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Mitteilungen der Kommunistischen Plattform

Der New-Start-Vertrag muss weiter bestehen

Elisabeth Wissel, Berlin

Rede auf der Kundgebung am Brandenburger Tor, 22. Juni 2020 [1]

Ich bin Fraktionsvorsitzende der LINKEN in Tempelhof-Schöneberg. Unser Bezirk gehört seit Mai 2017 zu den Städten der »Bürgermeister für den Frieden«.

Die Organisation Mayors for Peace wurde in den 80er Jahren durch den Bürgermeister von Hiroshima gegründet. Aus der grundsätzlichen Überlegung heraus, dass Bürgermeisterinnen und Bürgermeister für die Sicherheit und das Leben ihrer Bürgerinnen und Bürger verantwortlich sind, versucht die Organisation Mayors for Peace, durch Aktionen und Kampagnen die weltweite Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern und deren Abschaffung zu erreichen.

Inzwischen gehören dem Netzwerk über 7.000 Städte und Gemeinden aus über 160 Ländern an. In Deutschland sind rund 470 Mitglieder dem Bündnis beigetreten.

Obwohl es 2010 einen mehrheitlichen Bundestagsbeschluss gab, endlich alle Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen, beziehungsweise sich bei der NATO und den USA dafür »einzusetzen«, dass diese Waffen abgezogen werden, geschieht jedoch bis heute nichts. Dagegen ist nun die Rede von »nuklearer Teilhabe«, einem Konzept innerhalb der Abschreckungspolitik der NATO, bei dem im Ernstfall Tornados oder weiter entwickeltere Fluggeräte die Bomben zu ihren Zielen bringen würden.

Gearbeitet wird derzeit auch an »Lebensdauerverlängerungen« (leider nicht nur eine schizophrene Wortschöpfung der NATO) der Waffen. Diese Vorhaben zielen darauf, möglichst weitgehend neue Nuklearwaffen zu stationieren.

Weltweit fordern Friedensbewegungen seit Jahrzehnten die generelle nukleare Abrüstung und gewaltfreie Konfliktlösungen, aber genau das Gegenteil passiert.

Heute geht es um den New-Start-III-Vertrag zur Abrüstung und Begrenzung von Atomwaffen, der auf der Kippe steht. Der New-Start-Vertrag sieht vor, die Nuklear-Arsenale Russlands und der USA auf je 800 Trägersysteme und 1.550 einsatzbereite Atomsprengköpfe zu verringern.

Sollte dieser letzte Vertrag zwischen den USA und Russland scheitern, wäre ein Wettrüsten die Folge, woran offensichtlich vor allem die USA ein Interesse haben.

Auch Deutschland als NATO-Mitglied wäre bei einem kriegerischen Konflikt involviert, denn es sind vor allem die USA, die die Marschrichtung vorgeben, denn Atombomber würden auch von Büchel aus starten. Somit würde Deutschland im Ernstfall zu einem Atomkriegsschauplatz werden.

Wir fordern den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland, und auch: Keine neuen Atombomber für sogenannte modernisierte Atomwaffen!

Der New-Start-Vertrag, dann als New-Start-III-Vertrag, muss weiter bestehen, damit der Aufrüstungswahn nicht umgesetzt wird.

Russland will, dass der Vertrag weiter besteht, weil der Vertrag Vorhersehbarkeit und Transparenz biete. Und Russland wäre das Ziel Nummer 1 bei einem kriegerischen Angriff, das sollte auch schon mit dem NATO-Großmanöver Defender Europe 2020 an der russischen Grenze erprobt werden.

Ein Wettrüsten hätte fatale Folgen für Russland und unsere Sicherheit. Wir brauchen eine friedliche, vertrauensvolle Partnerschaft mit Russland, statt weitere Drohungen.

Das Gebot der Stunde ist atomare Abrüstung.     

Anmerkung:

[1]  Die Berliner Friedenskoordination hatte für 17:30 Uhr zur Kundgebung aufgerufen: »NEW-START-Vertrag retten! US-Atomwaffen aus Deutschland abziehen und verschrotten! Keine Atombomber für die Bundeswehr!« Am 22. Juni 2020 trafen sich in Wien ranghohe Vertreter Russlands und der USA, um über Atomwaffen zu verhandeln. Der letzte von mehreren Verträgen zur Abrüstung und Begrenzung von Atomwaffen ist in Gefahr. Er läuft im Februar 2021 aus, wenn es nicht gelingt, ihn zu verlängern.