter Offizieren ohne Soldaten vorstellen, wie die »Kolonne Robert Blum«, die in der Kampagne 1849 zu uns stieß und nur noch »unter dem Kommando des tapfern Willich kämpfen« wollte. Als wir nun frugen, aus wieviel Streitbaren diese Heldenkolonne bestehe, erfuhren wir – Du kannst Dir die Heiterkeit denken: Ein Oberst, elf Offiziere, ein Hornist und zwei Mann. Dabei gab sich der Oberst alle Mühe, wie ein gesinnungstüchtiger Schinderhannes auszusehn und hatte ein Pferd, das er nicht reiten konnte. – Die Herren wollen alle Führer sein, aber selbst Führer vorstellen können sie nur innerhalb unsrer Partei, und so werden sie sich hüten, eine Trennung hervorzurufen. Andrerseits wissen sie, daß wir unter der Herrschaft des Sozialistengesetzes auch unsre Gründe haben, innere Spaltungen zu vermeiden, die wir nicht öffentlich debattieren können. Wir werden uns also die brieflichen und mündlichen Klüngeleien und Lamentationen der Leute gefallen lassen müssen, [...]  

Dein  

F. E.

Aus: Karl Marx, Friedrich Engels, Werke, Band 35, S. 334 bis 336. Dietz Verlag Berlin 1967.